Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
niederbrennen lassen und alle Bewohner dazu zwingen, ihr unterirdisches Versteck zu verlassen. Aber der Belleza Guerra hallt durch meinen Kopf. Gewinne Verbündete. Gelingt dir das nicht, dann wecke Furcht in deinen Feinden.
Ich trete vor. Hector macht mir Platz, aber ich höre das leise Klirren von Metall und weiß, dass er sein Schwert gezogen hat. Fernandos Augen gleiten suchend über die Menge, bereit, auf jede verdächtige Bewegung zu reagieren, die seine Aufmerksamkeit erregt.
Mein Selbstbewusstsein wächst, und das erscheint mir seltsam, bis ich erkenne, dass diese geheime Höhle mich an das verborgene Lager in der Wüste erinnert, in dem ich über viele Monate unseren Krieg gegen Invierne plante. Diese Leute tragen zwar Lumpen, aber saubere, und sie sind zwar verwundet, doch ihre Haltung verrät auch Stolz. Vielleicht sollte ich gar nicht zulassen, dass ich mich ihnen so verbunden fühle.
» Das ist eine Überraschung«, sage ich und höre meine Stimme durch den großen Raum hallen. Ich lächele und hoffe, die Leute damit zu beruhigen, aber mir blickt reine Angst entgegen. Eine Frau zieht einen kleinen Jungen mit dem Arm zu sich heran und hält ihn an ihre Beine geschmiegt fest.
Ehrlichkeit erscheint mir der beste Weg. » Ich könnte eine Kompanie Soldaten hier herunterschicken und diese Höhle räumen lassen.« Angstgeweitete Augen und unruhig scharrende Füße. » Es ist offensichtlich, dass ihr bereits Ärger verursacht habt, aber ich könnte mich dazu bewegen lassen, darüber hinwegzusehen. Wenn ihr euch hier nur deshalb versteckt, um den Steuererhöhungen zu entgehen oder abseits der neugierigen Augen der Gilden ehrlichen Geschäften nachzugehen, dann können wir sicherlich zu einer Einigung kommen.«
Die allgemeine Anspannung löst sich kein bisschen.
Ich versuche es nun anders. » Habt ihr einen Anführer, mit dem ich sprechen kann? Wenn nicht, dann müsst ihr sofort jemanden dazu ernennen.« Damit trete ich vom Rand des Vorsprungs zurück.
Ximena zeigt mir mit einem schnellen Nicken ihre Anerkennung und bückt sich gleichzeitig, um einen Dolch aus der Innenseite ihres Stiefels zu ziehen. Ich habe einmal miterlebt, wie sie einen Mann mit einer Haarnadel getötet hat, um mich zu verteidigen. Sie hat ihm das dünne Metall mit einer Leichtigkeit, wie man sie nur durch große Übung erlangt, von der Unterseite seines Kinns bis ins Gehirn gebohrt.
Eine Stimme erklingt von unten. » Euer Majestät!«
Fernando richtet seinen Bogen auf einen alten Mann, der uns entgegenhumpelt. Sein Gesicht ist vom Wind ausgetrocknet und zerfurcht, sein Haar dünn und ergraut. Ein langes Stück Treibholz dient ihm als Krückstock; es ist von den Wellen blankgerieben, aber ebenso knotig wie die Hand, die es umschlingt.
» Führst du diese Leute an?«, frage ich.
» Nein, Euer Majestät. Lo Chato führt uns, aber er ist nicht hier. Wir erwarten ihn erst am Abend wieder zurück.«
Der Boden unter mir schwankt, und ich fasse nach Hectors Arm, um mich abzustützen.
Den Namen habe ich schon einmal gehört. Lo Chato war der Animagus, der mich verhörte, als ich als Gefangene ins feindliche Lager gebracht wurde. Sogar jetzt, nach Monaten, steht mir sein Anblick noch klar vor Augen– die glatte Kinderhaut, die feuersteinblauen Augen, das fließend weiße Haar. Wenn ich an die übernatürliche Geschmeidigkeit seiner Bewegungen denke und daran, wie seine lispelnde Stimme sich in meinen Kopf bohren konnte, dann läuft mir ein Schauer über den Rücken. Ich dachte, ich hätte ihn getötet.
Wie groß sind die Chancen, dass es sich um einen Zufall handelt, wenn man den Namen eines alten Feindes hört, nur wenige Wochen, nachdem einer seiner Brüder in meiner Stadt den Märtyrertod gestorben ist?
» Wie lange gibt es dieses Dorf hier schon?«, frage ich den Alten.
» Beinahe so lang wie Brisadulce selbst. Aber wir leben auch über der Erde und gehen dort unseren Geschäften nach, im Sumpfviertel. Wir sind treue Untertanen Eurer Majestät.«
» Das höre ich gern.« Ich habe so viele Fragen. Aber meine Beine fangen an zu zittern, und das Atmen fällt mir schwerer. Ich muss gehen, bevor meine Schwäche zu offensichtlich wird. » Wenn Lo Chato zurückkommt, dann sagt ihm, dass ich ihn im Palast erwarte. Es wird ihm nichts geschehen. Ich will lediglich mit ihm sprechen. Mein Haushofmeister wird die Anweisung bekommen, dass er sofort empfangen wird.«
Der Alte neigt den Kopf auf eine Weise, die vermutlich der einzigen Verbeugung
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