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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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inne, rang nach Atem und verließ dann schweigend den Ausguck, obwohl er noch eine Stunde Wache abzureißen hatte, bevor Gwen ihn ablösen sollte.
    Als sie schließlich nach oben kam, fragte sie Dirk als erstes, was er zu Arkin gesagt habe. »Nichts«, antwortete dieser wahrheitsgemäß. Dann wollte er den Grund für diese Frage wissen, und sie erzählte ihm, daß Ruark sie weinend geweckt hatte und sie immer wieder anflehte, sie solle ganz sichergehen, daß ihre Arbeit veröffentlicht würde und sein Name auch darunter stehen müsse. Ganz gleich, was er getan habe, sein Name gehöre auch darunter. Dirk nickte und übergab seinen Feldstecher und den Platz hinter dem Fenster an Gwen. Schon bald sprachen sie von anderen Dingen.
    Am siebten Tag fiel die späte Nachtwache Dirk und Jaan Vikary zu. Die Kavalarstadt trug ihr stumpfes Nachtglühen zur Schau. Die Glühsteinboulevards sahen wie schwarze Kristallplatten aus, unter denen rote Feuer brannten. Gegen Mitternacht erschien über den Bergen ein Licht. Dirk betrachtete es eingehend, während es sich der Stadt näherte. »Ich weiß nicht«, sagte er und verstellte die Schärfe. »Es ist zu dunkel, und man kann kaum etwas erkennen. Ich glaube, ich kann die Umrisse eines Verdecks ausmachen.« Er senkte das Fernglas. »Lorimaar?« Vikary stand neben ihm. Der Flugwagen kam näher. Geräuschlos senkte er sich auf die Stadt herab, und nun war seine Silhouette besser zu erkennen. »Es ist sein Gleiter«, sagte Jaan. Sie sahen ihm nach, wie er über die Stadt hinausflog, um einhundertachtzig Grad drehte und auf den Eingang der unterirdischen Landeschleuse am Felsabhang zuhielt. Vikary sah betroffen aus. »Das hätte ich nicht geglaubt«, sagte er. Dann gingen sie hinunter, um die anderen zu wecken.
     
    Der Mann, der aus der Dunkelheit der unteren Betonhallen kam, sah sich plötzlich zwei Lasern gegenüber. Gwen hielt ihre Pistole fast lässig auf ihn gerichtet. Dirk, der mit einem der Jagdgewehre bewaffnet war, hatte auf die Aufzugöffnungen gezielt und stand feuerbereit mit der Waffe im Anschlag. Nur Jaan Vikary war nicht in Feuerstellung, er hielt sein Gewehr mit dem Lauf nach unten in der Hand, seine Handfeuerwaffe steckte im Halfter.
    Die Aufzugtüren schlossen sich hinter ihm, und der Mann blieb vor Schreck reglos stehen. Es war nicht Lorimaar. Dirk hatte ihn noch nie gesehen. Er senkte das Gewehr.
    Der Blick des Mannes wanderte von einem zum anderen und blieb auf Vikary haften. »Hoch-Eisenjade«, sagte er mit tiefer Stimme. »Was wollt Ihr von mir?« Es war ein mittelgroßer, magerer Mann mit Pferdegesicht, Bart und langen blonden Haaren. Er war in Chamäleonstoff gekleidet, der nun eine traurige rotgraue Färbung aufwies und das Leuchten der Glühsteinblöcke widergab.
    Vikary beugte sich nach vorn und schob Gwens Pistolenlauf sanft zur Seite. Dieser Akt schien sie zu wecken. Sie machte ein finsteres Gesicht und steckte ihre Waffe weg. »Wir haben Lorimaar Hoch-Braith erwartet«, sagte sie.
    »Das ist die Wahrheit«, bekräftigte Vikary. »Eine Beleidigung war nicht beabsichtigt, Shanagate. Ehre Eurem Festhalt, Ehre Eurem teyn.« Der Mann mit dem Pferdegesicht nickte und sah erleichtert aus. »Wie auch den Eurigen, Hoch-Eisenjade«, sagte er. »Eine Beleidigung wurde nicht zur Kenntnis genommen.« Nervös kratzte er sich an der Nase. »Ihr fliegt Braitheigentum, nicht wahr?«
    Er nickte. »Das stimmt, aber nach dem Bergungsrecht gehört es uns. Mein teyn und ich fanden es im Wald, als wir ein Eisenhorn verfolgten. Das Tier ging zur Wasserstelle, und dort, direkt am Ufer eines Sees, fanden wir den Gleiter verlassen vor.« »Verlassen? Seid Ihr Euch dessen ganz sicher?«
    Der Mann lachte. »Ich kenne Lorimaar Hoch-Braith und den dicken Saanel zu gut, um es auf eine Hochbeschwerde ankommen zu lassen. Nein, wir haben die beiden ebenfalls gefunden. Ein Feind hat ihnen in ihrem Lager aufgelauert, im Gleiter, glauben wir. Und als sie von der Jagd zurückkehrten ...« Er gestikulierte. »Sie werden keine Köpfe mehr nehmen, weder die von Spottmenschen noch von anderen.«
    »Tot?« Gwens Lippen waren verkniffen.
    »Mausetot, und das schon seit mehreren Tagen«, erwiderte der Kavalare. »Aasfresser hatten sich natürlich auf den Leichen niedergelassen, doch es war noch genug übrig, um sie zu identifizieren. Es war noch ein anderer Gleiter in der Nähe. Der lag aber im See, ein nutzloses Wrack. Spuren im Sand deuteten darauf hin, daß weitere Gleiter gelandet und abgeflogen

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