Die Flamme erlischt
hatten, denjenigen Männern die Haut abzuziehen, von denen sie einst mit Waffen versorgt und unterrichtet worden waren.
Heute sind wir auf diese Jagd nicht mehr stolz, aber wir können die Gründe verstehen. Seit der Zeit des Feuers und der Dämonen war kein Krieg in unserer Geschichte länger und blutiger. Es war eine Zeit großen Leids und noch größeren Hasses, und sie zerstörte die Hochleibeigenenliga. Die Eisenjadeversammlung erklärte die Kimdissi zu Menschen. Dann zog sie sich aus der Liga zurück, denn sie konnte die Jagden nicht länger billigen. Rotstahl folgte bald darauf. Die Spottmenschenschlächter bestanden nur aus Braiths und Shanagates, und von da an war der Shanagate-Trutz mit sich in der Liga allein. Vikors Banner wurde vergessen, bis das Festival uns wieder daran erinnerte.« Hier unterbrach Janacek seine Erzählung und sah Dirk in die Augen. »Können Sie die Wahrheit jetzt erkennen, t'Larien?«
»Ich kann verstehen, warum Kavalaren und Kimdissi einander nicht leiden können«, gab Dirk zu.
Janacek lachte. »Es geht über Ihr Geschichtsverständnis hinaus«, sagte er. »Kimdiss hat keine Kriege geführt, aber diese Welt hat Blut an den Händen. Als Tober-im-Schleier Wolfheim angriff, unterstützten die Manipulatoren beide Seiten. Als auf pi-Emerel zwischen den Urbaniten, deren Universum ein einziges Gebäude ist, und den Sternensuchern, die nach erweitertem Horizont strebten, der Bürgerkrieg ausbrach, hatte Kimdiss wieder die Finger im Spiel und versorgte die Urbaniten mit kriegsentscheidendem Material.« Er grinste. »Ehrlich, t'Larien, es gibt sogar Gerüchte, wonach Kimdiss innerhalb des Schleiers seine Fäden spinnen soll. Man sagt, daß Agenten von Kimdiss die Stahlengel und die Veränderten Menschen von Prometheus gegeneinander aufgehetzt haben sollen, daß sie es waren, die den Vierten Cuchulainn von Tara absetzten, weil er sich weigerte, mit ihnen Handel zu treiben, daß sie auf Braque eingriffen, um die sich langsam regende technologische Entwicklung unter das Joch der Braquepriester zu zwingen. Kennen Sie die alte Religion von Kimdiss?« »Nein.«
»Die würde Ihnen bestimmt gefallen«, sagte Janacek. »Ein außerordentlich komplexes Credo, friedlich und ungeheuer zivilisiert. Danach kann alles gerechtfertigt werden, nur persönliche Gewalttaten nicht. Ihr großer Prophet, der Sohn des Träumers – als mythische Figur verehrt, obwohl seine Lehren ins Gegenteil verkehrt wurden – sagte einst: ›Erinnert euch daran, euer Feind hat seinerseits einen Feind.‹ Das trifft genau zu. Und das nahmen sich die Kimdissi sehr zu Herzen, es ist der Kern ihrer Philosophie.«
Dirk bewegte sich unruhig auf seinem Sitz. »Und Sie meinen, daß Ruark ...«
»Ich meine gar nichts«, unterbrach ihn Janacek. »Ziehen Sie Ihre eigenen Schlüsse. Meine brauchen Sie nicht zu übernehmen. Gwen Delvano habe ich das früher auch alles gesagt. Weil sie meine cro-betheyn war und ich mich um sie sorgte. Sie war ziemlich erheitert. Die Geschichte, meinte sie, besage überhaupt nichts. Arkin Ruark stünde nur für sich selbst und nicht für einen Archetypus der Außenweltgeschichte. Dann weihte sie mich ein. Er war ihr Freund, mußte ich hören, und dieser Bund, diese Freundschaft« – seine Stimme ätzte wie Säure, als er dieses Wort aussprach – »wog irgendwie mehr als die Tatsache, daß er ein Lügner und Kimdissi war. Gwen empfahl mir, die Geschichte meines eigenen Volkes anzusehen. Falls die bloße Tatsache, als Kimdissi geboren zu werden, aus Arkin Ruark einen Manipulator mache, dann sei ich ein Sammler von Spottmenschenköpfen, weil ich ein Kavalare bin.« Dirk überlegte kurz. »Da hatte sie nicht ganz unrecht«, sagte er leise. »Oh? Tatsächlich?«
»Ihr Argument war richtig«, sagte Dirk. »Wie es scheint, täuschte sie sich in Ruark, aber im allgemeinen ...«
»Im allgemeinen ist es besser, allen Kimdissi zu mißtrauen«, sagte Janacek selbstsicher. »Man hat Sie betrogen und ausgenutzt, t'Larien, und Sie ziehen keine Lehren daraus. Sie gleichen Gwen aufs Haar. Genug davon jetzt.«
Mit dem Knöchel seines Zeigefingers pochte er auf einen der Sichtschirme. »Die Berge liegen direkt vor uns. Nun dauert es nicht mehr lange.«
Dirk hielt sein Lasergewehr krampfhaft umfaßt. Er begann zu schwitzen und mußte die Handflächen an der Hose abwischen. »Haben Sie einen Plan?«
»Ja«, sagte Janacek grinsend. Und damit lehnte er sich zu Dirk hinüber und schnappte sich den Laser von Dirks Beinen.
Weitere Kostenlose Bücher