Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
Vom Netzwerk:
so weit entfernt und unverwickelt in die Geschehnisse. Er konnte sich gut vorstellen, wie sie ihrem Festhalt auf Hoch Kavalaan Bericht erstatteten und vom langweiligen und ereignisarmen Leben auf Worlorn erzählten. Für sie hatte sich nichts verändert, Kryne Lamiya mußte wohl noch immer seine heulenden Klagelieder singen und Challenge vor Licht, Leben und Lockungen nur so strotzen. Er beneidete sie. Am dritten Tag erwachte Dirk aus einem besonders schrecklichen Alptraum, in dem er allein Bretan abzuwehren hatte. Danach konnte er nicht mehr einschlafen. Gwen, die ebenfalls frei hatte, ging unablässig in der Küche auf und ab. Dirk schenkte sich einen Krug von Vikarys Bier ein und lauschte eine Zeitlang ihren Schritten. »Sie müßten schon hier sein«, beklagte sie sich, als er zu ihr trat. »Ich kann einfach nicht glauben, daß sie immer noch nach Jaan suchen. Es muß ihnen doch dämmern, was geschehen ist! Warum sind sie noch nicht hier?« Dirk konnte nur mit den Schultern zucken und der Hoffnung Ausdruck geben, daß sich niemand zeigen möge, die Ankunft der Teric neDahlir stand kurz bevor. Als er das erwähnte, fuhr sie ihn wütend an. »Das ist mir egal!« fauchte sie, aber dann rötete sich ihr Gesicht, und beschämt setzte sie sich neben ihn an den Tisch. Unter ihrem breiten grünen Stirnband blickten die Augen aus tiefen Höhlen. Sie faßte ihn bei der Hand und erzählte ihm stockend, daß Vikary sie seit Janaceks Tod nicht berührt hatte. Dirk versuchte sie zu trösten. An Bord des Sternenschiffes, wenn sie Worlorn sicher verlassen hatten, würde sich das ändern, meinte er. Gwen lächelte, gab ihm recht und fing nach einiger Zeit zu weinen an. Als sie ihn schließlich verließ, ging Dirk zurück, kramte sein Flüster-Juwel hervor und preßte es in der Faust.
    Am vierten Tag stritten sich Gwen und Arkin Ruark auf der Wache, während sich Vikary auf einem seiner gefährlichen Spaziergänge befand. Sie schlug ihm den Kolben des Lasergewehres ins Gesicht, genau auf die Schwellung, die erst in allerjüngster Zeit unter der Behandlung von Eisbeuteln und Salben zurückgegangen war. Ruark kam die Leiter von der Turmspitze heruntergeklettert und murmelte, daß sie wieder verrückt geworden sei und ihm ans Leben wolle. Dirk, aus tiefem Schlaf erwacht, stand im Gemeinschaftsraum. Als ihn der Kimdissi sah, blieb er wie vom Donner gerührt stehen. Keiner von beiden sagte etwas, aber nach diesem Zwischenfall begann Ruark an Gewicht zu verlieren. Dirk war sich sicher, daß Ruark nun wußte, was er zuvor nur vermutet hatte.
    Am Morgen des sechsten Tages teilten sich Ruark und Dirk eine wortlose Wache, als der untersetzte Mann in einem Anfall von Unlust plötzlich seinen Laser durch den Raum warf. »Dreckiges Ding!« rief er aus. »Braiths, Eisenjades – sie sind alle gleich. Kavalartiere sind das, ja. Und Sie, feiner Mann von Avalon, he? Ha! Sie sind kein bißchen besser, Sehen Sie sich nur an! Ich hätte Ihnen Ihr Duell lassen sollen, töten oder getötet werden, wie Sie es wollten. Das hätte Sie doch glücklich gemacht, oder? Kein Zweifel, kein Zweifel! Ich liebte die süße Gwen und machte Sie zu einem Freund. Und wo ist die Dankbarkeit mir gegenüber? Wo bleibt sie, wo?« Seine Wangen wirkten hohl und eingesunken , die bleichen Augen bewegten sich unablässig. Dirk ignorierte ihn, was Ruark zum Schweigen brachte. Aber später, am selben Morgen, nachdem er seinen Laser aufgenommen und einige Stunden gegen die Wand gestarrt hatte, wandte sich der Kimdissi wieder an Dirk. »Auch ich war ihr Liebhaber, müssen Sie wissen. Das hat sie Ihnen nicht gesagt, ich weiß, ich weiß, aber es ist die Wahrheit, die völlige Wahrheit. Auf Avalon, lange bevor sie Jaantony traf und das verdammte Jade-und-Silber entgegennahm, in jener Nacht, in der Sie ihr das Flüsterjuwel schickten. Sie war betrunken, wissen Sie. Wir sprachen und sprachen, und sie trank. Später nahm sie mich mit ins Bett, und am nächsten Tag erinnerte sie sich nicht einmal mehr daran. Stellen Sie sich vor, sie erinnerte sich an nichts mehr. Aber das spielt keine Rolle. Es ist die Wahrheit – auch ich war ihr Liebhaber.« Er zitterte. »Ich habe es ihr nie erzählt, t'Larien, oder es noch einmal bei ihr versucht. Ich bin kein Narr wie Sie. Ich weiß, was ich bin, und daß es eben nur ein Augenblick war. Dennoch existierte er, dieser Augenblick, und ich habe ihr viel beigebracht. Ich war ihr Freund, und ich mache meine Arbeit sehr gut, ja, wirklich.« Er hielt

Weitere Kostenlose Bücher