Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
entspricht, zu der er körperlich in der Lage ist. » Ihr solltet wissen, dass er ein sehr zurückgezogener Mensch ist. Es wird ihn beunruhigen, dass Ihr ihn rufen lasst.«
» Dann müsst Ihr ihn überzeugen. Ich wäre sehr enttäuscht, wenn er nicht käme.« Hier mache ich eine Pause, gerade lang genug, um an den Gesichtern unter mir ablesen zu können, dass man mich verstanden hat. Dann verabschiede ich mich und gebe meiner Entourage das Zeichen, sich wieder in den Gang zurückzuziehen.
» Tyrannin!«, schreit jemand hinter mir, und ich drehe mich hastig wieder um.
Die Menschen scharren betreten mit den Füßen, meiden meinen Blick, und ich kann nicht erkennen, wer den Ruf ausgestoßen haben mag. » Fernando«, sage ich und balle die Fäuste. » Schießt einmal zur Warnung.«
Sofort lässt er den Pfeil von der Sehne schnellen, der mit hörbarem Aufschlag vor dem alten Mann in den Boden schlägt. Das gefiederte Ende vibriert noch, als die Menge zurückweicht.
» Ihr solltet Euren Vergehen nicht auch noch Aufhetzung gegen die Obrigkeit hinzufügen«, sage ich kalt.
Dann wende ich mich ab und schreite zurück in den Tunnel. Hector und Ximena halten mir den Rücken frei. Mehr als einmal wäre ich fast über die eigenen Füße gefallen, so sehr überwältigen mich meine Gedanken. Es war eine kleine Gruppe– vielleicht sechzig Leute. Wieso so wenige? Ist das Geheimnis des Dorfes nur so wenigen bekannt? Haben sie den Sims erklettert, auf dem wir standen, und sind von dort bis in die Katakomben vorgedrungen? Hat der Rufer die Meinung der ganzen Gruppe ausgedrückt? Vielleicht sogar die Meinung der ganzen Stadt?
Am meisten beunruhigt mich jedoch der geheimnisvolle Lo Chato. Er könnte es gewesen sein, der mich zu töten versucht hat. Und ich habe ihn eingeladen, über meine Schwelle zu treten. Aber der Belleza Guerra widmet der Kunst, die Feinde in seiner Nähe zu halten, um sie besser beobachten zu können, ein ganzes Kapitel, und solange ich Vorsicht walten lasse, tue ich das Richtige, das weiß ich.
Als wir Alejandros Grabkammer erreichen, atme ich in flachen Stößen, und heftige Schmerzen fahren mir durch die Seite. Ich wünsche mir nichts mehr als einen Becher gewürzten Wein und einen Tag Schlaf.
Fernando bittet um die Erlaubnis, zurückbleiben zu dürfen. » Ich möchte noch ein wenig mehr über diesen Zugang herausfinden«, sagt er und deutet auf das gähnende Loch, aus dem wir gerade gestiegen sind. » Ich möchte ausprobieren, wie es sich von unten öffnen lässt, und dabei vielleicht auch entdecken, wie häufig es benutzt wird.«
» Ja, tut das. Wir müssen es von jetzt an bewachen.«
» Darum kümmere ich mich.«
» Ich werde Euch Frühstück bringen lassen. Nicht aus der Kaserne.«
Er verbeugt sich formvollendet, aber seine Lippen zucken ein klein wenig.
Als wir meine Suite erreichen, mache ich mir nicht einmal mehr die Mühe, mein Nachthemd anzuziehen. Ximena hilft mir, die Stiefel abzustreifen, dann lockere ich den Bund meiner Hose und lasse mich aufs Bett fallen, das Mara mit frischen Laken bezogen hat. Sie sind noch warm, und ich vergrabe mein Gesicht in den Kissen und atme den leichten Duft von Rosenwasser ein. Mein Bett ist wirklich der wunderbarste Ort auf der ganzen Welt.
Gerade fallen mir die Augen zu, als mir ein Gedanke durch den Kopf schießt, der mich sofort wieder hellwach werden lässt. » Hector?« Blinzelnd versuche ich, munter zu werden.
» Hier«, erwidert er vom Fußende meines Bettes.
» Haben wir Kontakte im Sumpfviertel? Ich möchte gern herausfinden, an welcher Stelle unter der Oberfläche sich diese Höhle befindet, und alles darüber erfahren, was bisher bekannt ist.«
» Ich werde mich darum kümmern, Euer Majestät.«
» Und bitte nennt mich nicht Majestät, wenn wir unter uns sind. Ich muss jedes Mal die Zähne zusammenbeißen, wenn ich es höre.«
Er nickt übertrieben feierlich. » Ich würde es mir nie verzeihen, wenn Ihr wegen mir Eure Zähne ruinieren würdet.«
» Wenn es dazu käme, hätte ich keine andere Wahl, als dem Vorbild des Generals zu folgen und Eure Hinrichtung anzuordnen.« Ich mache eine vage Handbewegung: » Herunter mit seinem Kopf!« Und dann wird mein Gesicht flammend rot über meine eigenen, unangemessenen Worte.
Aber Hector lacht leise und kehlig, und ich spüre das bis in die Zehen. Leise sagt er: » Mein Leben gehört schon seit Langem Euch, Elisa.«
Meine Glieder kribbeln, und meine Wangen werden heiß, als wir einander
Weitere Kostenlose Bücher