Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Weidenrute, eine neunschwänzige Katze und eine Lederpeitsche, die bis zu ihrem kantigen Griff aus Metall wie eine Schlange aufgerollt daliegt.
In meiner Kehle spüre ich die Tränen aufsteigen.
Der Scharfrichter flüstert mit einer Stimme, so schartig und aufgeraut wie seine Haut: » Euer Majestät, Ihr müsst das Werkzeug der Wahl bestimmen.«
Es dauert einen Augenblick, bis seine Worte zu mir durchgedrungen sind, aber dann legt sich Verzweiflung über mich wie eine heiße, schwere Decke. Natürlich muss ich das.
Sie liegen nach der Härte der Züchtigung geordnet da. Ich will nicht, dass diese Menschen wirklich schwer verletzt werden. Aber ich kann auch nicht die mildeste Strafe wählen.
In meiner besten Königinnenstimme erkläre ich: » Nehmt die Rute.«
Der vernarbte Mann wendet sich den Zuschauern zu und hebt die Rute in die Höhe; sie biegt sich unter ihrem eigenen Gewicht ein wenig durch. Die Menge brüllt zustimmend.
Dann zwinge ich mich, ohne mit der Wimper zu zucken zuzusehen, wie er langsam und kontrolliert mein Küchenpersonal auspeitscht. Die Rute klatscht mit einem feuchten Geräusch auf die nackte Haut, und mir treten die Tränen in die Augen. Auf den Rücken zeigen sich Striemen, die Geschlagenen versuchen, den Hieben auszuweichen, können das aber kaum, da sie eng an den Pfahl gefesselt sind. Der vernarbte Mann ist sehr gründlich, und er schlägt sehr präzise zu. Er zielt immer wieder auf andere Stellen, damit sie die brutale Strafe überall zu spüren bekommen.
Einige unterdrücken die Schmerzensschreie, die meisten aber nicht, und ihre rauen, gepeinigten Stimmen bohren sich direkt in mein Herz. Ein Junge, der bei Weitem jüngste von ihnen, weint ganz offen, die Wange gegen den Schandpfahl gepresst.
Ich bin ein Stein. Ich bin aus Eis. Ich fühle nichts.
Nur der Küchenmeister steht nach dem zehnten Schlag noch aufrecht da. Bei den anderen geben die Knie nach, und sie hängen schwer an ihren Handfesseln.
Der vernarbte Mann kehrt zu mir zurück und verneigt sich. Die Rute in seiner riesigen Hand trieft vor Blut. » Es ist vollbracht, Euer Majestät.«
» Danke«, bringe ich krächzend heraus.
» Wollt Ihr einige Worte an die Leute richten?«, fragt er.
Nein, natürlich nicht. Ich kann es nicht erwarten, von hier wegzukommen, mir meine Krone vom Kopf zu reißen und mein Gesicht in den Kissen meines Bettes zu vergraben.
Aber dann sehe ich, wie der kleine Junge, der ganz am Rand der Menge auf den Schultern seines Vaters sitzt, die Küchenmagd anspuckt, die zusammen mit Felipe die Kokosbrötchen zubereitet hat. Ein widerlicher Klumpen Speichel rutscht ihre schweißnasse Wange hinunter und tropft auf ihren nackten Busen.
Mit einem Ruck erhebe ich mich und trete an den Rand der Plattform. Die Menge verstummt.
» Hiermit betrachten wir die Nachlässigkeit dieser Leute als angemessen gesühnt«, rufe ich laut. » Es wird keine weiteren Strafen geben. Jeder, der diese Leute körperlich angreift, sie quält oder«, jetzt sehe ich zu dem kleinen Jungen hinüber, » sie auch nur anspuckt, wird sich dafür zu verantworten haben.«
Damit drehe ich mich um und gehe auf Ximena zu, der ich hastig zuflüstere: » Ich zittere ziemlich stark und könnte deinen Arm gebrauchen, damit mir der dramatische Abgang ein wenig leichter fällt.« Plötzlich wünsche ich mir, Hector wäre hier. Ich fühle mich immer so viel sicherer und stärker, wenn er an meiner Seite ist.
Aber sie streckt mir sofort ihren Ellenbogen entgegen, und ich hoffe, dass wir beim Abstieg von dem Podest angemessen königlich und rechtschaffen wirken. Wir verlassen den Platz sehr viel schneller, als wir ihn betreten haben, aber das ist auch gut so, denn in meiner Kehle schmecke ich bereits eine sehr säurehaltige Version von Maras Ziegenkäseomelett.
12
H ector kehrt mit der wenig überraschenden Nachricht in meine Gemächer zurück, dass der Invierno meiner Einladung nicht ohne Weiteres Folge leisten wollte und gefangen genommen werden musste. Ich nehme mir gerade genug Zeit, um meine Krone abzunehmen und ein schlichteres Kleid anzuziehen, bevor ich mich der nächsten Angelegenheit zuwende, die meine Aufmerksamkeit erfordert. Die Eile ist mir recht– auf diese Weise habe ich nicht so viel Zeit, über die Auspeitschung nachzudenken.
Im Kettenturm war ich bisher noch nie. Er ist das höchste Bauwerk des Palastes, und ich vermute, dass man von der obersten Kammer einen großartigen Ausblick hat über die große Sandwüste und die
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