Die Flammen der Dunkelheit
dem schmalen Raum dahinter, in dem ein mit Gegenständen bedeckter Tisch und ein Hocker standen.
»Nichts Interessantes zu sehen«, sagte er enttäuscht. »Hier liegt nur Schmuck.« Dann hörte er einen erstickten Schrei.
»Grian … Grian … es …«, stammelte Lasair. Mit zitternden Fingern sammelte sie die Kette und die Ringe ein und drehte sich zu den anderen um. »Es ist Grians Schmuck!«, sagte sie und hielt ihnen die Gegenstände anklagend hin.
»Bist du sicher?«, fragte Glic und erntete einen vernichtenden Blick. »Da sieht doch eins wie das andere aus. Wer soll das Zeug denn auseinanderhalten?«, murmelte er zu Dorc gewandt. »Frauen können das!«, gab dieser genauso leise zurück und seine Mundwinkel zuckten.
Aithreo schenkte weder dem Geplänkel noch dem Schmuck Beachtung, sondern suchte die Wände ab. Bald hatte er einen weiteren mit Magie verborgenen Eingang gefunden, der einen Durchgang freigab. An seinem Ende konnte man schmale Stufen sehen. Hastig steckte Lasair den Schmuck ein und folgte Aithreo in den Geheimgang, die beiden Freunde dicht auf den Fersen. Sie sahen, dass die Treppe in den Fels gehauen und nicht gemauert war.
»Sagt mal«, wisperte Glic aufgeregt und zupfte Lasair am Ärmel. »Was mir gerade auffällt: Hier brennen gar keine Öllampen. Wo kommt denn das Licht her?«
»Magie!«, antwortete Lasair leise.
»Und wie kommt Magie …« Glic konnte seinen Satz nicht beenden, denn sie legte ihm die Hand auf den Mund.
»Still!«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Du verrätst uns noch alle.«
Mit rotem Kopf folgte Glic den anderen in die Tiefe. Als er auf den unebenen und von Nässe glitschigen Stufen ausrutschte und beinahe Dorc mit sich gerissen hätte, kam er sich wie ein Trottel vor. Irgendwann hatte er das Gefühl, den Rest seines Lebens Stufen hinabzusteigen, es hörte einfach nicht auf. Sie mussten doch längst tief im Bauch der Erde sein, unterhalb des Meeres. Die Vorstellung, Fels- und Wassermassen über seinem Kopf zu haben, behagte ihm gar nicht. Als sie endlich einen Durchgang erreichten, atmete er auf. Doch die Erleichterung hielt nur kurz an, denn bald darauf gelangten sie an einen Platz, von dem viele Wege abzweigten. Unsicher schauten sie umher. Welchen sollten sie wählen? Aithreo hatte die Augen geschlossen und stand einfach nur still da.
Schließlich war es Lasair, die die Stille durchbrach. »Was tust du?«, zischte sie.
»Ich versuche, mich zu erinnern«, antwortete er und öffnete die Augen. »Wir gehen da entlang.« Seine Hand deutete auf einen der Gänge.
»Wieso denn?«, fragte Dorc, und man konnte ihm ansehen, dass er Aithreos Urteil misstraute.
»In dieser Richtung liegt die heilige Quelle.«
»Das besagt gar nichts!«, platzte Glic heraus, der sich geschworen hatte den Mund zu halten.
»Schlag einen anderen vor«, sagte Aithreo mit unbewegter Miene.
Glic drehte sich um die eigene Achse, in der Hoffnung, seine Verlegenheit zu verbergen.
»Nein, die Quelle ist eine gute Idee«, sagte Lasair und betrat den von Aithreo ausgesuchten Gang.
Wütend sah Glic ihr nach. Dorc klopfte ihm tröstend auf die Schulter und folgte ihr. Bald übernahm Aithreo wieder die Führung, denn sie gelangten in ein Labyrinth aus Wegen. Manchmal zögerte er, aber trotzdem schien er zu wissen, wohin er wollte.
Glic fühlte sich schon ganz wirr im Kopf und fragte sich, ob er hier jemals allein herausfände, da erreichten sie einen größeren runden Platz. In der Mitte befand sich ein Becken mit Wasser. Ob das die heilige Quelle war? Vermutlich, Lasair und Aithreo schauten so ehrfürchtig. Er selbst konnte nichts Besonderes darin erkennen. Die vielen Türen ringsum reizten ihn viel mehr. Er zählte ganze zwölf von ihnen! Was mochte sich dahinter verbergen? Die schicksalhafte Halle in der verzauberten Welt der Aos Sí fiel ihm wieder ein. Und wenn sie in all den Räumen von Flammenkriegern erwartet wurden? Unwillkürlich packte er seinen Bogen fester. Er sah Dorcs Hand am Schwertgriff, er hatte wohl ähnliche Befürchtungen. Irgendeine Anwesenheit war zu spüren. Die Härchen auf seiner Haut stellten sich auf. Plötzlich stockte ihm der Atem. Der Erwählte hatte diese Wirkung auf ihn gehabt! Waren sie mitten in seine Falle gelaufen? Lasair und Aithreo schienen ebenfalls etwas zu bemerken. Mit angespanntem Gesichtsausdruck gingen sie an den Türen entlang wie Tiere, die der Spur einer Beute folgten. Dann blieben sie stehen. Als Dorc und Glic sich näherten, stieß Aithreo die Tür
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