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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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nachdachte, desto sicherer war er, dass ihn die Aos Sí in viele Dinge nicht einweihten. Was hatten sie ihm noch alles vorenthalten? Wie weit vertraute ihm Aithreo überhaupt? Aithreo …? Plötzlich wurde Ardal bewusst, dass er ihn eben mitten unter den Männern erblickt hatte, und er erinnerte sich wieder, wo er war und was er eigentlich wollte. Aithreo! Er konnte sicher helfen, Benen zu retten!
    Drinnen im Gebetsraum brannten nur wenige Lampen und es war eisig kalt. Er sah den eigenen Atem. Dann fiel sein Blick auf die toten Soldaten. Sonst konnte er nichts erkennen, aber er hatte das Gefühl, nicht allein zu sein.
    »Aithreo«, flüsterte er. »Ich bin es, Ardal.«
    Aus der Dunkelheit lösten sich Gestalten und kamen auf ihn zu. Ardal ging ihnen entgegen. »Wo ist Aithreo?«, fragte er noch einmal, drängender. »Schon in den Kerkern?«
    Schillernde Augenpaare musterten ihn abwägend. Schließlich nickte einer der Dämonen. Gleich darauf spannte er den Bogen, denn die Eingangstür wurde aufgezogen. Ardal drehte sich verärgert über die Unterbrechung um, er musste Aithreo finden! Zwei Wachsoldaten traten ein und blieben überrascht stehen. Anscheinend wussten sie nicht, was sie von den toten Flammenkriegern im Gebetsraum und den Männern, die mitten zwischen den Leichen standen, halten sollten.
    Ardal kniff die Augen zusammen. Das konnte nicht sein. Ungläubig schaute er einen der beiden Neuankömmlinge an. Benen! Hier? Wie konnte das sein? Unwillkürlich ging er auf ihn zu. Gleichzeitig setzte sich der andere Wachsoldat in Bewegung. Er wollte nach einem Pfeil greifen, doch der Köcher war leer. Mit grimmiger Miene zog er sein Kurzschwert und stürzte sich Ardal entgegen. Der achtete nur auf Benen ohne zu begreifen, dass ihm Gefahr drohte. Er überhörte auch das Zischen der Pfeile, er merkte nur, wie der junge Wachsoldat getroffen wurde. Es berührte ihn nicht, er sah einzig die Angst in Benens Gesicht. Der hob abwehrend die Hand. Oder war es hilfesuchend? Ardal konnte es nicht einschätzen, aber es war die Hand, die den Bogen hielt.
    »Leg die Waffe weg!«, rief der Schreiber, doch es war zu spät.
    Ein Pfeil bohrte sich durch Benens Hals. Nein!, wollte Ardal schreien, doch aus seiner Kehle drang kein Laut. Wie angewurzelt war er stehen geblieben. In einer eigenartig langsamen Bewegung sah er seinen Sohn in die Knie gehen, das Gesicht verzerrt – war es Erstaunen, war es Schrecken? Einen unendlich langen Augenblick verharrte er so, während Blut aus seinem geöffneten Mund sprudelte, dann sackte Benen vornüber. Ardal meinte, ein Krachen zu hören, als sein Kind auf den Steinboden fiel.
    Er hatte es in Träumen vorhergesehen und sich unzählige Nächte damit auseinandergesetzt. Aber wie hätte all das ihn auf den furchtbaren Schmerz vorbereiten können, der ihn jetzt durchfuhr!
    Benen!, wollte er schreien, aber noch immer gehorchte ihm die Stimme nicht. Er setzte einen Fuß vor den anderen, streckte die Hand aus, machte einen weiteren Schritt. Sein rechter Schuh stieß gegen etwas. Ardal blieb stehen. Der andere Wachsoldat. Er war tot. Wie Benen. Sein Sohn! Nein! Der Soldat, nur der Soldat! Ardals Blick fiel auf die verkrampfte Hand, aus der das Schwert geglitten war. Die Augen des Mannes – tot!
    »Benen«, wimmerte jemand.
    Noch ein Schritt und noch einer. Er bückte sich und wusste es, bevor er ihn berührte. Trotzdem streckte er die Finger aus, tastete, suchte. Da war kein Puls mehr. Benen war tot! Tot! Er richtete sich auf, starrte auf das Blut an seiner Hand. Rot, so rot. Wie konnte das geschehen?
    »Mein Kind«, flüsterte er.
    Langsam drehte er sich um, sah schillernde Augen, betroffene Gesichter, dann ein schuldbewusstes, er sah den todbringenden Bogen und auf einmal entlud sich der ganze Schmerz in einem gewaltigen Schrei, der ihn aus seiner Erstarrung zurück in den kalten Raum der ungehörten Gebete schleuderte. Wie ein Wahnsinniger brüllte er, griff im Vorbeigehen nach dem Schwert des toten Wachsoldaten und stürzte auf den Mörder seines Sohnes zu. Den scharfen Schmerz in der Brust spürte er kaum, aber das Brüllen wurde zu einem Gurgeln, sein rasender Lauf zu einem Taumeln. Jemand warf ein schwarzes Tuch über seinen Kopf. Oder waren es Spinnweben? Klebrige Fäden fesselten seine Glieder an eisigen Stein. Sie verstopften seine Ohren, er hörte nichts mehr … Atmen, er konnte nicht …

    Verwundert sah sich Glic in dem achteckigen Raum am Ende der Stufen um, während Dorc die schwere

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