Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
absurd, aber der Seuche schien das gelungen zu sein, woran sie selbst gescheitert war. Jahrzehntelang hatte sie sich vergeblich bemüht, ihre Religion im Volk zu verankern, und nun hatte eine Epidemie dafür gesorgt, dass die Leute zumindest einen Funken Frömmigkeit
in sich entdeckten. Theana freute sich darüber, auch wenn es Verzweiflung war, die dies ausgelöst hatte.
Monatelang forschten sie und die Angehörigen der Ordensgemeinschaft des Blitzes nun schon nach einem Mittel, das der Seuche Einhalt gebieten konnte. Viele von ihnen waren gestorben bei dem Versuch, den Kranken beizustehen und gleichzeitig ihre Symptome zu ergründen. Dann, mehr durch Zufall, hatte es tatsächlich einen kleinen Fortschritt gegeben: Sie hatten erkannt, was der Seuche zugrunde lag. Zu verdanken hatten sie dies Theanas eigener außergewöhnlichen Fähigkeit, noch die kleinsten magischen Schwingungen zu erfassen. Bei einem Mann, der sich gerade angesteckt hatte, war ihr eine schwache, unterschwellige Aura aufgefallen, die nur einen einzigen Schluss zuließ: Diese Seuche ging auf ein Siegel zurück, einen Zauber also, der nur von jenem Magier wieder gebrochen werden konnte, der ihn auch bewirkt hatte. Weil diese ohnehin kaum wahrzunehmende Aura bei den Erkrankten schon nach kürzester Zeit ganz verschwand, war sie erst so spät entdeckt worden war. Unverzüglich hatte sie ihre Mitbrüder angewiesen, alle Bibliotheken nach Erläuterungen zu diesem Siegel zu durchforsten. Vielleicht würden sie auf diese Weise doch eine Möglichkeit finden, mit dem Zauber fertigzuwerden. Sollte die Rettung gelingen, war dies vielleicht der einzige Weg.
Gespenstisch still war es, als Theana langsam durch die Menge der Gläubigen zum Altar schritt. Angesichts der von banger Hoffnung erfüllten Blicke, die sich auf sie richteten, krampfte sich ihr der Magen zusammen. Sie mussten ein Gegenmittel finden. Und zwar schnell.
Dann breitete sie die Arme aus, und der Gottesdienst begann.
Als es an der Tür klopfte, half Dalia gerade Theana, das Priestergewand abzulegen.
Verärgert fuhr die junge Frau herum. »Ich habe dir doch ausdrücklich gesagt, dass du warten sollst«, rief sie.
Dennoch öffnete sich die Tür, und auf der Schwelle erschien ein etwas schmuddelig aussehender Gnom. »Aber ich warte schon seit Stunden«, erklärte er, während er sich unterwürfig verneigte.
»Lass ihn, Dalia«, mischte sich Theana mit einem Lächeln ein, »es macht nichts, er soll ruhig eintreten. Ich komme zurecht, du kannst uns jetzt allein lassen.«
Sie bedeutete dem Gnom, Platz zu nehmen, und der trat nun schüchtern ein und setzte sich auf den Rand eines Stuhles. Er schien darum bemüht, möglichst wenig zu stören, aber es hatte auch etwas eigenartig Schmieriges, wie er sich die Hände rieb. Theana blickte ihn eine Weile an und trat dann auf ihn zu.
»Sprich nur!«
Der Gnom nuschelte etwas, so als wolle es ihm nicht gelingen, einen Anfang zu finden.
»Mein Name ist Uro, und ich bin nicht gekommen, um etwas für mich zu erbitten«, sagte er schließlich und blickte sie ehrfürchtig an, »sondern um Euch etwas zu geben, das Euch sicher wertvolle Hilfe leisten kann.«
»Was meinst du damit?«
Statt einer Antwort kramte er mit schwieligen, verschmutzten Händen in seinen Taschen und holte ein
Fläschchen heraus, das eine dunkle Flüssigkeit enthielt. »Damit könnt Ihr die Seuche aufhalten.«
Theana erstarrte. Gewiss war der Gnom nicht der Erste, der behauptete, ein Heilmittel gefunden zu haben. Auf den Straßen wimmelte es von Scharlatanen, die Wunderdinge versprachen und zu atemberaubenden Preisen ihre Wässerchen anboten. Nicht wenige fielen darauf herein, und der Markt blühte. Doch bis zu ihr, der Hohepriesterin, hatte sich noch nie jemand vorgewagt.
»Auch meine Ordensgemeinschaft arbeitet emsig an einem Heilmittel, aber bis jetzt nur mit bescheidenem Erfolg. Wie kommst du zu der Annahme, dass dir gelungen ist, woran wir gescheitert sind?«
»Vielleicht war es nur Glück. Jedenfalls müsst Ihr wissen, dass ich nicht gekommen bin, um meine Entdeckung zu verkaufen und mit dem Leben oder Tod Unschuldiger Geschäfte zu betreiben.«
Sein Auftreten schien auf andere Absichten hinzudeuten, doch diese Worte bewogen Theana immerhin dazu, ihm weitere Fragen zu stellen.
»Bist du ein Priester?«
»Nein, ich habe mit Heilpflanzen gehandelt«, antwortete der Gnom. »Ich besaß einen Laden, bevor dieses Unglück begann, und habe gern ein wenig herumexperimentiert.
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