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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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nehmen.«
    »Was hast du vor?«
    »All das hier« – er machte eine ausladende Handbewegung – »soll Sarahs Entdeckung sein. Ihr wird die Anerkennung zuteil werden, die mir zeitlebens verwehrt wurde.«
    »Sarah wird das nicht annehmen«, meinte Laydon überzeugt.
    »Sie wird«, widersprach Gardiner, »denn dadurch wird sie die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdient, und diese knöchrigen Gelehrten werden sich nicht länger dagegen verschließen können, dass eine junge Frau unter ihnen verkehrt. Und vielleicht«, fügte er nach kurzem Zögern hinzu, »wird sie mir dann auch verzeihen, dass ich all dies vor ihr verheimlicht habe. Dabei war es nur zu ihrem Besten, Mortimer. Es war nur zu ihrem Besten …«
    »Ich weiß, alter Freund«, versicherte Laydon, und gemeinsam setzten sie ihren Weg fort.
    Dem Gang schloss sich eine Kammer an, deren Wände erneut mit bildlichen Darstellungen versehen waren. Ägyptischer und griechischer Stil vermischten sich darin auf bemerkenswerte Weise. Andernorts, zu einer anderen Zeit, wären sie ein bedeutender Fund für die Kunstgeschichte gewesen, angesichts der Geheimnisse, die diese Stollen noch bergen mochten, maß Gardiner Kincaid ihnen kaum Bedeutung bei. Den Blick stets auf den nächsten Durchgang und die nächste Kammer gerichtet, ging er immer weiter.
    Von fern war der Donner des Bombardements zu hören, das an der Oberfläche noch immer tobte. Kincaid wusste um die Feuerkraft der britischen Flotte, und er nahm an, dass die schweren Geschütze ihren vorrangigen Zweck bereits erfüllt hatten. Der weitere Beschuss diente vermutlich nur noch dazu, den Gegner zu demoralisieren. Dass dabei das Erbe von Jahrtausenden in Schutt und Asche gelegt wurde, schien niemanden zu kümmern. Die Erschütterungen waren bis in die Tiefe zu spüren, und hin und wieder, wenn die Einschläge nahe waren, rieselte Sand von der Decke. Weder Kincaid noch sein Begleiter kümmerten sich darum – ihre Aufmerksamkeit galt anderen Dingen.
    Im Fackelschein tauchte eine Biegung auf. Im rechten Winkel knickte der Gang nach links und mündete abermals in eine Kammer. Dort endete der Pfad – und Gardiner Kincaid wusste instinktiv, dass er das Ziel seiner langen Suche erreicht hatte.
    »Das ist es, Mortimer«, flüsterte er andächtig. »Der Zugang zur Bibliothek, wir haben ihn gefunden …«
    Die Stirnseite der Kammer wurde von zwei Statuen gesäumt. Die eine, im ägyptischen Stil gehalten, stellte die ibisköpfige Gottheit Thot dar, den Schutzherrn der Schreiber und Magier; auf der anderen Seite war, dargestellt im klassischen Stil, eine Statue der Pallas Athene zu sehen, der griechischen Göttin der Weisheit. Dazwischen befand sich eine hohe, schmale Pforte, auf deren anderer Seite sich zweifellos der Grund für all die Gefahren und Entbehrungen befand, die Gardiner Kincaid auf sich genommen hatte.
    Einen feuchten Glanz in den Augen, trat er auf die Pforte zu und vergaß dabei alle Vorsicht. Denn in diesem Moment widerfuhr ihm, wonach er sich all die Jahre gesehnt hatte: Der Odem der Geschichte streifte ihn, und für einen kurzen Moment hatte Gardiner Kincaid den Eindruck, eins zu sein mit der Vergangenheit. Zu berauscht war er von diesem Gefühl, als dass er auf seine Umgebung geachtet hätte.
    Weder bemerkte er die dunkle Gestalt, die sich aus dem Hinterhalt heranpirschte, noch sah er den Schattenriss der Messerhand, der lautlos über die Wände glitt.
    Erst der gellende Schrei Mortimer Laydons riss ihn zurück in die Gegenwart. Blitzschnell fuhr er herum, die Hand am Griff des Revolvers – aber es war zu spät.
    Der Schatten war bereits hinter ihm, und das Nächste, was Gardiner Kincaid spürte, war stechender Schmerz. Sein Mund öffnete sich, doch die Qual war so überwältigend, dass kein Laut über seine Lippen kam.
    Die Klinge stieß ein zweites und ein drittes Mal zu.
    Gardiner Kincaid wankte.
    Entsetzt blickte er an sich herab, sah das dunkle Blut, das seinen Tropenanzug tränkte – und ein heiserer Schrei entrang sich ihm.
    »Sarah …!«

8
    »Hast du das gehört?« Sarah sandte du Gard einen fragenden Blick.
    »Oui«, erwiderte er, »da hat jemand geschrien …«
    Noch immer befanden sie sich in der Vorkammer. Auch Friedrich Hingis war inzwischen eingetroffen – schon seiner verdrießlichen Miene war zu entnehmen gewesen, dass er in dem ihm zugeteilten Bereich nichts gefunden hatte, das von großer historischer Bedeutung gewesen wäre. Gemeinsam hatten sie auf Gardiner Kincaid und Mortimer

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