Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
grinst, als wäre das alles ein großes Spiel, und der Anblick seiner Zähne, spitz wie die eines Raubtiers und braun vor Fäulnis, lässt mich erschauern. » Würdet Ihr gern das zafira sehen? Ich kann es Euch zeigen, oh ja, das kann ich. Es wird ein wenig von Eurem Blut verlangen, und dann wird es entscheiden, ob Ihr lebt oder sterben werdet.«
Sturm und ich sehen uns alarmiert an, dann frage ich: » Also, Ihr seid der Torwächter? Wie lautet Euer Name?«
Er schnappt mit den Zähnen nach der Luft. » Ich habe es Euch doch schon tausendmal gesagt, Ihr hört einfach nicht zu! Ich bin Achte-das-gefallene-Blatt-feucht-vor-Fäulnis-denn-es-nährt-Frühlingstulpen.«
» Natürlich. Entschuldigt bitte.« Er ist verrückt. Total und komplett verrückt. » Ich glaube, ich nenne Euch einfach…« Fäulnis. » Äh, Blatt.«
» Blatt! Ja, ich werde Blatt sein. Lasst mich Eure Steine sehen.« Als ich zögere, bellt er: » Sofort! Ich muss sie sehen, bevor ich Euch hineinlassen kann.«
Zögernd ziehe ich den Saum meiner Bluse hoch und zeige ihm meinen Bauch und das darin ruhende Juwel.
Und dann greift Sturm unter sein Hemd und zieht ein Lederband hervor, an dem sein eigener Feuerstein hängt, eingeschlossen in einem gitterartigen Gewebe aus dünnem Eisen.
Ich starre ihn an. » Wie habt Ihr… Wann habt Ihr…?«
» Ich hatte ihn schon immer. Seit meiner Geburt.«
Zu viele Möglichkeiten ringen in meinem Kopf miteinander um meine Aufmerksamkeit. Hat er den Stein geschenkt bekommen? Wurde er damit geboren? » Mein Feuerstein hat nie seine Wärme gespürt«, protestiere ich. » Er hat nie reagiert. Das tut er sonst immer, wenn ein anderer Feuerstein in der Nähe ist. Immer.«
Sturm schrumpft ein wenig. » Er ist ziemlich tot. Er ist herausgefallen, als ich vier Jahre alt war. Dann habe ich später die Laufbahn eines Animagus eingeschlagen, weil ich lernen wollte, ein wenig von seiner Macht zu wecken. Aber das ist mir nicht gelungen. Ich bin gescheitert.«
Ich begreife so plötzlich, dass es mir wie ein Stein in den Magen fährt. » Die Inviernos werden mit Feuersteinen geboren.«
Sturm schüttelt den Kopf. » Nur wenige von uns. Sie fallen früh aus. Und wir sind von der Quelle ihrer Macht schon so lange abgeschnitten, dass sie fast immer nutzlos sind.«
» Die Animagi haben meine Stadt niedergebrannt und meinen Ehemann mit ihrem Feuer getötet. Das kann man wohl kaum nutzlos nennen.«
Sturm zuckt die Achseln. » Das ist zerstörerische Magie. Sie fällt einem Animagus leicht. Aber die schöpferische Magie, die Schutzschilde oder Pflanzenwachstum oder Heilung heraufbeschwört, die ist schwer.«
» Ich kann heilen.« Die Worte sind aus meinem Mund, bevor ich daran denke, sie zu zensieren.
» Was? Das könnt Ihr?« Seine grünen Augen werden schmal. » Das habt Ihr nie erwähnt.«
Ich tippe ihm mit einem Finger auf die Brust. » Ihr. Habt. Nicht. Gefragt.«
Seine kurze Überraschung weicht verzweifeltem Lachen. » Und dabei könnt Ihr noch nicht einmal das Feuer Eures Steins herbeirufen, dabei ist das doch die leichteste, grundsätzlichste Kraft. Vielleicht seid Ihr eine noch schlimmere Versagerin als ich.«
Blatt hat während unseres Gesprächs zwischen uns hin und her geblickt und unablässig gegrinst. » Ihr seid Feinde!«, ruft er nun aus und klatscht freudig in die Hände. » Das ist so lustig! Seht nur, hier ist meiner.« Er zieht die Lumpen auseinander, die ihm von den Schultern hängen, und enthüllt dabei blütenweiße Haut und hervortretende Rippen.
Ein Feuerstein ist in seinen Bauchnabel genäht worden. Fäden aus Hanf oder getrocknetem Gras verlaufen über dem Stein und halten ihn an Ort und Stelle. Die Haut rundherum ist aufgeworfen und vernarbt, so oft ist sie schon durchbohrt worden. Ein Faden hängt herunter, bewegt sich in der leichten Brise. Angeekelt sehe ich weg.
» Werdet Ihr uns nun hinführen?«, fragt Sturm. Er beugt sich vor, und ein Zucken läuft über sein Gesicht, als ob er vor lauter Vorfreude fast aus der eigenen Haut fahren wollte.
» Hier entlang«, sagt Blatt und verschwindet hinter dem Turm, und seine Ketten rasseln bei jedem Schritt. Sturm und ich sehen uns besorgt an und folgen ihm.
Ein Durchgang auf der anderen Seite führt in die Dunkelheit hinein. Blatt bückt sich und nimmt seine Kette, die nun ein wenig lockerer hängt, und wirft sie sich über die Schulter. » Bereit?« Damit tritt er ins Innere.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie er mich angesprungen hat, und ich
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