Die Flammenfrau
Erwachen des Feuers und damit die Kraft der Liebe.« Sie schaute zurück zu Antana, die zwischen den Feuerschalen auf dem Boden in ihrem roten Gewand wie eine lebendige Flamme wirkte. Selbst für sie war es immer wieder bezaubernd, diesem Mädchen bei ihren schlangenhaften Bewegungen zuzuschauen, auch wenn diese lebendige Anmut ihr heute einen leichten Stich versetzte. Irgend etwas war anders als sonst. Sie fühlte sich unglücklich. Vorsichtig schaute sie wieder auf Bruno, der nun schon seit Stunden unbeweglich neben ihr saß und fast gelangweilt diesem Fest beiwohnte, obwohl alle sich große Mühe gaben, ihn aufzuheitern. Die Menschen hier ringsum schienen ihn nicht zu interessieren. Als Mandu, der grazile schöne Tänzer, der Abend für Abend allein der Hüterin zu Ehren seinen Feuertanz aufführte, das Fest eröffnet hatte, mußte sie Bruno ihre Hand auf den Arm legen, damit er aufschaute. Mandu hatte trotz aller Geschicklichkeit nicht Brunos Aufmerksamkeit erregen können, selbst dann nicht, als er riesige Flammen durch den Raum warf, die wie Blitze hier und da über die Decke des Saales zuckten.
Luovana war sicher, daß Bruno nie zuvor einen solch eindrucksvollen Tanz gesehen hatte, aber wenn es ihm gefallen hatte, so hatte er sich nichts anmerken lassen. Brunos Gedanken und Gefühle waren wie zu Eis erstarrt. Selbst seine Augen, mit denen er sie kaum ansah, lagen wie unter einem dichten dunklen Schleier verborgen. Luovana konnte sich sein Verhalten nicht erklären, es konnte nicht an diesem Fest liegen. Hatte sie einen Fehler gemacht?
Luovana hatte einen furchtbaren Schrecken bekommen, als eine Dienerin ihr am frühen Abend ausrichtete, der edle Herr von Falkenstein wolle nicht zu diesem Fest erscheinen. Sie war sofort zu ihm geeilt in banger Furcht, eine Krankheit habe ihn ans Bett gefesselt, doch er war wohlauf. So hatte sie darauf bestanden, daß seine Anwesenheit vonnöten war. Sie hatte ihre Macht als Hüterin des Feuers zum erstenmal gebrauchen müssen, um ihn davon zu überzeugen, daß er nicht auf einem Fest fehlen könnte, welches ihm zu Ehren gefeiert wurde.
»Möchtet Ihr noch Wein?«
»Wie?« Sein Blick schien aus weiter Ferne zu kommen, als er sie ansah. Luovana versuchte in seinen Augen zu lesen, doch es gelang ihr nicht.
»Wein?« fragte sie und hielt den irdenen Krug hoch.
»Nein, keinen Wein«, sagte er und wandte sich wieder von ihr ab. Der Tanz war zu Ende, und Antana verbeugte sich tief. Die Umstehenden klatschten begeistert in die Hände, und einer nach dem anderen tat es der Tänzerin gleich und verbeugte sich ebenfalls.
»Sie danken der Göttin für diese schöne Darbietung, die sie uns durch Antana geschenkt hat«, erklärte Luovana.
»Entschuldigt mich.« Bruno stand auf. »Ich glaube, ich war lange genug auf diesem Fest, um Eurer Ehre zu dienen. Jetzt werde ich Euch verlassen.« Erhobenen Hauptes schritt er durch den grünen Festsaal. Er deutete ebenfalls eine kurze Verbeugung an, als er an Antana vorüberging.
»Meine Verehrung, schöne Frau, Euer Tanz hat meine dunkle Gesinnung für eine kurze Weile vertrieben«, sagte er und lächelte zum ersten Mal an diesem Abend. Schwer fiel die hölzerne Tür hinter ihm ins Schloß.
Luovana hatte Mühe ihn an der dritten Säule einzuholen.
»Wartet«, rief sie, »Ihr könnt doch nicht einfach so gehen.«
»Warum nicht? Bin ich etwa Euer Gefangener?« fragte er und warf ihr einen eisigen Blick entgegen.
Luovana schüttelte den Kopf. »Nein, Ihr seid nicht mein Gefangener.« Sie lehnte sich an die Säule. Irgend etwas an dieser Situation raubte ihr alle Kraft. Sie verstand es selber nicht. Was ging da vor? Hatte sie sich so täuschen können? War der Mann vor ihr wirklich der zärtliche Liebhaber, der ihr in der letzten Nacht alle Freuden geschenkt hatte, die ein Mann einer Frau zu geben hatte.
»Bruno, ich bitte Euch, sagt, was geschehen ist? Ihr seid so verändert.« Sie berührte seinen Arm, zog ihn aber sofort wieder zurück, als sie spürte, wie sich seine Haut unter ihren Fingern straffte.
»Nichts ist geschehen, oder vielmehr, es wird nichts mehr geschehen. Es wird Euch kein dunkler Zauber mehr gelingen, Hüterin des Feuers.« Er schaute sie finster an. Um seine Lippen herum gruben sich tiefe Falten in sein Gesicht und verliehen ihm eine tödliche Härte. »Ich habe einen Verrat begangen, für den ich den Rest meines Lebens werde büßen müssen. Vergrößert nicht meine Schmach, indem Ihr mich ständig daran
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