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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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Sohn-Gott, von dem uns Wulfegar erzählte, soll doch wie ein Jüngling aussehen und der heilige Geist...“
     
    „...ist irgend so ein Federvieh“, grunzte der Hammer. „Also sind das Menschen, die hier die Götter spielen.“
     
    „Vielleicht sind sie aber doch Götter?“ mutmaßte Olaf, der mit der Wirkung des Weinrausches zu kämpfen begann.
     
    „Gleich wissen wir es“, Ragnar hob den Hammer. „Wenn diese Jammerlappen gleich umfallen und sterben, dann waren es Menschen. Wenn sie aber nach dem Kuss meines Hammers weiterleben, dann können wir niederfallen und sie anbeten. Denn dann sind es tatsächlich Götter.“
     
    „Gnade! Lass und leben“, winselte Baubo und warf sich Ragnar zu Füßen, als der über ihm schwebende Hammer keinen Zweifel mehr zuließ, dass sein letztes Stündlein geschlagen hatte. Dabei rutschte ihm die Mithra vom Kopf und gab den fast kahlen Grauschädel frei. Flehend hoben Baubo und seine Gefährten die Hände empor.
     
    „Das sind tatsächlich keine Götter, sondern alte Männer“, knurrte der Hammer. „Sie scheinen Angst vor dem Tode zu haben.“
     
    „Lass sie leben“, gab Olaf zurück, dem das Übermaß Wein seine normale Sanftmut wieder gegeben hatte. „Nach Walhall taugen sie nicht.“
     
    „Leben mögen sie - aber ohne Ehre“. johlte Björn, „Denn diese hübschen Gewänder gehören den Siegern. Seht nur, wie sie an den ausgemergelten Greisen-Körpern schlottern. Aber schmuck werden sie aussehen, wenn sie den kräftigen Körper eines Nordmanns bedecken.“
     
    „Recht so!“ jubelte Metkanne. Und noch ehe sich die alten Männer versahen, hatte man ihnen nicht nur die Messgewänder ausgezogen, sondern ihnen auch sonst jede Art von Kleidung vom Leibe gerissen. Schlotternd standen Baubo und seine Gefährten in aller Nacktheit vor den Barbaren. Die drei Wikinger schlugen sich vergnügt auf die Schenkel und ihr dröhnendes Lachen erschütterte den Kreuzgang. Mit den Fragmenten des Bischofsstabes, den Björn über dem Knie zerbrochen hatte, prügelten die drei Wikinger die nackten Greise über den Klosterhof und trieben sie bis hinüber in das Gehölz. Rasch verschwanden Baubo und seine beiden Gefährten zwischen dem Grün der Blätter und überlebten so den Tag des Schreckens.
     
    Bibbernd vor Angst und Kälte hörten sie in ihren Verstecks das dröhnende Gelächter der Wikinger durch das Kloster hallen, die jetzt als eine sonderbare Prozession durch den Kreuzgang zogen. Olaf, Björn und Ragnar hatten sich in die Messgewänder gehüllt, während hinter ihnen Nils Krähenfuß mit sonderbaren Verrenkungen unter einer mit reichem Brokat gestickten Altardecke einher trippelte. In den Händen schwangen sie kostbare Goldkreuze und kunstvoll gearbeitet Monstranzen, nachdem sie die inliegenden Hostien probiert und wieder ausgespien hatten.
     
    Zum Klang keltischen Harfe, die Olaf Metkanne in der Schatzkammer gefunden hatte, grölten die rauen Gesellen mit wein-umnebelten Hirn ein Lied zum Lobe Odins.
     
    In diesem Augenblick übertönte ein Schrei den grauenvollen Gesang. Ein Schrei, der von Mund zu Mund weiter gegeben wurde.
     
    „Haaaaah! Weiber!“ gellte es durch Kloster Lindisfarne...
     
     
     
    ***
     
     
     
    Jarl Haakon war sehr schlechter Laune.
     
    Wulfegar hatte gelogen, was die Scharen des hellen Christ anging. Das waren keine harten und zähen Kämpfer, die für Loki Walhall erstürmen wollten, sondern Narren und Feiglinge, die sich wehrlos töten und willenlos gefangen nehmen ließen. Es war fast eine Wohltat, dass wenigstens einige von ihnen versuchten, etwas Widerstand zu leisten.
     
    Daher berührte es den Bärensprung nicht sonderlich, als er hörte, dass Wulfegar tot war. Und wie ihm der Wolfssohn rasch berichtete, hatte der Christengott den Sachsen selbst getötet. Jaja, so war das, wenn man sich mit Göttern anlegte. Haakon bezweifelte nicht die Existenz des Christengottes - nur glaubte er nicht daran, dass der Heliand stärker und mächtiger war als Odin und die Asen.
     
    Aber das, was es hier an Beute gab, enttäuschte den Herrn von Ringan maßlos. Die wenigen Waffen, die er hier in einer Kammer fand, waren sicher die Fahrt nicht wert. Nun ja, Küchengeräte aus Metall, Spaten und anderes eisernes Ackergerät konnte man in Norwegen schon gebrauchen. Und das Fleisch der geschlachteten Tiere würde man schon während der Fahrt zu dörren versuchen. Dazu kam wertvolles Saatgut, was Thorsten Elchnase in einer Scheune entdeckt hatte. Es

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