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Die Finsteren

Die Finsteren

Titel: Die Finsteren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bryan Smith
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Schrank. Von einem Haken ergriff sie einen der Gürtel und wickelte sich ein Ende zweimal um die rechte Hand. Das Ende mit der Schnalle baumelte hinab und strich über den Boden. Leise verließ sie das Schlafzimmer. Sie hatte entschieden, ihren ahnungslosen Mann nicht zu wecken. Er würde nicht das Rückgrat besitzen, zu tun, was getan werden musste. Falls ihr Sohn tatsächlich schwul war, wollte sie ihm hier und jetzt seine Perversität aus dem Leib peitschen.
    Oben versuchte sie, den Türknauf zu drehen, doch er war verriegelt und bewegte sich nicht. Natürlich. Der Junge riskierte es nicht, bei einer perversen Handlung auf frischer Tat ertappt zu werden. Tja, Pech gehabt. Suzie hatte selbst einige Tricks auf Lager.
    Der Raum auf der gegenüberliegenden Seite des Gangs wurde hauptsächlich als Abstellkammer genutzt. Kartons und verschiedenstes Gerümpel türmten sich darin. Sie betrat ihn, schaltete das Licht ein und bahnte sich einen Weg zwischen den planlos aufeinandergestapelten Hindernissen, bis sie zu einem kleinen, in eine Ecke gezwängten Schreibtisch gelangte. Die oberste Schublade enthielt eine Ansammlung größtenteils nutzloser Gegenstände. Sie kramte durch den bunt zusammengewürfelten Tand. Bald stieß sie am Boden der Schublade auf etwas perfekt Geeignetes: eine Haarnadel.
    Das Schloss der Zimmertür ihres Sohns war denkbar primitiv und nicht besonders sicher. Suzie schob die Haarnadel durch ein Loch in der Mitte des Knaufs und stocherte nach dem Schließmechanismus. Sie entdeckte ihn, drückte und hörte, wie sich das Schloss mit einem Klicken öffnete.
    Lächelnd drückte sie die Tür auf und trat ein. Ihr Lächeln verblasste, als sie das Licht einschaltete und erkannte, dass sich ihr Sohn nicht im Raum befand.
    Also schlich Derek doch heimlich raus.
    Suzie verspürte eine befremdliche Enttäuschung, ihn nicht in einer kompromittierenden Situation erwischt zu haben. Sie hatte sich darauf gefreut, den Jungen mit dem Gürtel auszupeitschen. In ihr steckte eine Menge Wut. Und Frust. Sie brauchte ein Ventil. Manchmal kam ihr Derek dafür gerade recht. Normal konnte das allerdings nicht sein. Die meisten Menschen hätten sie als verrückt abgestempelt, wenn sie von ihren Gedankengängen wüssten. Zum Glück konnten die meisten Menschen nicht in ihren Kopf hineinschauen und Suzie versuchte, diejenigen zu meiden, bei denen sie eine solche Fähigkeit vermutete.
    Sie zog die Tür hinter sich zu und trat weiter ins Zimmer hinein.
    »Schon gut, DeeDee.« Das Lächeln kehrte in ihr Gesicht zurück. »Du kommst ja wieder. Dann kümmern wir uns um dich.«
    Weil er trotzdem bestraft werden musste. Der Junge war noch minderjährig und solange er unter ihrem Dach wohnte, würde er nach ihren Regeln leben. Sich mitten in der Nacht aus dem Haus zu schleichen – noch dazu vor einem Schultag –, rechtfertigte ein gewisses Maß an Zurechtweisung. An Disziplinierung.
    Suzie setzte sich auf den Rand des extrabreiten Betts ihres Sohns, zupfte am Saum des Seidennachthemds und zuckte beim plötzlichen Geräusch ihres eigenen Lachens überrascht zusammen. Sie wirkte wie eine Frau, die einen Mann verführen wollte, nicht wie eine besorgte Mutter, die kam, um ihren eigensinnigen Sohn zu bestrafen. Was Derek wohl davon gehalten hätte? Vielleicht täte es ihm ganz gut. Sie mochte seine Mutter sein, klar, aber sie war auch überaus attraktiv, verfügte über eine kurvige, weibliche Figur. Irgendwann musste ein Junge in seinem Alter auch mal eine erwachsene Frau in leichter Schlafbekleidung zu Gesicht bekommen.
    Sie lächelte, als das Gefühl der Unanständigkeit zurückkehrte.
    Vielleicht brauchte sie den Gürtel gar nicht.
    Vielleicht entschied sie sich für eine andere Form der Disziplinierung, wenn ihr Sohn zurückkam. Immerhin gab es keine handfesten Beweise dafür, dass ihr Sohn nicht auf Frauen stand. Und sie wäre wohl kaum die erste Mutter, die ...
    Sie runzelte die Stirn.
    Es passierte schon wieder.
    Ihr war bewusst, dass solche Gedanken jeden, der davon erfuhr, empören oder entsetzen würden. Suzie durchlebte einen Moment tief greifender Angst. Aber er verstrich und die Angst legte sich. Sie war allein. Es befand sich niemand in der Nähe, der ihre Gedanken aufschnappen konnte. Und die kosmischen Kräfte, die sie ständig schikanierten, konnten ihr nichts anhaben, solange sie nur still hier saß und wartete.
    Also harrte sie auf der Matratze aus und betrachtete seine Besitztümer. Poster von Rockbands zierten die

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