Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
gesehen hatte, aber das war auch das Einzige, das unverändert geblieben war.
Der größte Teil der farbenprächtigen Piratenschiffe war spurlos verschwunden, nur in einer kleinen Ecke des Hafens weiter nördlich sah ich noch zwei von ihnen liegen, daneben die Samara und ein Schwertschiff, vielleicht die vermisste Ormul .
Jeder andere verfügbare Platz des Hafens war mit Schiffen besetzt. Zu den zwei riesigen hatten sich drei weitere gesellt, sodass nun fünf dieser Titanen den Hafen beherrschten, doch sie waren nicht allein. Schon auf den ersten Blick zählte ich gut und gern dreißig Fregatten und noch mal weitere vierzig oder mehr dickbäuchige Handelsschiffe, groß, behäbig und langsam, aber mit drei Masten versehen.
Am Hafen selbst herrschte geordnetes Chaos, als dort Soldaten in der vertrauten schwarzen Lederrüstung ein Schiff nach dem anderen entluden. Und immer wieder eilten Soldaten von den Schiffen herab, bildeten Reihen und Karrees, um dann geeint in fünf Gruppen zu zehn Mann, also in jeweils fünf Teneti geordnet, zur Festung hinaufzumarschieren.
Von dem farbenprächtigen Markt der Piraten war nichts mehr übrig, der Platz vor der Festung war geräumt worden, denn dort sammelten sich jetzt die Truppen des Feindes zum Appell. Die Festung selbst, von hier aus wegen des Winkels schwer einzusehen, war ebenfalls ein Ort der Betriebsamkeit. Gerüste waren vor den Mauern errichtet worden, eine ganze Armee von Arbeitern und Steinmetzen war damit beschäftigt, die alten Wehrwälle und die durch Erdstöße entstandenen Risse in der Mauer zu reparieren.
So oder so ähnlich musste es hier zu den Tagen des Alten Reichs zugegangen sein, nur war es jetzt die Flagge Thalaks, die über den Zinnen der Festung wehte.
»Götter«, hauchte Angus. »Das sind Tausende!«
»Willst du dich ihnen noch immer im offenen Kampf stellen?«, fragte Serafine. Sie war neben mich getreten und beobachtete das Geschehen unter uns.
»Wo sind die Piraten hin, von denen du erzählt hast?«, fragte Angus und kratzte sich gedankenverloren den tätowierten Schädel. Wortlos hob Zokora die Hand und zeigte auf etwas. Ich löste das Sehrohr von meinem Gürtel und zog es aus. Dort unten entlang des Hafens waren dicht an dicht Galgen aufgebaut worden. Bestimmt dreihundert der ehemaligen Schrecken des Meeres baumelten daran und boten Krähen und Möwen ein reiches Mahl.
»Nun«, sagte Angus leise, »ich glaube nicht, dass wir so bald wieder Probleme mit Piraten haben werden.«
Da hatte er zweifellos recht. Ich hätte nie gedacht, dass ich mir einmal wünschen würde, es wäre anders. Mit den Piraten war man hier über die Jahrhunderte irgendwie zurechtgekommen, aber ich bezweifelte, dass Janas vom Reich des Nekromantenkaisers Schutzbriefe erhalten würde.
Auch Zokora zog nun ein Sehrohr auseinander und musterte den Hafen unter uns. Es war das von Varosch, er hatte es ihr mitgegeben.
»Da hinten, das vorletzte Schiff an dem zweiten Landfinger, siehst du, wer dort herausströmt?«
Ich schwenkte das Sehrohr herum. »Ja?«
»Es sind Verletzte.«
Die gut fünf Dutzend Soldaten, die das dickbäuchige Transportschiff verließen, waren zum Teil schwer verletzt, manche von ihnen wankten, andere stützten sich gegenseitig, ihre Rüstungen waren beschädigt, und die Erschöpfung war den Soldaten selbst auf diese Entfernung anzusehen. Ein besonders freundlicher Empfang wurde ihnen nicht zuteil, trotz ihres Zustands ließ ein Offizier sie in der heißen Sonne vor dem Schiff antreten und führte die Gruppe dann hoch zur Festung. Einer der Verletzten strauchelte und fiel, die ganze Gruppe hielt, der Offizier rief einen Befehl, und dann standen sie alle da und sahen zu, wie der Verletzte versuchte, wieder auf die Beine zu kommen.
Es gelang ihm nicht rechtzeitig. Der Offizier zog seinen Dolch und trat an den Soldaten heran. Der kniete sich mühsam vor dem Vorgesetzten nieder und senkte sein Haupt, woraufhin der Offizier ihm den Dolch in den Nacken stieß. Leblos sackte der Soldat zusammen, der Offizier wischte den Dolch an dem Toten ab, rief einen neuen Befehl, und die Gruppe marschierte weiter Richtung Festung.
Einen Moment lag der tote Soldat dort auf den Steinen, dann kamen zwei andere, die ihn seiner Ausrüstung beraubten, dann den nackten Leichnam an Händen und Füßen nahmen und zu einem Wagen hinübertrugen, auf dem bereits fünf andere Tote lagen. Der Mann wurde dort hinaufgeworfen, dann kehrten die beiden Soldaten zu ihrer Arbeit
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