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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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wüstem Gebrüll auf den Vermummten stürzte, das Gewehr wie eine Keule schwingend. »Zurück«, herrschte er ihn dabei an, »zurück!« Aber Charon dachte nicht daran zu weichen.
    Dem wütenden Hieb des Gelehrten wich er aus, mit einer Geschmeidigkeit, die seiner hünenhaften Gestalt nicht zuzutrauen war. Seine freie Pranke bekam das Martini-Henry zu fassen und entwand es Hingis’ Griff. Der Schweizer gab einen verblüfften Laut von sich. Entsetzt sah er die Sichel heranfliegen, ohne auch nur das Geringste dagegen tun zu können – und ehe er auch nur begriff, was geschah, hatte die Klinge ihm eine Hand abgetrennt.
    Ein entsetzliches Heulen entrang sich Friedrich Hingis’ Kehle. Mit aufgerissenen Augen starrte er auf den Stumpf, der einst sein linker Arm gewesen war und aus dem ein roter Blutschwall schoss.
    Die Ereignisse überstürzten sich.
    Während Sarah auf dem Boden nach ihrer Waffe suchte, eilte der humpelnde Mortimer Laydon heran, der das Einzige tat, was Hingis’ Blutung stoppen und verhindern konnte, dass er elend zugrunde ging: Er riss die Fackel aus dem Boden und verbrannte den Stumpf, woraufhin der Gelehrte in nur noch erbärmlicheres Geschrei verfiel. Sein Geheul hallte von der hohen Decke wieder und vermischte sich mit dem Stampfen der Explosionen zu einem schaurigen Gesang.
    Erneut schnitt Charons Sichel durch die Luft, aber diesmal galt sie weder Sarah noch Hingis, sondern du Gard, der beherzt herbeigeeilt war, den Mameluckensäbel schwingend.
    Funken stoben, als die beiden Waffen aufeinanderprallten. Du Gard hatte sichtlich Mühe, den mit ungeheurer Wucht geführten Hieb zu parieren, aber es gelang ihm, obwohl er kein sehr geübter Fechter zu sein schien. Ein wütendes, fast animalisches Knurren entrang sich der Kehle des Vermummten, während die Kontrahenten sich über die gekreuzten Klingen hinweg anstarrten. Dabei erheischte du Gard für einen kurzen, winzigen Augenblick einen Blick auf das Gesicht unter der Kapuze – und erschrak.
    Sein Entsetzen ließ seine Kräfte für einen Moment ermatten, worauf es dem Hünen gelang, ihn zurückzustoßen. Noch während du Gard taumelte, traf ihn die zur Faust geballte Pranke Charons und fällte ihn wie einen morschen Baum.
    Sarah sah den Freund bewusstlos niedergehen. Den herrenlos am Boden liegenden Colt hatte sie inzwischen entdeckt und kroch darauf zu, wobei der Schmerz in ihrer Schulter jede Bewegung zur Qual machte. Mit zusammengebissenen Zähnen näherte sich Sarah dem Revolver, streckte die Hand danach aus und bekam ihn beinahe zu fassen – als jemand sie am Bein packte und brutal zurückriss.
    Ihre verletzte Schulter schien zu bersten, und sie schrie auf. Tränen schossen ihr in die Augen und nahmen ihr die Sicht. Dann, plötzlich, spürte sie kaltes Metall an ihrer Kehle und wusste, dass sie verloren hatte. Verschwommen sah sie Charon über sich stehen, die Spitze der Sichel an ihren Hals pressend.
    »Törichtes Ding«, knurrte er. »Du hast nichts begriffen. Du hättest alles haben können und hast es weggeworfen. Du hättest nicht zu sterben brauchen, aber du hast es selbst so gewollt.«
    Sarah merkte, wie sich der Druck hinter der Klinge verstärkte. »Einen Augenblick«, rief sie heiser.
    »Was willst du noch?«
    »Dein Gesicht«, verlangte sie, »ich will es sehen.«
    »Wozu?«
    »Damals auf der Insel glaubte ich etwas zu erkennen …«
    Er schnaubte, als schien er genau zu wissen, wovon sie sprach – und während er mit der einen Hand weiter die Klinge hielt, schlug er mit der anderen die Kapuze zurück.
    Was Sarah darunter erblickte, erfüllte sie mit Entsetzen, genau wie auf Fifla. Nicht, weil der Anblick so abstoßend gewesen wäre, sondern weil er etwas zeigte, das eigentlich nicht existieren durfte.
    Das Gesicht des Hünen war schmal und ebenmäßig, mit hohen Wangenknochen und einer scharf gebogenen Nase, die ihm ein aristokratisches Aussehen verlieh. Dort jedoch, wo sich bei einem gewöhnlichen Menschen die Augenhöhlen befanden, war sein Gesicht völlig glatt. Statt zweier Sehorgane starrte Sarah ein einzelnes entgegen, das sich genau in der Mitte der Stirn befand.
    Atemlos erkannte Sarah, dass sie sich in jener Nacht nicht geirrt und dass der Schmerz und die Erschöpfung sie keineswegs getrogen hatten. »Wer bist du?«, flüsterte sie eingeschüchtert. »Was bist du …?«
    »Ich bin Charon, Sohn des einen Auges«, erklärte er leise und in unverhohlenem Stolz. »Einst gab es viele von meiner Art. Als Mittler zwischen

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