Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Invierno spracht. Der Animagus, der sich selbst bei lebendigem Leib verbrannte, hätte Euch verletzen können, wenn er das gewollt hätte. Wir hätten ihn nicht aufhalten können. In den Katakomben wärt Ihr beinahe gestorben. Und das Gift…«
» In den Katakomben habt Ihr mir das Leben gerettet.«
» Es wäre besser gewesen, wenn ich das nicht hätte tun müssen.«
Ja, das wäre es. Mein Gesicht brennt vor Scham. Hector ist der ehrbarste Mann, den ich kenne, seinem Land, seiner Pflicht und mir völlig ergeben. Und ich habe ihn daran gehindert, die Aufgabe zu erfüllen, die ihm mehr als alles andere am Herzen liegt. » Ihr habt mir geraten, die Geburtstagsparade abzusagen. Ihr habt mir geraten, nicht allein in die Katakomben zu gehen. Man kann Euch für meine Sturheit keinen Vorwurf machen.«
Er blickt auf unsere verschlungenen Hände und sagt leise: » Und trotzdem mag ich Eure Sturheit.«
Dann lässt er mich unvermittelt los. Ich lasse die Hände locker herabhängen und fühle in ihnen einen kalten Schmerz.
Er sagt: » Entlasst mich aus meinem Dienst.«
» Nein.«
» Ich habe bei Eurem Schutz versagt. Jemand anders sollte…«
» Ich will niemand anderen.« Meine eigenen Worte hallen um mich in der Luft, und als mir die Wahrheit dämmert, die in ihnen liegt, entringt sich mir ein erschreckter Seufzer. Ich will niemand anderen.
Er fährt sich mit der Hand durchs Haar und sieht überall hin, nur nicht zu mir. Schweigen breitet sich zwischen uns aus.
» Ich war eine Närrin«, gebe ich schließlich zu. » Ich habe so viel Angst davor gehabt, schwach zu erscheinen. So zu sein wie… Alejandro. Ich habe schlechte Entscheidungen getroffen. Hector, ich vertraue Euch mehr als jedem anderen auf der Welt. Ich wäre besser beraten, wenn ich Euren Rat beherzigte. Und von jetzt an werde ich das auch tun. Aber ich verspreche Euch…« Ich zwinge mich zu einem Lächeln. » Wenn ich sterbe? Dann seid Ihr wahrlich entlassen.« Angespannt halte ich den Atem an und warte auf seine Reaktion. Entweder wird mein geschmackloser Witz ihn wütend machen, oder aber er beruhigt ihn.
Schließlich schüttelt er kläglich den Kopf. Er erwidert mein erzwungenes Lächeln auf ähnlich blasse Weise und sagt: » Wenn das so ist, dann werde ich Euch heute nicht mehr zeigen als die Aufwärmübungen, wie sie auch die Königliche Leibgarde praktiziert. Abgesehen davon, dass Ihr Eure Muskeln kräftigt und dehnt, werdet Ihr sie sicherlich auch meditativ und beruhigend finden.«
Erleichtert atme ich aus. » Gut. Etwas Meditatives und Beruhigendes könnte ich schon jetzt gebrauchen.«
» Dreht Euch um.« Von hinten berührt er meinen rechten Arm und hebt ihn bis auf Schulterhöhe. » Ich werde Euch durch die Bewegungen führen.«
Aber irgendetwas hat sich verändert. Plötzlich bin ich mir der Wärme seiner Nähe, dem Geruch von Nerzöl und Aloe-Rasiercreme, der Berührung seiner schwieligen Finger viel zu sehr bewusst. Und ich muss zugeben, dass die langsame, an einen Tanz erinnernde Aufwärmübung der Königlichen Leibgarde mit Hector als Partner überhaupt nichts Beruhigendes an sich hat.
13
A m Abend schicke ich Mara früh ins Bett, damit sie ihrer Wunde etwas Ruhe gönnen kann. Ximena hilft mir in mein Nachtgewand und verlässt dann meine Gemächer, um sich mit Vater Nicandro und Vater Alentín auch spätnachts noch einmal in muffige Dokumente zu vertiefen.
Trotz allem, was geschehen ist, trotz meiner Zweifel an Gott und an seinem Willen und an seinen Worten, finde ich in der Scriptura Sancta eigentlich stets Ruhe und Trost nach den Anstrengungen eines Tages, und ich freue mich jeden Abend darauf, vor dem Schlafengehen noch einige Seiten bei Kerzenlicht zu lesen.
Aber heute bin ich zu unruhig dazu. Die Worte verschwimmen auf den Seiten. Nachdem ich mehrmals denselben Satz gelesen und ihn immer noch nicht verstanden habe, lasse ich das Manuskript auf die Decke sinken und schwinge meine Beine über den Bettrand. Dann nehme ich die Kerze in ihrem Messinghalter vom Nachttisch und gehe zum Atrium hinüber.
Im Durchgang erkläre ich den Wachen: » Ich wäre gern ungestört.« Sie drehen sich pflichtschuldig um, als ich das Atrium betrete.
Das Wasser in meinem Badebecken ist wie immer leicht in Bewegung und schimmert blau, und ich weiß, auch ohne den Blick zum Oberlicht zu wenden, dass der Mond voll oder zumindest fast voll sein muss. Als ich mich mit meiner Kerze nähere, spiegeln sich die kleinen Lichtreflexe der Flamme tanzend auf
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