Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
Vom Netzwerk:
seinen Trippelschritten beim Laufen aussah, auf Bäume wie in den Mast hinauf kletterte er wie ein Eichkater, weswegen sein Platz meistens oben auf der Rahe war, unter der sich das Segel blähte.
     
    „Was siehst du von deinem Krähennest aus?“ brüllte der Jarl nach oben. Es war bereits heller Tag, wenn sich die Sonne auch jetzt erst anschickte, achtern aus den Fluten des Meeres zu tauchen.
     
    „Eine grüne Insel mit Bäumen und Gebäuden. Alles noch etwas im Frühdunst, aber recht gut zu erkennen!“ erklang die helle Stimme von Nils.
     
    „Hat eins der Häuser einen Turm?“ fragte Wulfegar und man spürte die Anspannung in seiner Stimme.
     
    „Ja, ein Turm ist zu erkennen“, kam es vom Mast.
     
    „Und das Kreuz? Das Zeichen des Christengottes?“ drängte der Sachse.
     
    „Nichts zu sehen“, erklang die Stimme des Krähenfuß nach einer Weile. „Nein, da ist kein Kreuz auf dem Turm!“
     
    „Sollen wir hin segeln und dort heeren?“ fragte Jarl Haakon den Sachsen, der sich am Drachenkopf emporzog und angestrengt über das Wasser blickte, doch von hier aus war das Land noch nicht zu sehen.
     
    „Wenn kein Kreuz auf dem Turm ist, dann mag es eine Burg oder sonst eine Befestigung sein“, mutmaßte Wulfegar. „Die haben hohe Mauern auf denen Männer mit Waffen stehen.“
     
    „Mauern sind nur Steine und klettern lernt man bei uns in den Schärenfelsen der Fjorde“. brummte der Jarl, „Und Männer in Waffen fürchten wir nicht. Wir haben diese Reise ja unternommen, um zu kämpfen. Sollten da Männer mit Waffen sein, dann heißt das für mich, dass man da auch Waffen erbeuten kann!“
     
    „Aber wir unternahmen die Fahrt, um gegen Wotans Feinde zu kämpfen“, gab Wulfegar zurück. „Das Feldzeichen der Christen ist nun einmal das Kreuz. Geduldige dein mutiges Herz, mein Freund, bis wir ein Kreuz auf einem Turm sehen. Dann gehen wir an Land und weihen das Leben der Christmenschen dort unseren Göttern...!“
     
    Brummend wandte sich Haakon Bärensprung ab und tat es seinen Männern gleich, die mit einer dünnen Schnur, deren Haken mit einem Stein in die Tiefe gezogen wurde, sich ihr Frühstück aus dem Meer angelten, das sie noch zappelnd roh verschlangen.
     
    Immer höher strebte die Sonne zum Firmament. Eine gigantische Scheibe wie aus Blut und Feuer. Ein grauenvolles Omen für den Schrecken des kommenden Tages...
     
    So segelten sie weiter gen Süden, um die Feinde Odins zu finden und reiche Beute zu machen.
     
    „Die Götter sind gegen uns, mein Jarl!“ brüllte Harald Drachenreiter durch den Wind, der seit einiger Zeit umgeschlagen war. „Der aufkommende Sturm von Süd treibt uns zurück!“
     
    „Besteht Gefahr für uns oder das Schiff?“ wollte Haakon wissen. Das grünblaue Meerwasser wogte stärker und die Gischtkronen auf den Wellen glichen hell schimmernden Wassergeistern, die auf schwarzen Wogen-Rossen ritten.
     
    „Keine Gefahr. Nur mag es geschehen, dass bei den jungen, der rauen See noch ungewohnten Kriegern die Fische des heutigen Frühmahls in ihr Element zurück finden“, grinste der Steuermann. „Sonst ist ein solcher Sturm eine hervorragende Gelegenheit, die MIDGARDSCHLANGE bei starken Böen unter dem Segel zu erproben. Geraten wir wirklich in Gefahr, dass Rans Kinder über uns herfallen, ist die rettende Küste nahe.“
     
    „Nun, dann lass uns einmal sehen, was die Schlange zu leisten vermag“, lachte Haakon. „Also Kurs Norden. Denn auch dort gibt es, wie Wulfegar mir kündete, die Häuser des Christengottes.“
     
    „Sie sind überall und an den Kreuzen auf den Dächern leicht zu erkennen“, murrte der Sachse.
     
    „Auf mit dir, Krähe! Hinauf in dein Nest!“ befahl der Jarl und Nils zog sich geschickt am Mast empor. „Luge, ob du irgendwo ein Kreuz siehst. Und wenn, dann singst du es aus...“
     
     
     
    ***
     
     
     
    Als die Glocke die Tertie läutete war es den Mönchen mit vereinter Kraft gelungen, das schwere Kreuz aus Eisen die schmale Wendeltreppe, die zum Turm führte, hinauf zu wuchten. Die frommen Brüder vergossen manchen Tropfen Schweiß bei der Arbeit und ihr keuchendes Stöhnen begleitete jede Stufe der Treppe, denn die Mönche von Lindisfarne waren eher das Gewicht der Schreibfeder aus Gänsekiel als einen schweren Gegenstand aus Eisen gewöhnt.
     
    Das „Hau-Ruck“, mit dem sie gemeinsam das mannshohe, schwere Turmkreuz aus Eisen anhoben, wurde immer schwächer. Schließlich empfahl Bruder Benno, anstelle dieses

Weitere Kostenlose Bücher