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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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das sie so begeisterte? Weg, nur weg hier! Er tastete sich an der Mauer entlang, rutschte auf dem Pflaster, das mit Blut bedeckt war, und dachte an seinen Vater. Wo war Ardal? Er musste ihn finden! Bestimmt war er im Heiligtum, um den geheimen Eingang zu suchen.
    Es war ihm beinahe gelungen, außer Sichtweite des Tores und fort vom Kampfgeschehen zu gelangen, da stand plötzlich einer seiner Kameraden vor ihm.
    »Wo gehst du hin?«, fragte er barsch und betrachtete ihn misstrauisch.
    »Ins Heiligtum«, rutschte es Benen heraus. »Ich … ich … wir müssen es schützen! Jalluths Schriften, meine ich.« Er hatte sich wieder gefangen und fuhr eifrig fort: »Daran denkt jetzt sicher keiner. Aber was, wenn sie verloren sind? Du siehst doch, die Flammenkrieger eilen alle hierher.«
    Der junge Wachsoldat nickte zögernd.
    »Der Erwählte wird uns dankbar sein, wenn wir das kostbare Gut heldenhaft verteidigen!«, behauptete Benen.
    Das schien dem Mann zu gefallen, denn ein breites Grinsen zeigte sich in seinem Gesicht. »Wie Helden …«
    »Ich denke, ja!«, antwortete Benen.
    »Gut, ich komme mit dir. Lass uns gehen, bevor uns ein Dämon niederstreckt!«
    Diese Wendung behagte Benen überhaupt nicht, aber er hatte keine Ahnung, wie er den anderen loswerden konnte. Vielleicht fand sich später eine Gelegenheit, ihn abzuschütteln.
    Den geraden Weg konnten sie nicht nehmen, zu viele Flammenkrieger kamen ihnen entgegen. Es würde sie aufhalten, ständig Fragen beantworten zu müssen, machte Benen seinem Begleiter klar. Der hatte nichts dagegen, einen Umweg zu nehmen, vielleicht dachte er sich seinen Teil. Benen jedenfalls wusste, dass sie mit ihrem Leben spielten. Als Soldat floh man nicht, ganz gleich, wie man es nannte.
    Sie machten einen Bogen und folgten ein kurzes Stück der Mauer an den Klippen entlang. Plötzlich meinte Benen im Dunkeln eine Bewegung zu sehen und zog sich zurück in den Schatten einer Haustür. Was war das? Er glaubte, die Umrisse zweier Männer zu erkennen. Flammenkrieger konnten es nicht sein, die wären nie in der Lage, sich derartig leise zu bewegen. Er hörte nur das Rauschen von den Zweigen eines Baumes in der Nähe. Ob sie auf Dämonen gestoßen waren? Benen beschloss abzuwarten. Er legte den Finger auf den Mund, damit sein Begleiter nicht mit einer Frage herausplatzte und sie verriet. Doch der hatte etwas anderes im Visier. Ein Käuzchen saß oben in dem alten Baum an der Mauer. Aufmerksam beobachtete es die gleichen Männer wie Benen, aber das sah dessen Kamerad nicht. Der schaute nur auf das Tier, während er so geräuschlos wie möglich den letzten Pfeil aus seinem Köcher zog und ihn einlegte. Es würde schwierig sein, im Dunkeln und zwischen den schwankenden Zweigen dieses kleine Ziel zu treffen. Sollte er etwas näher herangehen? Unschlüssig wartete er und ließ den Vogel nicht aus den Augen.
    Die beiden Männer waren verschwunden, und Benen stieß seinen Begleiter in die Seite. Sie mussten weiter, bevor es hell wurde. Der Soldat rührte sich nicht und verdutzt schaute Benen ihn an. Er hatte seinen Bogen gespannt und die Pfeilspitze zeigte in die Richtung der Baumkrone. Benen entdeckte das Käuzchen. Ob es ein Dämon war? »Nicht!«, raunte er.
    Der andere schüttelte den Kopf. »Ich hasse diese Biester! Ihr Ruf bringt den Tod, heißt es.«
    »Das ist nur ein Aberglaube!«, sagte Benen, doch bevor er seinen Satz beendete, hatte der Kamerad den Pfeil schon losgelassen. Er traf den Vogel mitten in die Brust und Benen senkte den Blick.
    Das getroffene Käuzchen flog auf und aufs Meer hinaus, um dem Schmerz zu entkommen. Aber die eiserne Spitze des Pfeiles steckte tief in seinem Leib. Bald geriet der Vogel ins Trudeln. Die Dunkelheit in ihm breitete sich immer mehr aus. Ohne es zu spüren, öffnete er im Todeskampf die Krallen und der Ring, das goldene Licht, fiel in die Tiefe, wo er unbemerkt versank.
    »Grian sei …«, wollte Dídean rufen, doch es kam nur ein Krächzen aus ihrem Schnabel. Dann stürzte das Meer ihr entgegen, um sie zu verschlingen.

    Glic nestelte an seinem Kragen. Je näher sie dem Heiligtum kamen, desto ungemütlicher wurde ihm zumute. Er glaubte nicht, dass es Angst war, eher der Druck dieser verfluchten Prophezeiung. Er fragte sich ständig, ob sie alles richtig machten, statt einfach in der Gewissheit zu handeln, schon das Notwendige zu tun. Es war merkwürdig! Da lebten sie jahrelang zur Bewegungslosigkeit verdammt in einem Erdloch und jetzt wurden sie von einem

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