Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
vorwurfsvoll an. Ganz offensichtlich war sie noch nicht wieder eingeschlafen. »Es ist beachtlich, wie schnell du immer Freunde findest, Havald«, sagte sie und warf einen missbilligenden Blick durch die offene Tür dorthin, wo Angus vor unserem anderen Passagier stand und sie anstarrte. »Aber müssen sie uns überall hin folgen?« Sie verdrehte die Augen. »Und warum stinkt er so? Baden Nordmänner nicht?«
»Nicht wenn es sich vermeiden lässt«, sagte ich und legte mich nieder.
»Ich habe ihm gesagt, dass wir keine Passagiere aufnehmen wollen«, beschwerte sie sich. Als wäre es meine Schuld, dass er uns nachgeritten war …
»Habt Ihr nicht gehört, was er sagte?«, kicherte Serafine. »Er ist unser neuer Steuermann.«
Ich stützte mich auf einen Arm auf und sah erst nach links, dann nach rechts. »Können wir das später abhandeln?«
»Das werden wir«, drohte Leandra, und Serafine kicherte erneut. Ich zog die aufgerollte Decke, die mir als Kopfkissen diente, näher heran und versuchte sie in Form zu bringen.
»Wenn er bleiben will, muss er baden«, entschied Leandra.
»Kann ich jetzt schlafen, bitte?«
»Tu das«, meinte sie. »Mich hat er geweckt, weißt du? Und er stinkt!«
»Alle Menschen stinken«, stellte Zokora aus ihrer Ecke fest, ohne die Augen zu öffnen. »Sie reden auch zu viel.«
Ich seufzte. Deral hatte uns versprochen, dass wir Askir in etwas weniger als vier Wochen erreichen würden. Damals erschien mir das als schnell. Ich hatte mich wohl getäuscht. Wir waren noch keine drei Kerzen unterwegs, und es kam mir bereits jetzt vor wie eine Ewigkeit.
Als ich die Augen schloss, sah ich Natalyias Gesicht vor mir, doch es war nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Sie lächelte und schien über etwas erheitert. Ich rollte mich auf die Seite und schlief.
Jemand rüttelte an meiner Schulter. Es war Leandra. »Havald«, rief sie. »Wach auf. Es gibt Probleme!«
Irgendein Traumfetzen zog an mir vorbei, ein letzter Rest von Furcht und Panik … Ich war schweißgebadet, als ich mich auf der zerwühlten Bettstatt aufrichtete. Ich hatte nicht oft Albträume, aber was auch immer das für einer gewesen war, ich war froh, dass ich ihn jetzt schon wieder vergessen hatte … Irgendein dunkler Ort und ein drohendes Unheil. Ich schüttelte den Kopf wie ein nasser Hund und sah hoch zu Leandra. Dem Licht nach hatte ich den größten Teil des Nachmittags verschlafen, die Abendröte war bereits angebrochen.
»Was ist los?«, fragte ich, während ich nach Seelenreißer griff.
»Dein Freund«, teilte sie mir verärgert mit. »Er besteht darauf, dass Deral anlegt, weil er jagen will.«
»Was will er?«, fragte ich verblüfft.
»Jagen.«
»Aber wieso?« Wir hatten mehr als genügend Vorräte dabei. Zurzeit war das Mondlicht hell genug, um auch des Nachts weiterzufahren. Deral hatte mir versichert, dass es keine Probleme geben würde, solange wir uns in der Fahrrinne hielten und es nicht zu eilig hatten.
»Das frag ihn doch besser selbst«, meinte sie gereizt und fuhr sich mit der Hand über das kurze Haar. »Er droht jedenfalls damit, über Bord zu springen, wenn wir nicht ans Ufer fahren.« Sie warf einen funkelnden Blick zum Vorschiff, wo sich Angus mit unserem Kapitän stritt. »Wenn er vom Schiff springen will, werde ich ihn gewiss nicht daran hindern!«
»Wenigstens droht er nicht damit, Deral über Bord zu werfen«, sagte ich und kratzte mich am Hinterkopf. Läuse. Verdammte, götterverfluchte Läuse!
»Wie auch immer. Er ist dein Freund, also sorge du auch dafür, dass er keinen Ärger macht. Und dass er badet!« Sie verzog das Gesicht. »Die Läuse haben wir wahrscheinlich auch ihm zu verdanken.«
»Ich hoffe nicht. Kannst du etwas dagegen tun?«, fragte ich und kratzte weiter.
»Ja«, seufzte sie. »Ich muss nur an meine Kiste. Und die ist im Laderaum.« Sie kratzte sich ebenfalls. »Wir haben schon so lange keine Probleme mit dem Ungeziefer gehabt, dass ich vergessen habe, das Schwefelpulver aus der Kiste zu holen, bevor ich sie zum Schiff bringen ließ. Ich habe Deral schon die Anweisung erteilt, den Weg zur Kiste freizumachen.«
»Wie viel Schwefel brauchst du?«, fragte Zokora vom Eingang her.
»Eine Fingerspitze voll.«
Zokora ging zu ihrem Packen, öffnete ihn, griff hinein, zog einen kleinen Lederbeutel heraus und warf ihn Leandra zu. Dann wandte sie sich an mich. »Lass ihn jagen, Havald. Er braucht es.«
»Warum braucht er es?«, fragte Leandra.
»Weil es so ist«,
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