Die Feuertaufe
ausgeprägt als bei den meisten anderen Katzen. Keine fünfundzwanzig Zentimeter vom Teller entfernt blieb er kurz stehen. Seine Schnurrhaare zuckten, sein Schweif schlug hin und her. Zweifellos war Nimitz hin- und hergerissen zwischen der puren Gier und dem Versuch, nach wie vor den Eindruck langmütigen Märtyrertums aufrechtzuerhalten.
Doch das war natürlich ein äußerst unausgewogener Kampf, und schon zuckte eine langfingrige Echthand vor und packte einen der knackigen grünen Stängel.
»Hab ich dich!«, murmelte Commander Honor Stephanie Harrington leise.
»Willkommen zurück, Everett«, sagte Honor, als Lieutenant Janacek fünfundzwanzig Minuten später ihren Besprechungsraum betrat. Er wollte gerade Haltung annehmen, doch Honor deutete nur auf den Sessel, auf dem vorhin noch Nimitz gelegen hatte.
»Hinsetzen«, sagte sie.
»Danke, Ma’am!«
Der jugendliche Marine ließ sich in den ihm zugewiesenen Sessel sinken. Honor beugte sich ihm ein wenig entgegen, stützte die Unterarme auf die Tischplatte und faltete die Hände.
»Ich habe mir Ihren Bericht angesehen«, fuhr sie fort und kam damit gleich zum Thema. »Jetzt, wo die Silesianer die Verantwortung für Ihre Gefangenen übernommen haben, werden sie ganz gewiss so rasch wie möglich sämtlichen Papierkram und alle Beweismittel haben wollen. Deswegen dachte ich mir, ich frage Sie einfach, ob es noch irgendetwas gibt, das man zu den bisherigen Unterlagen hinzufügen sollte.«
Janacek antwortete nicht sofort, und Honors rechte Augenbraue zuckte einige Millimeter nach oben. Nimitz, der bislang mit einem Stift gespielt hatte, blickte auf, neigte den Kopf zur Seite und stellte die Ohren auf. Kurz schaute Janacek zur Katz hinüber, dann richtete er den Blick wieder auf seine Vorgesetzte.
»Ma’am, ich weiß nicht, ob das in die Unterlagen aufgenommen werden sollte, die für die Sillys bestimmt sind – für die Silesianer, meine ich«, verbesserte er sich rasch.
Vielleicht war er sogar ein wenig errötet, auch wenn das beim Olivton seiner Haut schwer zu erkennen war. Wieder ging Honor durch den Kopf, wie wenig seine Hautfarbe doch zu seinen strahlend blauen Augen passte. Kaum merklich zuckten Honors Mundwinkel, doch sie wusste sich gut zu beherrschen. Sie vermied es, über diesen kleinen Lapsus zu lachen und die Situation für den Lieutenant auf diese Weise noch peinlicher zu gestalten.
»Was ich sagen wollte, Ma’am …«, fuhr er fort, und in seinem Tonfall schwang Dankbarkeit über die Zurückhaltung seiner Vorgesetzten mit, »… ist, dass mir etwas aufgefallen ist, was mir ein wenig … sonderbar vorkam. Irgendwie falsch.«
»›Falsch‹? Was meinen Sie?«, setzte Honor nach.
»Ach, nur … wissen Sie, Ma’am, als wir die Evita übernommen haben, da wirkten diese Piraten nicht sonderlich glücklich mit ihrer Lage. Die mutmaßlichen Piraten, sollte ich wohl sagen.« Es gelang ihm, angesichts dieser Einschränkung, die das silesianische Rechtssystem ihm abverlangte, fast gar nicht mit den Augen zu rollen. »Ich glaube, die meisten von denen haben damit gerechnet, wir würden sie einfach durch die Luftschleuse stoßen«, fuhr er fort. »Als sie dann begriffen haben, dass das doch nicht unsere Absicht war, haben sie sich etwas beruhigt. Aber verdammt nervös waren sie immer noch, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Er blickte seine Vorgesetzte an. Honor nickte. Hätte irgendjemand sie auf frischer Tat bei der Piraterie ertappt, dann wäre sie wohl auch nervös gewesen.
»Aber dann haben sie herausbekommen, dass wir sie nach Saginaw bringen, Ma’am«, fuhr Janacek fort. »Und danach wurden sie auf einmal viel ruhiger.«
»Ach, tatsächlich?«, murmelte Honor.
»Jawohl, Ma’am.« Janacek war sichtlich erleichtert, seine Beobachtungen vorgetragen zu haben, ohne dass seine Vorgesetzte ihm erklärte, er bilde sich da bloß etwas ein. Gleichzeitig jedoch wirkte er, als wäre es ihm beinahe schon lieber gewesen, wenn genau das geschehen wäre.
Und auch Honor hätte sich deutlich wohler gefühlt, wenn sie ihm das hätte erklären können. Doch sosehr der junge Lieutenant auch manchmal voller jugendlichen Ungestüms sein mochte, zu derlei Dingen neigte Janacek einfach nicht. Und wenn man bedachte, wie Piraterie und dergleichen in Silesia gehandhabt wurde, gab es genügend Gründe anzunehmen, dass er mit seinen Beobachtungen recht hatte. Honor fragte sich, warum Admiral Zadawski es anscheinend verabsäumt hatte, Sektorengouverneurin Charnowska
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