Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
in seiner sonst so völlig glatten Fassade, aber das ist mir Anlass genug, mein Gegenüber eingehend zu mustern. Er sieht starr auf den Teppich am Boden, als enthielte der die Weisheit der ganzen Welt, und mir wird klar, dass er nervös ist. Warum?
Ah. Unser Kuss. Er denkt, das sei der Grund, weshalb ich mit ihm reden will.
Ich räuspere mich. » Felix hat mir erzählt…« Das wird schwieriger, als ich mir vorgestellt hatte. Aber ich ertrage den Gedanken nicht, dass er vielleicht gegen seinen Willen bei mir bleibt. Seufzend lasse ich mich aufs Bett fallen, lehne den Kopf gegen den Bettpfosten und versuche es noch einmal: » Nach Alejandros Tod hättet Ihr Euer Erbe in Ventierra antreten können.«
Das klingt, als ob ich ihm irgendetwas vorwerfe, was ich nicht beabsichtigt habe. Die Worte hängen zwischen uns in der Luft, und er schweigt so lange, dass ich schon fürchte, ihn beleidigt zu haben.
Schließlich sagt er: » Ich habe mich dagegen entschieden.«
Meine Finger krallen sich in den seidenen Überwurf, als ich leise frage: » Und bereut Ihr diese Entscheidung?«
Er zögert, und das verrät mir alles, was ich wissen muss. » Es war die richtige Wahl«, antwortet er.
» Das habe ich nicht gefragt.«
» Nein«, sagt er, » das stimmt.«
Ich wappne mein Herz und zwinge mich, ganz ruhig zu sprechen. » Hector, ich bin so froh, dass Ihr geblieben seid. Es gibt niemanden, dem ich so sehr vertraue wie Euch. Und niemanden… dessen Gesellschaft ich so genieße.« Wahrscheinlich sind mir meine Gefühle an den Augen abzulesen und verraten Dinge, die ich niemals sagen sollte. » Aber wenn diese Reise vorüber ist, wenn wir das zafira gefunden haben, dann werde ich Euch die Möglichkeit geben, nach Hause zurückzukehren. Ich werde Euch von Eurem Eid freisprechen. Also denkt darüber nach.«
Seine Lippen öffnen sich, und die Augenbrauen heben sich ein kleines Stück. Nach einer langen Pause sagt er: » Ich glaubte, Ihr würdet mich mit Eurer Schwester vermählen und nach Orovalle schicken. Ich bin offenbar ein wertvolles Handelsgut. Jedenfalls hat Ximena es so ausgedrückt.« Ich bin mir sicher, dass ich mir den leichten Hauch von Bitterkeit in seiner Stimme nicht einbilde.
Ich seufze viel zu laut. Wenn ich Ximena das nächste Mal zu fassen bekomme, werden wir ein langes Gespräch… über ziemlich viele Dinge führen müssen. Vorsichtig sage ich: » Es ist wichtig, dass wir eine gute Partie für Euch finden.« Meine Hände krampfe ich in meinem Schoß so fest zusammen, dass mir die Knöchel wehtun. » Aber nur in Rücksprache mit Euch und mit Rücksicht auf Eure Gefühle. Ich weiß, wie es ist, wenn man in solchen Dingen nicht mit einbezogen wird. Das könnte ich Euch niemals antun.«
Er nickt, sieht mich dabei aber nicht an. » Es wäre sehr schön, einmal wieder zu Hause zu sein«, erwidert er nachdenklich und blickt aus einem der Bullaugen an Steuerbord. In die Richtung, in der Ventierra liegt.
Ich lächele betrübt. » Dann wisst Ihr also schon, wie Eure Entscheidung ausfallen wird?«
» Nein. Aber ich danke Euch dafür, dass Ihr mir die Wahl ermöglicht.«
Die Sonne versinkt hinter dem Horizont. Mara und ich sind allein in Kapitän Felix’ Kajüte.
» Sturm hat mir etwas erzählt, wovon du erfahren solltest«, sagt sie, als sie meinen Zopf löst.
» Was denn?«, frage ich und fühle gleichzeitig, wie sich meine Muskeln entspannen, während sie zu Werke geht.
» Er sagte, der Torwächter würde spüren, dass du kommst. Und er würde dich auf die Probe stellen.«
Die Entspannung verflüchtigt sich sofort wieder. Ich setze mich auf. » Was heißt das?«
» Ich weiß es nicht. Aber es ist nicht unwahrscheinlich, dass ein Tor auch einen Wächter hat, oder?«
» Vielleicht.« Ich lege die Stirn in Falten und wünsche mir, ich hätte daran gedacht, meine Abschrift der Blasphemie mit auf diese Fahrt zu nehmen, um sie weiter zu studieren. Ximena hat sie für mich in die Königinnenkutsche gepackt. Ich habe sie nicht einmal zu Gesicht bekommen. Vielleicht wollte Ximena das auch gar nicht.
» Vater Alentín hat etwas über eine Probe gesagt, so etwas wie, ich müsste beweisen, dass ich würdig bin, das Tor zu durchschreiten, aber von einem Torwächter war nicht die Rede.«
Sie streicht mir mit der Bürste übers Haar. » Vielleicht solltest du dich noch einmal mit Sturm zusammensetzen. Frag ihn doch.«
» Ja, das werde ich machen. Aber jetzt will ich erst wissen, was da noch in diesem Gewürztäschchen
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