Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
erwählt sind, können es finden oder gar hindurchgelangen.«
» Und wieso sollte man hindurchgehen wollen?«
» Weil es zum zafira führt.«
Der Feuerstein macht einen Satz. Die Intensität ist so groß, dass ich mich zusammenkrümme und nach Atem ringe, während der Stein eine Hitzewelle nach der anderen durch meinen Körper schickt.
» Elisa!« Hector schlingt den Arm um meine Taille. » Ximena, helft mir…«
» Es ist alles in Ordnung«, stoße ich keuchend hervor. » Ich brauche nur einen Augenblick.« Der Stein hat schon einmal so reagiert– als ich die Animagi mit meinem Feuerstein-Amulett vernichtet habe. Was ist es, Gott? Was willst du mir sagen?
Hector lockert zögernd seinen Griff und tritt einen Schritt beiseite. Ich zwinge mich zu atmen, bis ich mich wieder aufrichten kann. Der Feuerstein pulsiert weiter, wenn auch nun weniger stark, und mein Mieder klebt schweißnass an meiner Haut. Rosario umklammert meine Hand so fest, dass ich kaum noch meine Finger spüre.
Der Invierno betrachtet mich mit halb geschlossenen Lidern wie ein zufriedenes, gut genährtes Kätzchen. » Oh ja, Ihr werdet gehen.«
» Was ist dieses zafira ?«, verlangt Ximena zu wissen.
Er wirft ihr einen verächtlichen Blick zu.
Sie wiederholt ihre Frage in der Lengua Classica und setzt hinzu: » Wenn Ihr es uns nicht sagt, werden wir Euch hier verfaulen oder von Euren Feinden ermorden lassen, je nachdem, was zuerst geschieht.«
Falls es ihn überrascht, dass sie seiner Sprache mächtig ist, dann zeigt er das nicht, aber er sagt: » Das zafira ist die Seele der Welt, der Zauber, der unter unseren Füßen fließt. Die Animagi verwenden ihn, um ihre Amulette aufzuladen. Aber jene, die das Tor durchschreiten, können sich die Macht des zafira direkt zunutze machen, ohne die Barriere der Haut unserer Welt. Und es ist eine Macht jenseits aller Vorstellungskraft.«
Mein ganzer Körper kribbelt von der Hitze des Feuersteins, vielleicht aber auch vor Neugier. Macht jenseits aller Vorstellungskraft. » Woher wisst Ihr davon?«, frage ich. » Aus einer Schrift? Oder ist es eine Legende?«
» Mein Volk hat stets darüber Bescheid gewusst. Aber wir wurden davon abgeschnitten. Seit mehr als tausend Jahren versuchen wir, durch die Hülle der Welt an das zafira heranzukommen, und unsere Macht ist nur noch ein Schatten dessen, worüber wir einst verfügten.«
» Das ist es also«, sagt Hector. » Das ist es, was die Inviernos wollen.«
Als ich zu ihm aufsehe, blicken seine Augen schmal in die Ferne. » Hector?«
» Sie haben sich seit Jahren um einen Zugang zum Meer bemüht. Um einen Hafen. Sie wollen danach suchen.«
» Stimmt das?«, frage ich Sturm.
» Ja.«
» Warum enthüllt Ihr uns das jetzt?«
» Es ist, wie ich Euch sagte, ich bin Eurer Majestät treuer Diener.«
» Es ist sicher schrecklich, der Diener einer verkommenen Kuh zu sein.«
Er nickt in feierlicher Zustimmung. » In der Tat.«
Kurz denke ich über ihn nach. Er ist zu wertvoll, um sein Leben aufs Spiel zu setzen. » Ich werde Euch gehen lassen; meine Wächter werden Euch ungesehen wegbringen. Aber das nächste Mal müsst Ihr mir Folge leisten, wenn ich Euch zu mir befehle.«
Er öffnet den Mund, als wollte er protestieren, dann klappt er ihn wieder zu und verbeugt sich stattdessen. » Jawohl, Euer Majestät.«
Ich wende mich zum Gehen, und meine Begleiter schließen sich mir an. Alentín und Ximena brennen sicher schon darauf, ins Archiv zurückzukehren und die Schriften nach Hinweisen auf das zafira zu durchforsten. Aber Rosario zupft an meiner Hand und hält mich auf. Er sieht mich bittend an, und seine Unterlippe zittert. » Was ist denn, Rosario?«
Er reißt sich zusammen, blinzelt ein paarmal und dreht sich dann zu dem Invierno um.
» Du bist ein sehr, sehr böser Mann.« Damit lässt er meine Hand los und rennt uns voraus die Treppe hinunter.
Hector und ich tauschen einen verblüfften Blick. » Wahrscheinlich«, überlegt Hector, » musste Rosario einfach noch irgendetwas sagen?«
» Ich bin nicht so, wisst Ihr«, wehrt sich Sturm. » Ich bin kein böser Mann. Ich habe stets versucht, recht zu handeln und Gottes Weg zu folgen.«
» Aus den Mündern der Unschuldigen strömt die Wahrheit«, erkläre ich achselzuckend und gehe zur Treppe, ohne seine Antwort abzuwarten. Wir beeilen uns mit dem Abstieg, gehen dann an den überraschten Soldaten an ihrem Kartentisch vorüber und folgen unserem Prinzen.
Er steht allein auf dem Innenhof. Die Sonne glitzert
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