Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Mahlzeit aus gepökeltem Schweinefleisch und viel zu hartem, in Zwiebelsuppe getunktem Brot gestärkt haben, kommen wir überein, dass Felix die Kapitänskajüte für mich und Mara räumt. Er und die Männer werden sich die größte Passagierkabine unter Deck teilen.
Am späten Vormittag des nächsten Tages beschäftige ich mich gerade mit den Navigationskarten des Kapitäns und versuche sie zu begreifen, als die Mannschaft in lautes Begeisterungsgeschrei ausbricht, gefolgt von viel Fußgetrappel an Deck. Ein Ruck geht durch das Schiff. Schnell laufe ich zum nächsten Bullauge und stelle erfreut fest, dass das Wasser draußen jetzt unruhig und aufgewühlt aussieht. Wir haben Wind bekommen.
Es dauert zwei ganze Tage, die Weinladung auszuladen, zu verkaufen und dann neuen Proviant zu besorgen. Die ganze Zeit über laufe ich in der Kapitänskajüte auf und ab, eingesperrt und unruhig und vor allem frustriert darüber, ein Stück des Weges, wenn auch nur ein kurzes, wieder zurückzugehen.
Als Felix seine letzten Verhandlungen abgeschlossen hat, kehrt er mit Nachrichten an Bord zurück.
» Die Königin und der Conde sind unversehrt nach Selvarica unterwegs«, berichtet er mit tanzenden Augen. » Offenbar betrachtet man es in der Stadt als große Schande, dass das Wirtshaus, in dem sie abgestiegen war, während ihres Aufenthalts dort abbrannte, aber alle Entschuldigungen konnten sie nicht zum Bleiben bewegen. Man spricht bereits von der großen Peinlichkeit.«
Die Erleichterung ist so überwältigend, dass ich mich setzen muss. » Dann sind sie in Sicherheit. Von einem Assassinen wurde nicht gesprochen?«
» Kein Wort.«
» Gut. Das ist gut.« Danke, Gott.
» Also, wohin geht es jetzt, Euer Majestät?«
Ich sehe zu ihm hoch und erwidere sein Lächeln. » Nach Süden, zu den Inselfürstentümern. Später weiß ich mehr… irgendwann.«
Aber als er sich zum Gehen wendet, frage ich mich: Werde ich wirklich irgendwann mehr wissen? Wenn Gottes Heilige Schrift sich bisher hinsichtlich des Feuersteins als so wenig verlässlich erwiesen hat, sollte ich den Apokryphen nicht noch viel mehr misstrauen?
Ich massiere meine Nasenwurzel und flüstere der Probe halber: » Zafira.«
Mein Feuerstein reagiert mit einem freudigen Vibrieren.
Ich stehe am Bug, halte mich an der Reling fest und beobachte fasziniert, wie die Araceli unter mir durchs Wasser pflügt. Der Wind hat aus meinem Zopf ein wirres Rattennest gemacht. Die Gischt beißt in meinen Augen und raut meine Lippen auf. Das Focksegel über mir bläht sich im Wind.
Die Seeleute haben Hector und Belén ohne weiteres akzeptiert, und sie starren Mara jedes Mal hinterher, wenn sie an ihnen vorbeikommt. Sturm hält sich in der Passagierkabine versteckt. Aber um mich machen die Matrosen einen Bogen; sie sind zu ängstlich oder zu schüchtern, sich ihrer Königin zu nähern. Oder vielleicht hat der Kapitän sie auch gewarnt. Mir ist es gleich. Es ist schön, sich auf diesem winzigen Schiff ein kleines bisschen allein fühlen zu können.
Ich spüre eine dunkle Präsenz, und als ich aufsehe, entdecke ich, dass Kapitän Felix zu mir getreten ist und mich gedankenverloren mustert. » Ihr habt Eure Seefestigkeit gefunden«, stellt er fest.
» Nicht direkt«, erwidere ich. » Es scheint, als hätte ich sie immer schon gehabt.« Es ist schön, dass es einmal etwas gibt, das mir von Anfang an leichtfällt. Sturm hingegen kommt kaum aus dem Bett, ohne sich zu übergeben, wobei man uns versichert hat, dass sich das nach einer Weile geben wird.
» So ist das manchmal«, sagt er. » Das war auch bei mir so.«
» Seid Ihr deswegen Kapitän geworden?«
» Zum Teil.«
» Mich interessiert der andere Teil. Ihr habt das Leben eines Fürstensohnes für einen gefährlichen Weg aufgegeben und Euch den Frachtfahrten verschrieben. Zwar weiß ich nur wenig von Hectors Familie, aber ich bezweifle, dass man Euch auf die Straße gesetzt hat. Ich vermute daher, Ihr seid weggelaufen.«
Er lacht. » Hector hat mich schon gewarnt, dass Ihr die klügste Frau seid, die mir je begegnen würde.« Mein Gesicht rötet sich bei diesem Lob. » Jetzt verstehe ich«, setzt er hinzu.
» Jetzt versteht Ihr was?«
» Wieso Hector bei Euch geblieben ist.«
Ich sehe ihn verständnislos an, aber mein Griff um die nasse Reling verkrampft sich.
» Ihr wisst es wirklich nicht, oder?«
Bewusst lockere ich meine Hände, denn meine Blasen in den Handflächen heilen zwar allmählich, schmerzen bei Druck aber noch
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