Die Finsteren
Wände. Hatebreed. Killswitch Engage. Slayer. Auf seinem Schreibtisch stapelten sich Taschenbücher. Angst und Schrecken in Las Vegas. Der Electric Kool-Aid Acid Test. The Anarchist’s Cookbook. Und mehrere andere, offensichtlich für Jugendliche ungeeignete Titel. Wohin sie schaute, stieß sie auf schlechte Einflüsse.
Noch etwas, worüber sie sich ausführlich unterhalten mussten, sobald er zurückkam.
Suzie rutschte auf dem Bett zurück, rekelte sich und drehte den Kopf zur Seite, um zum dunklen Fenster und den fahlen Ästen des Baums draußen zu schauen.
Sie ließ den Gürtel los und fuhr sich mit den Fingerspitzen über einen nackten Oberschenkel.
Die schlimmen, verbotenen Gedanken tauchten wieder auf, lebhafter und plastischer denn je.
Sie hoffte, dass Derek bald nach Hause kam.
9
Kent Hickerson durchlebte eine rastlose Nacht. Für ihn war es nicht normal, stundenlang hellwach dazuliegen und an die Decke zu starren. Er empfand es als ärgerlich und frustrierend. Mittlerweile war es fast Mitternacht und er fühlte sich so ausgeschlafen und munter wie sonst in der Schule mitten am Tag.
Er seufzte. »Das ist Scheiße.«
Ob er es einfach aufgeben und eine Weile aufstehen sollte? Vielleicht lief im Fernsehen etwas Interessantes. Oder er gönnte sich einen kleinen Mitternachtssnack. Der Gedanke hatte einen unerwarteten Reiz. Kent schätzte bei allem, was er tat, ein Gefühl von Ordnung. Die Nacht war zum Schlafen da. Erholsame Nachtruhe galt als entscheidend, um tagsüber herausragende Leistungen erbringen zu können. Er hatte vor, eines Tages ein erfolgreicher Mann zu sein. Ein reicher Mann. Um das zu verwirklichen, bedurfte es eiserner Selbstdisziplin.
Bisher hatte sich diese Einstellung ausgezahlt. Seine Zensuren waren überragend, trotzdem wurde er nicht als uncooler Eierkopf wahrgenommen. Bei den Mädchen erfreute er sich großer Beliebtheit, weil er enormen Wert auf Körperpflege legte und stets die richtige Kleidung trug. Er sah immer adrett aus, achtete jedoch sorgfältig darauf, einen Touch von Pseudoabgerissenheit hinzuzufügen. So wollte er den Fluch vermeiden, wie eine prüde Schlaftablette rüberzukommen. Kent zählte zu den beliebtesten Oberstuflern an der Ransom High School, ein Status, der den Takt für den Rest seines Lebens vorgab, davon war er überzeugt.
Und dennoch ...
Der Mitternachtssnack ging ihm nicht mehr aus dem Sinn.
Sein Magen knurrte.
»Scheiß drauf.«
Die einzige vernünftige Möglichkeit, diesen verrückten Drang zu bekämpfen, bestand eindeutig darin, ihm nachzugeben. Er würde aufstehen und sich ein Sandwich machen. Roastbeef. Ein paar knusprige Chips. Morgen Nacht konnte er immer noch in seine übliche Routine zurückfallen. Diese Nacht musste eine einmalige Abweichung von der Norm bleiben. Kent tastete zur Lampe auf dem Nachttisch, schaltete sie ein und blinzelte angesichts der abrupten Helligkeit. Er warf die Decke beiseite und schwang die Beine über den Rahmen des Betts. Eigentlich hatte er vor, direkt in die Küche zu gehen, aber ein willkürlicher Blick bewog ihn, stattdessen aufzustehen und ans Fenster zu treten.
Er zupfte an einem Ende des Vorhangs und spähte hinaus.
Zunächst entdeckte er nichts Bemerkenswertes. Die Gegend präsentierte sich still, unbehelligt von Sirenen oder dem ständigen Lärm von Automotoren und Hupen, die nächtliche Hintergrundmusik seines Stadtlebens als Kind. Wheaton Hills schlief nachts ausgesprochen ruhig und friedlich. Aber was war das? Er nahm eine Bewegung in der schmalen Straße des Wohngebiets wahr. Unmittelbar außerhalb des Lichtkegels der nächstgelegenen Laterne auf der gegenüberliegenden Seite. Er hielt den Blick auf die Stelle gerichtet und hoffte, dass sich die Bewegung noch einmal wiederholte. Mehrere Sekunden verstrichen. Nichts geschah.
Dann tauchten sie auf.
Zwei Personen, ein Junge und ein Mädchen, traten in die Helligkeit. Etwa zwei Sekunden lang hob der grelle Schein der Straßenlaterne ihre Züge deutlich hervor, bevor sie weitergingen und zu undeutlichen Schemen wurden, die sich durch die Nacht entfernten. Der Junge war Mark Bell und wohnte im Haus auf der anderen Straßenseite. Marks Vater war eine große Nummer, eine Führungskraft bei Stanton. Das Mädchen hatte Kent als Natasha Wagner erkannt.
Er glaubte sich mit ziemlicher Sicherheit zu erinnern, dass sie ebenfalls in Wheaton Hills wohnte, einige Straßen weiter in einem der neueren Abschnitte. Gelegentlich sah er sie auf den Gängen der Ransom
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