Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
nicht erwartet, dass es wirken würde, es war eine letzte verzweifelte Idee.« Aber nicht die meine. Es war Jerbil Konai gewesen, die Säule der Ehre und Serafines Ehegemahl, der mir als Geist erschienen war und mich mühsam dazu gebracht hatte, die Kette umzulegen. Aber ich hielt es für besser, das jetzt nicht zu erwähnen. »Was dann geschah, war eine Überraschung, das kann ich dir versichern.«
»Das glaube ich dir gern«, meinte sie. »Wer glaubt schon an Werwölfe?«
»So dachte ich auch mal«, bestätigte ich. »Es ist noch gar nicht so lange her. Jedenfalls glaube ich, dass das die Erklärung ist. Eine, die Devon wahrscheinlich genauso wenig gefällt wie die Vorstellung, dass ich ein Nekromant bin.«
»Die Erklärung wofür? Du denkst, du bist ein Werwolf?«, fragte sie fassungslos.
Ich lachte, ich konnte nicht anders. »Nein, das bezweifle ich. Das ist auch gut so, denn dieses eine Mal hat mir vollkommen gereicht. Götter, war das Biest blöde! Nein, ich glaube einfach, dass etwas zurückblieb, diese Heilkraft. Aber es gelüstet mich nicht nach rohem Fleisch, und wenn ich den Mond sehe, verspüre ich keine Neigung, ihn anzuheulen.« Götter, ich hoffte, dass es auch so blieb. »Vergiss nicht, dass in diesem Tempel einst ein alter Wolfsgott verehrt wurde. Vielleicht hat er mich berührt, als ich die Kette trug. Aber ich bin ganz sicher kein Werwolf.«
Sie sah nachdenklich drein. »Dort unten im Wolfstempel … wie ist die Heilung vonstatten gegangen?«
»Als ich die Kette umlegte, verwandelte sich mein ganzer Körper, ordnete sich neu und war unverletzt. So blieb es auch, als ich wieder menschliche Form annahm.«
»Hm«, sagte sie. »Aber seitdem wurdest du nicht mehr zum Wolf?«
»Um der Götter willen, nein!«, rief ich mit Inbrunst. »Die Kette liegt gut verwahrt in einem dicken Lederbeutel in meinem Sack. Ich habe sie seitdem nicht mehr angefasst.«
»Aber, Havald, dann ist dein Gedanke nicht schlüssig. Denn du wurdest erst geheilt, als du dich verwandelt hattest.« Sie trat nahe an mich heran und musterte mich intensiv, so nahe kam sie mir, dass ich in ihren Augen den Widerschein der Laterne sah. »Ich glaube nicht, dass es das ist«, meinte sie langsam. »Es ist etwas anderes …«
»Es könnte auch daran liegen, dass ich Seelenreißer so lange getragen habe. Nachwirkungen, die irgendwann vergehen werden. Ein Nekromant bin ich jedenfalls nicht.«
»Das wird es wohl sein«, meinte sie nachdenklich, doch der Blick, mit dem sie mich nun betrachtete, gefiel mir gar nicht.
29. Sturmwarnung
In dieser Nacht schlief ich unruhig, wie so oft in letzter Zeit. Wieder plagten mich unbestimmte Albträume, an die ich mich nicht erinnern konnte, als ich erwachte. So schweißgebadet, wie mich der Traum zurückließ, war ich dankbar dafür, erwacht zu sein. Zudem lernte ich, dass es keine gute Idee war, erschreckt aus dem Schlaf aufzufahren, wenn man in einer Hängematte lag. Doch die harte Begegnung mit den Deckplanken half zumindest dabei, wach zu werden.
Die Reise, so berichtete Elgata kühl, als sie uns an diesem Mittag an den Kapitänstisch bat, verlief bislang gut, dank günstiger Winde machten wir sogar bessere Fahrt. Es gab kleine Probleme, auch einen Zwischenfall mit einem der neuen Rekruten, aber nichts Besonderes. Der Wind, so schätzte sie, würde uns auch noch weiterhin gewogen bleiben.
»Genau dieser Wind könnte aber noch zu einem Problem werden«, informierte sie uns dann. »Er frischt ständig auf.« Es war deutlich enger am Tisch als bei unserer letzten Reise, deshalb hatten sich Zokora und Varosch entschieden, nicht am Tisch zu speisen, sie hatten sich einen Platz etwas abseits gesucht und benutzten eine von Elgatas Truhen als Unterlage. Angus hatte sich gewaschen und neu eingekleidet. Keine der an Bord befindlichen Uniformen passte ihm, also trug er eines von meinen Gewändern aus Bessarein. Abgesehen davon, dass er sich einmal in den Ärmel schnäuzte und die ganze Zeit über Elgata unverwandt ansah, gab er keinen Grund zur Klage. Wenn sie seinen Blick bemerkte, zeigte sie es nicht; sie ignorierte ihn vollständig.
»Und das bedeutet?«, fragte ich. Einen guten Wind zu haben, der unsere Reise verkürzte, schien mir wünschenswert.
»Sie meint, dass es Sturm geben könnte«, erklärte Angus und nuschelte nur ein wenig. Ein großer Teil der Schwellungen war zurückgegangen, dafür schillerte sein Gesicht jetzt in allen Farben des Regenbogens. »Er kommt von Norden, und seine
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