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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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Wikingerfahrt zu folgen.
     
    „Dann solltest du beizeiten lernen, ein Schiff zu führen, wie ich es von meinem Vater lernte“, setze Harald hinzu. „Gorm Sturmkrähe war ein vorzüglicher Lehrer auf vielen Fahrten, der mich lehrte, ein Schiff in den Wind zu bringen, Strömungen zu beachten und durch Vögel oder aufgeschwemmten Seetang die Nähe von Land zu erahnen. Er hatte ein Sonnenbrett erfunden, das ich weiter entwickelt habe. Du hast es gesehen?“
     
    „Diese runde Scheibe mit den Kerben am Rand“, nickte Lars eifrig. „In die Mitte steckst du einen Stab und peilst den Schatten der Sonne an. Es sieht wie eine Sonnenuhr aus. Ich vermute, du berechnest den Kurs nach der Anzahl der Kerben am Rand, die der Schatten der Sonnenstrahlen in einem gewissen Zeitabstand berührt.“
     
    „Erraten! Das ist das Prinzip des Sonnenbretts“, nickte Harald Drachenreiter. „Damit peile ich zu ganz bestimmten Zeiten die Sonne an und kann dadurch unseren Kurs errechnen oder korrigieren. Um das Brett immer waagerecht zu halten, schwimmt es in einer Wasserschüssel, die einer der Männer halten muss.
     
    Erstaunlich, dass du hinter das kleine Geheimnis meiner Kunst gekommen bist. Wer Steuermann sein will, muss nicht nur die kleinsten Veränderungen der Natur erkennen, sondern vor allen Dingen ein guter Rechenmeister sein. Es scheint als verberge sich hinter deiner Stirn mehr als Stroh.“
     
    „Das Sonnenbrett kannst du aber nur bei klarem Himmel benutzen. Wie aber ist es, wenn Wolken die Sonne verdecken oder wenn Nebel über die Wasser zieht?“ fragte Lars gespannte, denn er hatte beobachtet, dass Harald dann immer auf einen merkwürdigen Stein blickte, den er als Amulett um den Hals trug und von dem er sich niemals trennte.
     
    Als der Steuermann mit Ausflüchten antwortete, sprach ihn Lars direkt auf den geheimnisvollen Stein an.
     
    „Sieh an, nicht nur denken kann der Wolfssohn“ schmunzelte Harald. „Ein gutes Auge hat er auch noch. Es ist tatsächlich etwas wie Zauberei - oder eine Wissenschaft, die wir uns noch nicht erklären können. Diesen Sonnenstein“, damit zog er einen gelben Stein aus einem Lederbeutel, den er um den Hals trug, „findet man nur in unseren Felseinöden. Wenn er im rechten Winkel zu den einfallenden Sonnenstrahlen gehalten wird, verfärbt sich die gelbe Farbe des Kristall sofort dunkelblau. Ich brauche den Stein nur so lange zu drehen, bis er die Farbe wechselt und habe den Stand der Sonne.
     
    Wie das zu erklären ist, weiß ich nicht. Aber die Sache funktioniert immer. Alle Steuerleute, die ich kenne, besitzen Sonnensteine. Doch ihre Wirkung halten sie vor den anderen Männern streng. Und auch dich bitte ich, Stillschweigen über das Geheimnis zu wahren. Vielleicht werde ich dich eines Tage unterweisen, das Steuer zu führen...vielleicht...“
     
    „Nun, du hast schon damit angefangen, indem du mir erzählt hast, dass man am Tage einen Kurs nach der Sonne berechnet. Aber wie ist es bei Nacht!“ Lars wurde immer neugieriger.
     
    „Dazu muss ich etwas weiter ausholen“, begann Harald Drachenreiter. „Du hast doch gehört, dass Odin dem Wassergeist Mimir ein Auge geben musste, um die Weisheit des Uralten zu erfahren. Als nun Mimir von den Meer-Wanen erschlagen wurde, sandten sie das Haupt des Allweisen zu Odin nach Walhall. Und so kam Allvater wieder in den Besitz seines verlorenen Auges.
     
    Doch er konnte es nicht wieder zum Sehen benutzen. Und so setzte Odin sein Auge als den hellsten Stern an den nördlichen Himmel. Dort...siehst du ihn dort leuchten...den Stern? Das ist Odins Auge. Folge ihm und er führt dich sicher nach Norden, nach Niebelheim, dem Reich des Nebels, der Gletscher und des ewigen Eises. Weichst du ihm und segele von Odins Auge fort, dann fährst du nach Süden zu Muspelheims Wärme!“
     
    „Ich sehe den Stern...Odins Auge“, flüsterte Lars ehrfürchtig, mit den Augen dem ausgestreckten Zeigefinger des Steuermanns folgend.
     
    „Das ist für uns Nordleute der wichtigste Stern, da er uns in die Heimat führt“, sagte Harald. „Die anderen Sterne haben schon vor undenklichen Zeiten die weisen Männer aller Völker zu Sternensymbolen zusammen gefaßt. In Greekaland, der Heimat meiner Mutter, haben sie jedoch ganz andere Bezeichnungen wie bei uns im Norden. Aber wo die Namen verschieden sind, so gleichen sich doch die Sternbilder.
     
    Sieh einmal dort dieses Sternbild, das mit Odins Auge beginnt. Dahinter erkennst du zwei weitere Sterne und

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