Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
Vom Netzwerk:
Himmelsflitzer, der allein über den Bergen dahinflog.« Er hob die Bansheenadel hoch. »Ohne dieses hier«, sagte er, »hätte er Sie zur Landung gezwungen oder vom Himmel gelasert, Sie durch die Wildnis gehetzt und schließlich getötet.«
    Er steckte die Nadel in die Tasche und sah Dirk eine ganze Weile bedeutungsvoll an. Dann ging er fort.

4
     
     
    »Es ist wirklich ein Pech, daß du heute morgen in Lorimaar hineingerannt bist«, sagte Gwen, nachdem Jaan gegangen war. »Es gab keinen Grund, dich da hineinzuziehen, und ich hatte gehofft, dir all diese gräßlichen Details ersparen zu können. Ich hoffe, du behältst das alles für dich, wenn du Worlorn verlassen hast. Überlasse die Braiths nur Jaan und Garse. Unternehmen werden andere sowieso nichts – es wird höchstens darüber geredet, und unschuldige Leute auf Hoch Kavalaan werden verleumdet. Erzähle vor allem Arkin nichts! Er verachtet die Kavalaren und bringt es fertig, sofort nach Kimdiss aufzubrechen.« Sie stand auf. »Und jetzt schlage ich vor, daß wir von etwas Vernünftigerem sprechen. Wir haben nur wenig Zeit füreinander. Bevor ich zurück an meine Arbeit gehen muß, kann ich mich dir gern noch als Fremdenführer zur Verfügung stellen. Wir wollen uns von den Braith-Schlächtern die wenigen Tage nicht verderben lassen, die uns zur Verfügung stehen.«
    »Ich lasse mich gern von dir führen«, sagte Dirk, eifrig darauf bedacht, sie bei guter Laune zu halten, obwohl ihn die Angelegenheit mit Lorimaar und seinen Spottmenschen doch ziemlich verwirrt hatte. »Hast du dir schon etwas ausgedacht?«
    »Ich könnte wieder mit dir in die Wälder fliegen«, sagte Gwen. »Sie erstrecken sich über endlose Weiten, und es gibt Hunderte von faszinierenden Sehenswürdigkeiten in der unberührten Natur: Seen voller Fische, die weit größer sind als wir, Erdhügel, größer als dieses Gebäude, erbaut von Insekten, die kleiner sind als der Nagel deines kleinen Fingers, ein unglaubliches Höhlensystem, das Jaan in den Bergen entdeckte. Jaan ist der geborene Höhlenforscher. Trotzdem finde ich es besser, wenn wir es heute einmal ruhig angehen lassen. Wir wollen nicht zuviel Salz in Lorimaars Wunde streuen, sonst veranstalten er und sein fetter teyn womöglich noch eine Jagd auf uns, und Jaan hat dann den ganzen Ärger. Heute zeige ich dir die Städte. Auch sie können faszinierend sein, ein Hauch makabrer Schönheit umgibt sie. Wie Jaan schon sagte, ist Lorimaar noch nicht darauf gekommen, dort zu jagen.«
    »In Ordnung«, sagte Dirk ohne großen Enthusiasmus. Gwen zog sich schnell um und nahm ihn mit zum Dach hinauf. Die Himmelsflitzer lagen noch immer dort, wo sie von ihnen einen Tag zuvor zurückgelassen worden waren. Dirk hob sie auf, aber Gwen nahm ihm das silbern schimmernde Metallgewebe aus der Hand und warf die Flitzer auf den Rücksitz des grauen Mantaflugwagens. Dann suchte sie die Flugstiefel und Kontrollinstrumente zusammen und verfuhr mit ihnen genauso. »Heute nehmen wir die Flitzer nicht«, sagte sie. »Wir haben einen weiten Weg vor uns.«
    Dirk nickte, und beide schwangen sich über die Flügel des Gleiters auf die Vordersitze. Worlorns Himmel gab ihnen das Gefühl, als kämen sie von einer Expedition zurück, anstatt zu einer aufzubrechen. Um den Gleiter heulte der Wind. Dirk übernahm für kurze Zeit den Steuerknüppel, damit Gwen ihr langes schwarzes Haar zusammenbinden konnte. Seine eigene graubraune Mähne flatterte in ungestümen Konvulsionen, als sie in den Himmel hinaufschossen, aber er war so in Gedanken versunken, daß er es gar nicht bemerkte, geschweige denn sich daran gestört hätte.
    Gwen zog die Maschine hoch über den Bergkamm und steuerte nach Süden. Das friedliche Freigelände mit den sanft gewellten Linien der grasbewachsenen Hügel und den sich zwischen ihnen hindurchschlängelnden Flüßchen, erstreckte sich zu ihrer Rechten, bis der Himmel in weiter Ferne mit ihm zusammentraf. Zu ihrer Linken, wo das Bergmassiv auslief, konnten sie den Rand der Wildnis ausmachen. Die würgerinfizierten Stellen waren selbst aus dieser Höhe zu erkennen – gelbe Krebsgeschwüre, die sich in das dunklere Grün gefressen hatten. Fast eine Stunde lang flogen sie schweigend dahin. Dirk war in Gedanken versunken und versuchte, die neuen Fakten miteinander in Einklang zu bringen – was ihm aber nicht gelingen wollte. Er gab es auf, als ihn Gwen schließlich lächelnd ansah. »Ich fliege gern einen Gleiter«, sagte sie, »selbst diesen. Ich

Weitere Kostenlose Bücher