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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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würden, bevor die große Kälte wieder einsetzte, und man wollte sie dann nach Hoch Kavalaan zurückbringen. Es hat nicht geklappt. Der Banshee ist ein schreckliches Raubtier. Auf seiner Heimatwelt kann er sich mit dem Menschen messen, aber auf Worlorn wurde er in seinem eigenen Revier von kimdissianischen Baumgeistern bedroht.«
    »Die meisten Kavalaren halten den Banshee nur für eine Plage und Bedrohung«, erklärte Jaan Vikary. »Dort, wo er in freier Natur vorkommt, tötet er oftmals Menschen, und die Jäger von Braith und Rotstahl und dem Shanagate-Trutz halten den Banshee für ein ideales Jagdwild. Es gibt nur eine Ausnahme. Eisenjade war schon immer anderer Meinung. Es gibt eine alte Legende aus der Zeit, wo Kay Eisen-Schmied und sein teyn Roland Wolf-Jade in den Bergen von Lameraan allein gegen eine Armee von Dämonen kämpften. Kay stürzte und Roland, der über ihm wachte, war einen Augenblick lang geschwächt, als aus den Bergen die Banshees herbei geflogen kamen. Sie tauchten in solch großer Zahl auf, daß ihre schwarzen Leiber die Sonne verdunkelten. Hungrig fielen sie über die Dämonenarmee her und fraßen nacheinander alle Dämonen auf. Nur Kay und Roland ließen sie am Leben. Später dann, als diese teyn und -teyn ihre Frauenhöhle gründeten und den ersten Eisenjade-Festhalt ins Leben riefen, wurde der Banshee ihr Brudertier und Siegelsymbol. Kein Eisenjade hat seither einen Banshee getötet. In der Legende heißt es, wann immer ein Mensch von Eisenjade in Lebensgefahr schwebt, wird ein Banshee auftauchen, um ihn zu schützen und zu leiten.«
    »Eine hübsche Geschichte«, meinte Dirk.
    »Es ist mehr als nur eine Geschichte«, sagte Janacek. »Zwischen Eisenjade und den Banshees besteht ein enger Bund, t'Larien. Vielleicht ist diese Bindung psionischer Natur, vielleicht beruht sie auf Gefühlen, vielleicht ist alles nur Instinkt. Ich will mich nicht rühmen, es zu wissen. Aber dennoch existiert diese Bindung.«
    »Aberglaube«, bemerkte Gwen. »Du darfst Garse das wirklich nicht allzu übel nehmen. Es ist nicht seine Schuld, daß er nur wenig Bildung besitzt.«
    Dirk strich Paste auf seinen Zwieback und beobachtete Janacek dabei. »Jaan erwähnte, er sei Historiker, und ich weiß, was Gwen macht«, sagte er. »Wie steht es mit Ihnen? Was machen Sie?« Die blauen Augen starrten unbeweglich. Janacek sagte nichts.
    »Ich habe den Eindruck, daß Sie kein Ökologe sind«, fuhr Dirk fort.
    Gwen lachte.
    »Dieser Eindruck trifft bis ins Detail zu, t'Larien«, sagte Janacek. »Was machen Sie dann auf Worlorn? Und überhaupt« – damit sah er zu Jaan Vikary hinüber –, »was findet ein Historiker an einem Ort wie diesem so reizvoll?«
    Vikary wog seinen Bierbecher zwischen den großen Händen und trank aus ihm gedankenvoll. »Das ist schnell gesagt«, antwortete er. »Ich bin hochleibeigener Kavalare der Eisenjadeversammlung, der durch Jade-und-Silber mit Gwen Delvano verbunden ist. Der Rat der Hochleibeigenen sandte meine betheyn nach Worlorn, daher ist es nur natürlich, daß sich mein teyn und ich ebenfalls hier aufhalten. Verstehen Sie?« »Ich glaube schon. Sie leisten also Gwen Gesellschaft?« Janacek konterte sehr aggressiv. »Wir beschützen Gwen«, sagte er mit eisiger Stimme. »Im Normalfall nur vor ihrer eigenen Torheit. Sie sollte überhaupt nicht hier sein, aber da sie es ist, müssen wir ebenfalls hier sein. Und was Ihre vorige Frage anbelangt, t'Larien, so bin ich ein Eisenjade, teyn von Jaantony Hoch-Eisenjade. Ich kann alles unternehmen, was mein Festhalt von mir verlangt: jagen oder anpflanzen, mich duellieren, Hochkrieg gegen unsere Feinde führen, Babys in den Bäuchen unserer eynkethi machen. Das alles kann von mir verlangt und ausgeführt werden. Was ich bin, wissen Sie schon. Ich habe Ihnen meinen Namen genannt.«
    Vikary warf ihm einen Seitenblick zu und gebot ihm mit einer ruckartigen Bewegung seiner rechten Hand zu schweigen. »Sehen Sie uns als späte Touristen an«, empfahl er Dirk. »Wir studieren und wir wandern. Wir streifen ziellos durch Wälder und tote Städte, wir vertreiben uns die Zeit. Wir würden Banshees einfangen, damit sie nach Hoch-Kavalaan zurückgebracht werden können. Wir haben bisher nur keine Banshees ausmachen können.« Er stand auf und leerte dabei seinen Becher. »Der Tag wird älter, und wir sitzen herum«, sagte er, nachdem er den Becher auf den Tisch zurückgestellt hatte. »Wenn Sie die Wildnis besuchen wollen, sollten Sie das gleich tun. Selbst

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