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Die Feuertaufe

Die Feuertaufe

Titel: Die Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Und sogar noch deutlicher wusste Honor, was ihr Vater an ihrer Stelle getan hätte, weil es einen Zeitpunkt in seinem Leben gegeben hatte, da er genau eine solche Entscheidung selbst hatte fällen müssen.
    Doch letztendlich lief es nicht darauf hinaus, was ihre Eltern gedacht oder gefühlt hätten. Es ging nicht darum, was sie möglicherweise unternommen hätten, sondern darum, was Honor selbst tun würde. Es ging um diesen Mahlstrom: wie sehr sie ihre Navy liebte, welche tiefe, befriedigende Freude sie aus ihrer Karriere als Ihrer Majestät Offizier zog, dass sie der Königin gegenüber ein immenses Pflichtgefühl empfand, und wie tief verwurzelt ihre eigenen Prinzipien waren. Kühl stellte sie sich der Gefahr, diese Karriere ein für alle Mal einzubüßen. Sie stellte sich der Gewissheit, dass Männer und Frauen, die Honor zutiefst respektierte, sie dafür verurteilen würden, einen Weg eingeschlagen zu haben, der konträr zu der Außenpolitik Ihrer Majestät stand, die zu unterstützen man ihr ausdrücklich befohlen hatte. Und sie erinnerte sich an etwas, das Raoul Courvoisier vor vielen, vielen Jahren auf der Kadettenanstalt zu ihr gesagt hatte.
    »Letztendlich«, hatte er gesagt, »kommt der Zeitpunkt, an dem ein Offizier Ihrer Majestät eine Entscheidung fällen muss. Dann gilt es nicht mehr, nur Befehle zu befolgen, dann kann man sich keinen Rat und keine Hilfe mehr holen. Dann kann man die Verantwortung nicht mehr weitergeben – man muss entscheiden. Man muss seine Wahl treffen. Man muss die Kosten und die Konsequenzen bedenken und dabei im Hinterkopf behalten, dass all jene, die nicht selbst vor Ort waren , ein Urteil abgeben werden, ohne dass es ihnen dabei sonderlich darauf ankommt, sich fair zu verhalten. Das macht einen guten Offizier aus – und einen guten Menschen. Ob richtig oder falsch, ob es der Allgemeinheit zusagen wird oder nicht: Ein Offizier muss wissen, wann Pflichtgefühl, moralische Verantwortung und Rechenschaftspflicht ganz in Übereinstimmung stehen mit der Ehre, die Uniform zu tragen, und dem Eid, den er seinerzeit auf seinen Monarchen und sein Königreich abgelegt hat. Wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, dann muss ein Offizier, der sich seiner Uniform und seines Eides und seines Monarchen als würdig erweisen will, die schwere Entscheidung treffen, in vollem Bewusstsein aller Konsequenzen. Denn wenn er die Entscheidung nicht fällt, dann lässt er all das im Stich … einschließlich sich selbst.«
    Honor bezweifelte, dass Admiral Courvoisier selbst in seinen kühnsten Träumen jemals daran gedacht hatte, einer seiner Zöglinge könne irgendwann mit Mördern und Terroristen im Keller eines silesianischen Fitnessclubs sitzen und plauschen. Doch letztendlich stand eines fest: So schwer diese Entscheidung auch sein mochte, sie war doch zugleich auch einfach, oder nicht?
    »Also«, hörte sie sich selbst völlig ruhig sagen, »dann erzählen Sie mir doch mehr von Ihrem Schiff, Rammbock! Zwo Megatonnen, sagten Sie? Mit etwas von dieser Größe wird es doch gleich viel einfacher, mit der Hawkwing in Reichweite der Plattform zu kommen.«
    Ruhig schaute Honor zu, wie Chief Bonrepaux Kaffee in die Tassen ihrer Ressortoffiziere füllte. Die in diesem Blick liegende Ruhe strafte das, was tatsächlich in Honor vorging, Lügen. Nun griff sie nach ihrer eigenen Tasse: Sie war wie stets mit Kakao gefüllt, den sie nach wie vor jeglichem Kaffee vorzog. Alle ihre Offiziere hingegen – mit Ausnahme von Surgeon Lieutenant Neukirch, der nicht anwesend war – gehörten zur offiziellen Kaffee-Fraktion, genau wie fast der gesamte Rest der Navy. Doch im Augenblick schienen sie alle ein wenig zu beschäftigt, um sich auf ihr Lieblingsgetränk zu konzentrieren.
    Bonrepaux füllte die letzte Tasse, während zwei ihrer Helfer einige Tabletts mit Sandwiches und anderen Imbissen auf den Tisch stellten. Der Chief Steward begutachtete ihre Arbeit, nickte ihnen zustimmend zu und deutete dann wortlos mit dem Kinn Richtung Tür. Die beiden Helfer verschwanden, Bonrepaux blickte sich noch einmal um und folgte ihnen dann schweigend.
    Hinter dem Chief Steward schloss sich die Tür zum Arbeitszimmer des Kommandanten. Honor nippte an ihrem Kakao, während sie der Reihe nach die Männer und Frauen an diesem Tisch nachdenklich anblickte. Sonderlich geräumig war dieses Arbeitszimmer nicht – schließlich war die Hawkwing nur ein Zerstörer, und auch dem Kommandanten eines solchen Schiffes stand nicht allzu viel Platz zur

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