Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
vor diesen beiden zu verbergen, die niemals seine Gefühle verstehen würden.
Jetzt trat Tyrash auf ihn zu, griff zu dem Stilett an seinem Gürtel – ein Instrument, das alle elfischen Priester stets bei sich trugen –, hob eine Hand des Halbelfen und ritzte sie ein. Blut trat aus, und er fing es in einer goldenen Schale auf, die er seinem Quersack entnommen hatte.
Damit trat er in den Kreis zurück. Sein verzweifelter Blick verriet, dass er in einer Falle saß. Er bückte sich und stellte die Schale auf dem Boden ab, um dann auch seine eigene Hand einzuritzen. Während er nun ein paar rituelle Worte sprach, vermischte er sein Blut mit dem von San.
Dann nahm er die Schale wieder in die Hände, hielt inne und richtete sich auf.
»Denkt bitte an meine Familie in Orva«, sagte er zu seinem König, »Ihr hattet mir Land versprochen, teilt es bitte meinen Angehörigen zu.«
Der König nickte ungeduldig.
Und der Magier fuhr fort, schloss die Augen und begann die Zauberformel zu sprechen, zunächst leise,
dann immer lauter. Geheimnisvolle Worte eines Verbotenen Zaubers, wie San am Tonfall erkannte. Noch einmal schaute der Magier sich um und goss dann das Blut aus der Schale vor sich auf den Boden aus. Ein schwarzes Licht stieg auf.
San hielt den Atem an. Endlich war es so weit. Das lange Warten, das endlose Umherirren, alles würde nun einen Sinn bekommen.
Alle anderen Klänge waren verstummt. Man hörte nur noch Tyrashs Stimme, der immer leidenschaftlicher, immer versunkener die Worte sprach. Mächtig loderte das schwarze Licht auf, und die Flammen umhüllten seine Gestalt. Er schrie auf, aber es gab kein Zurück mehr, längst hatte die Macht des Zaubers, den er entfesselt hatte, Besitz von ihm ergriffen, und seine Schreie bildeten die Worte der Formel, in einer unmenschlich klingenden Sprache, einer Sprache des Todes.
»Ido!«, rief San in der Hoffnung, die Macht seiner Liebe möge dem Gnomen helfen und ihm den Weg aus der Finsternis zu ihm erhellen.
Und tatsächlich zeichnete sich jetzt langsam etwas in den Flammen ab. Während die hagere Gestalt des Magiers von dem unersättlichen Feuer mehr und mehr verschlungen wurde, nahm eine andere Form an: mit kurzen stämmigen Beinen, einem muskulösen, gedrungenen Körper und langen Haaren. San meinte, das Herz zerspringe ihm in der Brust.
»Ido! Ido! Ido!«, rief er immer wieder, so laut, dass ihm davon die Kehle schmerzte.
Immer deutlicher schälten sich aus dem schwarzen
Feuer seine Umrisse, sein Gesicht heraus, und mit unermesslicher Freude stellte San fest, dass er genauso aussah, wie er ihn in Erinnerung hatte, und dass er nicht das winzigste Detail seiner Züge vergessen hatte. Der leicht spöttische Blick, die tiefen Falten in der Stirn, die Narbe über der linken Augenhöhle. Er war es, exakt so wie vor seinem Tod, so wie er mit San in Zalenia gelebt hatte.
Der Marvash streckte die Hand zu ihm aus und versuchte verzweifelt, ihn zu berühren.
»Verzeih mir. Aber jetzt bin ich bei dir! Siehst du, ich mache alles wieder gut, meine Seele habe ich dafür verkauft, aber jetzt hole ich dich zurück!«, schluchzte er, während ihm Tränen über die Wangen liefen. Und er weinte wie als kleiner Junge, wenn er die Schluchzer an der Brust der Mutter erstickt hatte. Dabei hoffte und wartete er darauf, dass er nun sein Gesicht an Idos Brust legen konnte und dass der ihn trösten und zu ihm sagen würde, dass alles nur ein böser Traum gewesen und nichts wirklich geschehen sei in all den Jahren der Verzweiflung.
Ido lächelte ihn an, ein erschöpftes, trauriges Lächeln. Sein Mund bewegte sich, und obwohl kein Laut über seine Lippen trat, verstand San, was er sagte.
Warum?
Noch mächtiger loderten die schwarzen Flammen auf, schlugen jetzt bis zur Decke und schienen alles verschlingen zu wollen. Da verzog sich plötzlich Idos Gesicht zu einer schmerzerfüllten Grimasse. Und im nächsten Augenblick hatte es sich in das von Tyrash verwandelt, der im Todeskampf lag und von den Flammen
verzehrt wurde. Die beiden Gestalten überlagerten sich, und die Glieder des einen verschmolzen mit denen des anderen zu einem missgestalteten Zwitter, der sich stöhnend in den Flammen wand.
»Nein, nein!«, schrie San.
Bald war nichts Menschliches mehr an dem Haufen Fleisch, das sich vor seinen Augen hin und her warf. Weder die Gestalt des Magiers noch die von Ido war in den entstellten Gliedern zu erkennen, die im düsteren Feuer dieses Verbotenen Zaubers brannten. Als die Flammen
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