Die Finsternis
zwischen den schäbigen Ständen um. »Das hier ist wirklich der einzige Ort, an dem sie etwas einkaufen können.«
Gemma näherte sich langsam dem Balken, an dem ich stand, um ebenfalls auf die Lagune hinauszusehen. »Die dahinten gehören aber nicht den Surfs.« Sie zeigte auf ein paar kleine Jachten und Segelboote in der Ferne, die außerhalb der Ruinen vor Anker lagen, genau dort, wo der Schuttwall an ein Stadion grenzte.
»Die kommen wahrscheinlich von der Küste«, stimmte ich ihr zu. Von dem Stadion ging ein Leuchten aus. »Da ist irgendwas im Gange.«
»Und die da sind auf dem Weg dorthin.« Gemma deutete hinunter auf eine Flotte aus zusammengeflickten Booten, die voller Surfs waren und lautlos auf das Stadion zufuhren. »Vielleicht findet dort ein weiterer Boxkampf statt.«
In diesem Moment machte es bei mir Klick. »Gabion hat nicht nur gesagt, dass ich zu den Hardluck Ruinen kommen soll. Er sagte: am Abend . Was auch immer er mir zeigen wollte, es muss im Stadion sein.«
Dorthin gelangte man wieder über eine Hängebrücke, doch die konnte man nur ein Stockwerk tiefer betreten. Ich nahm Gemmas Hand. »Lass uns nachsehen, was dort vor sich geht.«
Wir kletterten eine weitere Strickleiter hinunter und machten uns auf den Weg zur Brücke. Doch als wir an einem ausladenden Marktstand vorbeikamen, der fast die gesamte Etage einnahm, blieb ich noch einmal stehen. Dieser Stand war nicht nur zehnmal größer und ausgefallener als die anderen, die wir gesehen hatten, hier war es auch noch brechend voll.
Ich schlüpfte durch die flatternde Plane hinein und sah Körbe und Eimer voller Meeresfrüchte, aber auch Tische, die mit zahlreichen anderen Waren überhäuft waren – Stoffballen, Werkzeuge, sogar Maschinenteile.
Im hinteren Bereich warf ein untersetzter Mann mit Schürze Thunfisch auf einen Hackblock und trennte mit einem Filetiermesser das Fleisch des Fischs mit nur einem Schnitt von den Knochen.
»Was ist so interessant?«, fragte Gemma hinter mir.
»Nichts.« Meine Neugierde war befriedigt und ich wandte mich zum Gehen. Da bemerkte ich einen Trog neben mir. Die Meeresalgen darin waren frisch geerntet. Die hauchdünnen Farnwedel hatten eine bräunlichgrüne bis violettschwarze Färbung. Als Sohn unterseeischer Farmer kannte ich mich gut aus mit Meeresalgen. Das hier war Seetang, der gekocht oder in Essig eingelegt richtig gut schmeckte und auch zum Brotbacken geeignet war. Viel wichtiger war aber, dass er auf dieser Seite des Atlantiks normalerweise nicht wuchs. Viele Siedler hatten Seetangfelder auf ihren Grundstücken angelegt, aber keiner von ihnen hatte so viele Hektar angebaut wie meine Familie. Jetzt, da ich die drei langen, fast überquellenden Tröge betrachtete, war ich mir absolut sicher, dass dies der Seetang war, den Dad und ich vor zwei Tagen geerntet hatten.
»Wer betreibt diesen Stand?«, erkundigte ich mich.
Der korpulente Mann legte sein Messer zur Seite und kam hinter dem Hackblock hervor. Er war viel zu wohlgenährt, um ein Surf zu sein. »Was willst du?«
»Woher haben Sie diesen Seetang?«
»Was geht dich das an?«
»Er ist frisch, also muss er hier in der Nähe gewachsen sein. Woher kommt er?«
»Komm her und ich zeige es dir.« Er griff nach seinem Messer und kam auf mich zu.
»Lauf!«, rief Gemma und rannte in Richtung Hängebrücke. Ich folgte ihr dicht auf den Fersen.
»Du läufst in eine Sackgasse, Bürschchen«, schrie der Mann. »Der einzige Weg zurück führt über diese Brücke und ich werde genau hier warten, damit du dir deine Antwort abholen kannst.«
22
Wir stolperten über die Brücke und rannten auf zwei Laternenmasten am anderen Ende zu.
Erleichtert, dass wir nicht verfolgt wurden, blieben wir kurz stehen und sahen den Surfs dabei zu, wie sie ihre Boote unter der Brücke festmachten und an einer herabbaumelnden Leiter zu einem Vorsprung in der Stadionfassade hinaufkletterten. Dort musste sich einst die Fensterfront des obersten Stockwerks befunden haben.
Als die Surfs durch eine der großen, scheibenlosen Fensteröffnungen kletterten, eilten Gemma und ich über die Brücke hinter ihnen her, doch bevor wir das Ende erreicht hatten, wurden wir von einer männlichen Stimme aufgehalten.
»Ach, wen haben wir denn da?« Ein stämmiger Kerl trat aus dem Schatten hervor in den Schein der Laternen. Er hielt eine Geldkassette in der Hand und strahlte vor Vergnügen – Ratter. Man hätte denken können, er habe gerade einen lebenslangen Vorrat an Kaugras
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