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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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hinter diesen ein Sternen-Quadrat. Dieses Himmelsbild nennen sie zu Greekaland den Großen Bären. Wir Nordleute reden vom Wagen Thors. Und daneben findest du den Fafnir-Drachen. Darunter aber die Anordnung der Sterne fast wie Thors Wagen - dieses Zeichen nennen wir das Odins Ross. Diese und viele andere Sternbilder muss der Steuermann kennen und unterscheiden, wenn er ein Schiff führen will. Denn der Jarl und die Mannschaft vertrauen blind seinen Anweisungen.“
     
    „Ich hatte mit das alles einfacher vorgestellt“, gestand Lars Wolfssohn. „Wie lange hast du gelernt, bis du das alles verstanden hast?“
     
    „Die Fahrt nach Irland war meine erste Fahrt und mein Vater nutzte danach jede Gelegenheit, mein Wissen zu verbessern,“ erzählte Harald. „Nicht nur auf Fahrt, auch zu nächtlicher Stunde an Land trieb er mich vom Lager und ließ mich Sternbilder bestimmen. Auf jeder Fahrt war ich mit dabei und merkte nicht, wie er mir immer mehr die Kursberechnungen überließ. Dann kam jener schreckliche Tag, da Gorm Sturmkrähe den Verstand verlor...!“
     
    „Wie das?“ Lars war entsetzt.
     
    „Wir waren an der Küste herab ins Dänenland gefahren, um Tauschhandel zu treiben“, erzählte der Steuermann. „Kaum waren wir wieder an Bord und hatten gerade die Küste hinter uns gelassen, als mein Vater blöde zu kichern begann, das Steuer fahren ließ und krakeelend über die Decksplanken lief. Zwei starke Männer fingen ihn ein, gaben ihm Met zu trinken und schufen ihm ein Lager aus Fellen. Da schien er die meiste Zeit zu schlafen, plärrte zwischendurch wie ein Kind, weil er etwas zu trinken haben wollte und beruhigte sich erst, wenn er Met oder sein Essen bekommen hatte.“
     
    „Und was tatest du?“ wollte Lars wissen.
     
    „Ich steuerte das Schiff über das offene Meer, weil Jarl Agnar, der Biberzahn, mir erklärte, dass einer von Lokis Dämonen in meinen Vater gefahren sei und nur die alte Ruwala mit ihren Sprüchen diese arglistigen Gesellen austreiben könne. Man müsse nun so schnell als möglich nach Hause kommen, bevor Lokis Kreaturen den Verstand von Gorm Sturmkrähe gefressen hätten. Also war keine Zeit, den sicheren Weg die Küste entlang zu fahren. Wir mussten über die offene See!“
     
    „Du hast das Schiff gesteuert?“ Lars konnte es nicht fassen.
     
    „Ich habe den Kurs bei Tag und Nacht bestimmt und drei Tage das Steuer des SEEDRACHEN nicht verlassen. Und die Mannschaft folgte meinen Befehlen. Drei Tage und drei Nächte am Steuer und selbst die komplizierten Rudermanöver im Fjord musste ich kommandieren, weil der Jarl plötzlich stockbetrunken war.
     
    Ich war am Ende meiner Kräfte, als wir in Ringan anlegten. Da tat Odin ein Wunder. Mein Vater sprang geheilt auf, umarmte mich lachend und nannte mich Steuermann und auch Jarl Agnar war plötzlich wieder nüchtern - jedenfalls am Tage.
     
    Diese Fahrt war eine Prüfung meines Vaters. Bei Fehlern hätte er jederzeit eingreifen können. Es gab aber keine Fehler. Ja, und seit diesem Tage nennt man mich Drachenreiter, denn es war der SEEDRACHE den ich ritt. Nun regiere ich das Steuer des besten Schiffes, dessen Planken ich jemals unter den Füßen hatte. Mit diesem Schiff möchte ich weiter fahren als nach Britannia...nach Süden...nach Greekaland...“
     
    „Lehre mich die Kunst, ein Schiff zu führen“, bat Lars. „Niemand weiß, was der nächste Tag bringt und über welchem Mann morgen unsichtbar die Walküre schwebt. Wenn Odin in Walhall eines guten Steuermanns für Njörds Wolkenschiff bedarf, dann muss es einen Mann geben, der die MIDGARDSCHLANGE zurück in die Heimat steuern kann.“
     
    „Was? Ich soll dich Dinge lehren, die jahrelange Erfahrung voraussetzen?“ Harald Drachenreiter schmunzelte. „Und wann? Jetzt? In dieser einen Nacht?“
     
    „Du hast schon angefangen, indem du mir Odins Auge am Himmel zeigtest, das Geheimnis des Steins verrietest und meinen Verstand lobtest, als ich das Geheimnis des Sonnenbretts erkannte“, sagte Lars. „Diese Nacht hat noch viele Stunden für weitere Belehrungen.“
     
    „Vielleicht hast du Recht“, nickte der Steuermann. „Zwar müssen wir Steuerleuten bei den Schiffen bleiben, um ihrer zu wachen und sie für eine sofortige Abfahrt aufzuklaren, wenn die Männer mit der Beute verfolgt werden. Doch wer weiß, wie die Nornen die Schicksalsknoten knüpfen. Wer ist gefeit gegen das Anschwirren eines Pfeiles, eines Speeres oder einer Axt? Also, tritt neben mich, Lars

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