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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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waren. Lorimaars Fahrzeug funktionierte noch, obwohl darin mehrere tote Braithhunde lagen. Wir säuberten es und ergriffen Besitz davon. Mein teyn folgte mir in unserem eigenen Luftwagen.« Vikary nickte.
    »Das sind außergewöhnliche Vorkommnisse«, sagte der Mann. Er betrachtete die drei mit unverhohlenem Interesse. Ungemütlich lange blieb sein Blick auf Dirk und dann auf Gwens schwarzem Eisenarmreif haften, aber er gab weder zu dem einen noch zu dem anderen einen Kommentar ab. »In letzter Zeit sieht man nur noch wenige Braiths, weniger als üblich – und jetzt finden wir zwei von ihnen erschlagen vor.«
    »Wenn Ihr lange genug sucht, werdet Ihr noch andere finden«, sagte Gwen. »Sie gründen einen neuen Festhalt«, fügte Dirk hinzu. »In der Hölle.«
     
    Als der Mann sich wieder auf den Weg gemacht hatte, begannen sie langsam zum Wachtturm zurückzugehen.
    Keiner sprach. Aus ihren Füßen wuchsen lange Schatten, die ihnen über die traurig-roten Straßen folgten. Gwen machte den Eindruck, als sei sie völlig erschöpft. Vikary dagegen war ganz aufgeregt, er hielt sein Gewehr mit beiden Händen, so daß er es mit einer Bewegung hochreißen und abfeuern konnte, sollte Bretan Braith ihnen plötzlich den Weg verstellen. Vorsichtig spähte er in jede Seitengasse und dunkle Ecke, an der sie vorbeikamen. Wieder in der Helligkeit ihres Gemeinschaftszimmers, ließen sich Gwen und Dirk zu Boden sinken, während Jaan einen Augenblick nachdenklich im Türrahmen stehenblieb. Dann legte er die Waffen ab und brachte eine Flasche Wein zum Vorschein, Wein derselben scharfen Sorte, die er mit Garse und Dirk in der Nacht vor dem Duell, das niemals stattfand, getrunken hatte. Er goß drei Gläser voll und reichte sie herum. »Trinkt«, sagte er und hob sein eigenes Glas zu einem Toast. »Wir nähern uns der Entscheidung. Jetzt ist nur noch Bretan Braith übrig. Bald wird er bei Chell sein, oder ich bei Garse. In jedem Fall wird es Frieden geben.« Er leerte schnell sein Glas. Die anderen nippten nur. »Ruark sollte mit uns trinken«, verkündete Vikary plötzlich beim Nachfüllen. Der Kimdissi hatte sie nicht zu ihrem mitternächtlichen Rendezvous begleitet. Er war jedoch nicht aus Furcht zurückgeblieben, wenigstens dieses Mal nicht, dachte Dirk. Ruark war von Jaan geweckt worden und hatte sich im Beisein der anderen in seinen feinsten Seidenanzug gekleidet, und ein kleines scharlachrotes Barett aufgesetzt. Aber als Vikary ihm an der Tür ein Gewehr übergab, sah er es nur mit seltsamem Lächeln an und gab es zurück. Dann hatte er gesagt: »Ich habe meinen eigenen Kodex, Jaantony, und den müssen Sie respektieren. Danke schön, aber ich werde lieber hierbleiben.« Diese Erklärung brachte er mit einer gewissen Würde hervor, und unter seinem weißblonden Haar sahen die Augen beinahe fröhlich aus. Jaan trug ihm auf, weiter vom Turm aus Wache zu halten, und Ruark gab sich damit zufrieden. »Arkin haßt Kavalarwein«, antwortete Gwen mürrisch auf Jaans Vorschlag.
    »Das spielt keine Rolle«, entgegnete Jaan. »Dies ist Verbindung von kethi, keine Party. Er sollte mit uns trinken.« Er setzte das Weinglas ab und kletterte leichtfüßig die Leiter zum Ausguck hinauf. Als er einen Augenblick später wieder auftauchte, geschah das auf weniger graziöse Weise. Den letzten Meter ließ er sich einfach fallen. »Ruark wird nicht mit uns trinken«, verkündete er. »Ruark hat sich erhängt.«
     
    An diesem ungewöhnlichen Morgen, dem achten ihrer Wache, war es Dirk, der spazierenging. Er ging jedoch nicht in die Stadt hinab. Statt dessen schlenderte er auf der Stadtmauer entlang. Sie war drei Meter dick und bestand aus schwarzem Basalt, auf dem mächtige Glühsteinplatten ruhten, und so bestand keine Gefahr, daß er hinunterfiel. Dirk war allein auf Wache (Gwen hatte Ruarks Leiche vom Seil geschnitten und danach Jaan zu Bett gebracht), und als die erste der gelben Sonnen aufging und die Feuer der Nacht erloschen, starrte er auf jene Mauern hinaus, den Laser in der Hand, das Fernglas um den Hals. Der Drang war plötzlich über ihn gekommen. Bretan Braith würde nicht zur Stadt zurückkommen, soviel schien sicher zu sein, die Wache war nun eine sinnlose Formalität geworden. Er lehnte das Gewehr neben dem Fenster gegen die Wand, zog sich warm an und ging nach draußen. Sein Weg war lang. In regelmäßigen Abständen erhoben sich andere Wachttürme, die genauso aussahen wie ihr eigener. Er passierte sechs von ihnen und schätzte die

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