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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Laydon gewartet, aber die beiden waren nicht zurückgekehrt.
    Ein zweiter Schrei erklang, noch lauter und durchdringender als der erste, und erneut rief jemand Sarahs Namen.
    »Vater«, entfuhr es ihr entsetzt, und noch ehe du Gard oder Hingis sie aufhalten oder auch nur etwas erwidern konnten, war sie bereits auf dem Weg.
    Die Öllampe in der Hand und das schwere Gewehr über der Schulter, stürzte sie in den Durchgang, in dem ihr Vater und Mortimer Laydon verschwunden waren, und setzte mit ausgreifenden Schritten durch den sich anschließenden Gang.
    »Sarah, non!«, hörte sie du Gard hinter sich rufen. »Warte auf uns …!« – aber sie hatte keine Zeit zu verlieren.
    Die Stimme, die ihren Namen gerufen hatte, war unverkennbar die ihres Vaters gewesen, und es hatte so viel Schmerz und Furcht darin mitgeschwungen, dass Sarah in Panik verfiel.
    Tränen der Verzweiflung stürzten ihr in die Augen, und die Angst, ihren Vater im entscheidenden Augenblick im Stich gelassen zu haben, begleitete sie auf jedem Schritt. Hals über Kopf stürzte sie durch die halbdunklen Gewölbe. Als sie in eine Kammer gelangte, aus der zwei Ausgänge führten, blieb sie abrupt stehen.
    »Vater!«, schrie sie aus Leibeskräften und mit bebender Stimme. »Wo bist du …?«
    »Hilfe«, drang es schwach zurück. Diesmal war es Mortimer Laydon, der rief, was Sarah nur noch mehr in Unruhe versetzte.
    Obwohl die Katakomben ihre eigene Akustik besaßen und es bisweilen unmöglich war, Geräuschquellen exakt zu orten, glaubte Sarah, dass der Hilferuf aus dem linken Durchgang gekommen war. Keuchend rannte sie weiter, jetzt in Begleitung von du Gard und Hingis, die zu ihr aufgeschlossen hatten. Schier endlos schien sich der Pfad durch die Dunkelheit zu erstrecken. Sarah lief, so schnell sie konnte, und hatte dennoch das Gefühl, auf der Stelle zu treten. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, während ihr gleichzeitig heiß und eisig kalt war.
    »Vater«, stieß sie immer wieder hervor, »Vater …«
    Endlich beschrieb der Gang einen scharfen Knick, von dessen anderer Seite lodernder Lichtschein drang. Atemlos folgte Sarah der Biegung – und stieß einen Schrei aus.
    Der Anblick war entsetzlich.
    Etwa auf der Hälfte des kurzen Ganges kauerte Mortimer Laydon, den Oberkörper an die Stollenwand gelehnt und einen verkniffenen Ausdruck im Gesicht. Sein rechtes Hosenbein war blutdurchtränkt. Einige Yards weiter sah Sarah ihren Vater, bäuchlings im Sand liegend und völlig reglos. Blut tränkte sein Hemd und den sandigen Boden unter ihm.
    »Vater!«
    Sarah stürzte zu ihm und fiel bei ihm nieder, stellte fest, dass er noch atmete. Beherzt fasste sie den alten Gardiner an den Schultern und drehte ihn herum – was sie dabei sah, entsetzte sie jedoch nur noch mehr. Der Oberkörper ihres Vaters war mit Einstichen übersät, aus denen unaufhörlich Blut pulste.
    »Nein, nein, nein …«
    In Ermangelung von Verbandszeug presste Sarah ihre bloßen Hände auf die Wunden und versuchte verzweifelt, die Blutung zu stillen, aber es gelang ihr nicht.
    Immer mehr roter Lebenssaft trat hervor, besudelte ihre Hände und ihre Kleider.
    »Sarah …«
    Gardiner Kincaids Stimme war nur noch ein Schatten ihrer selbst, ein kehliger Hauch, aus dem jeder Ton gewichen war.
    »Vater?« Sie ergriff seine blutige Hand und blickte ihm ins Gesicht. Seine Züge waren bleich und teigig, dunkle Ränder umlagerten die fliehenden Augen, die kaum in der Lage waren, Sarah zu fokussieren. »Was ist geschehen?«
    »Ein … Überfall«, lautete die zögernde Antwort, die ihm unendliche Mühe zu bereiten schien. »Schatten … aus dem Hinterhalt … keine Chance …«
    »Wer?«, wollte Sarah wissen.
    »Weiß nicht«, erwiderte Gardiner, während Blut aus seinen Mundwinkeln rann und den silbergrauen Bart hässlich färbte. »Wichtig … musst mir zuhören …«
    »Nein, Vater.« Sie legte ihm sanft die Hand auf den Mund. »Du darfst nicht weitersprechen. Dadurch machst du alles nur noch schlimmer. Du musst dich ausruhen, hörst du?«
    Der alte Gardiner versuchte so etwas wie ein Lachen, aber mehr als ein hohles Gurgeln brachte er nicht zustande. »Werde sterben«, erklärte er nüchtern, »nichts mich … davor bewahren … Aber musst wissen, dass ich …«
    Er unterbrach sich, als eine Welle von Schmerz seinen gepeinigten Körper zu durchlaufen schien. Sein Oberkörper bäumte sich auf, Krämpfe schüttelten ihn, und seine Hand schloss sich so fest um Sarahs, dass die Knöchel

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