Die Finsteren
Arbeit warst.«
»Du lügst, du Drecksau.«
»Sie hat mir erzählt, dass sie jede Gelegenheit zum Fremdgehen nutzte, weil dein winziger Schwanz nicht genug war, um sie zu befriedigen. Außerdem hat sie mir gesagt, dass du es abartig magst. Du lässt dich gern fesseln und misshandeln. Ich persönlich finde ja, das ist was für Perverse und gottlose Kommunisten, aber jedem das Seine, Frank.«
Frank stockte der Atem. Er schniefte. »Nein ... du lügst.«
Allerdings lag nicht mehr viel von der anfänglichen Überzeugung in seiner Stimme.
Roger griff in seine Jackentasche und zog ein Päckchen Pall Mall heraus. Er zündete sich eine Zigarette an und atmete eine dichte Wolke des aromatischem Rauchs aus. Dazu gab er einen Laut der Befriedigung von sich. »Schon besser. Überdeckt zwar nicht ganz den Dämonengestank, macht ihn aber eindeutig erträglicher. Ja, das Wesen in deiner Frau ist ein Dämon. Noch dazu ein ziemlich übler. Ich habe ihn beschworen.«
»Das ist Wahnsinn.«
»Ist es nicht. Du wirst doch wohl deinen eigenen Augen trauen?« Roger blies eine weitere Rauchwolke aus. »Der größte Teil meiner Vorfahren stammt aus Rumänien. Das Alte Land, wie es meine Ahnen nannten. Hast du gewusst, dass Campbell nicht mein Geburtsname ist? Mein richtiger Familienname lautet Antonescu. Den Namen habe ich abgelegt, aber mir das geheime Wissen bewahrt, das seit Jahrhunderten von Generation zu Generation weitergegeben wird. Familiengeheimnisse. Alte Bauernweisheiten. Dazu gehören auch brauchbare Grundkenntnisse über Dämonologie.«
»Was willst du von mir?«
Roger lächelte. »Ah, du hast es kapiert, nicht wahr?«
Das hatte er. Und zu Franks Erstaunen verflüchtigte sich damit ein Großteil seines Schreckens, obwohl der Dämon noch immer auf ihm hockte. »Lebend bin ich für dich nützlicher als tot.«
Roger zeigte mit einem Finger auf ihn und schnippte den Daumen nach unten, ahmte das Abfeuern einer Pistole nach. »Volltreffer.«
»Sag mir, was du willst. Ich mache alles.«
Und er meinte es ernst. Eleanor war für ihn unwiederbringlich verloren. Selbst wenn es die Möglichkeit gab, wollte er sie nicht zurück. Dieses dreckige, verlogene Miststück. Aufmerksam lauschte er, als Roger ihm seine Pläne für die Stadt erklärte. Es überraschte Frank kaum, wie wenig ihn das Gehörte beunruhigte. Er fühlte sich nicht länger wie der Mann, der er noch bis vor wenigen Tagen gewesen war.
In vielerlei, ganz grundsätzlicher Hinsicht war er das auch nicht mehr.
Eine Tatsache, die sich wenig später bestätigte, als Roger dem Dämon befahl, Eleanors Körper zu verlassen. Frank wurde von seinen Fesseln befreit, während seine verwirrte und verängstigte Frau angesichts der Schmerzen und der Wunden, die man ihrem Körper zugefügt hatte, jammerte und stöhnte.
Zittrig streckte Eleanor eine Hand nach ihm aus. Ihr trüber Blick flehte ihn um Trost und Bestärkung an. »Frank ... ich ...«
Ein Knall ertönte und ihr Kopf explodierte.
Roger Campbell senkte eine Pistole.
Frank schloss die Augen und lauschte dem selbstgefälligen Gelächter seines neuen Meisters.
Teil I: Nachts kommen sie heraus
1
Etwas regte sich in der Dunkelheit, das Aufflackern eines Bewusstseins nach einem langen, langen Schlaf. Ein schwaches Zucken einer schlummernden Macht, als das Wesen erwachte und geistige Fühler ausstreckte, um die Grenzen seiner Umgebung auszuloten, sich wieder mit dem Grundriss dieses Ortes vertraut zu machen. Dieses finsteren Ortes. Es war hier gefangen. Eingekerkert. Weggeschlossen unter der Erde, verdammt, die Ewigkeit ganz allein in diesem elenden Teil der Hölle zu verbringen.
Nein.
Nicht die Ewigkeit.
Denn es konnte nicht sterben. Nicht wirklich. Nicht vollständig. Es ließ sich nicht dauerhaft vernichten, wie man beispielsweise die Lebenskraft eines kriechenden Käfers so herrlich einfach auslöscht, indem man ihn unter dem Absatz zu körnigem, schleimigem Brei zermalmt.
Das Wesen in der Dunkelheit konnte nicht ausgelöscht werden, aber es konnte gebannt werden.
Es konnte eingeschlossen werden.
So wie man es an diesem finsteren Ort ein halbes Jahrhundert lang eingeschlossen hatte. Ein Aufbrausen von Wut versetzte es für einige Momente in einen Zustand fast vollständigen Bewusstseins. Ein Mensch hatte es hier festgesetzt. Ein Mensch . Eines dieser erbärmlichen, quäkenden kleinen Geschöpfe. Das Wesen war zum Narren gehalten worden, überlistet von einer so unendlich minderwertigen Kreatur, dass sich
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