Die Flieger von Antares - 08
im Nebelmeer. Auf der anderen Seite des Flusses erhob sich ein hoher kegelförmiger Vulkan, dessen Krater von einer Rauchwolke umgeben war. Vielleicht glaubten die Lamnias auch, ich schaute immer wieder auf den Mächtigen Yrium, wie sie den Berg nannten. Im Nebelmeer gibt es zahlreiche Vulkane, die zusammen mit den häufigen Erdbeben eine Plage für diese Gegend sind.
»Ich bin Dray Prescot«, verkündete ich. »Krozair von Zy«, setzte ich hinzu, obwohl ich sicher war, daß sie nicht wußten, was das bedeutete.
»Llahal, Dray Prescot, Krozair von Zy. Sei uns willkommen in Podia. Erzählst du uns deine Geschichte?«
Ich setzte mich auf die Holzbank, auf die man deutete. Ehe ich zu berichten begann, reichte man mir ein Glas mit Fruchtsaft und stellte einen Teller Palines neben mich. Ich sprach von den Canops, jener kriegerischen Rasse, die von einem gewaltigen Erdbeben aus ihrer Heimat vertrieben worden war. Sie waren nach Migladrin gezogen. Ehe ich berichten konnte, daß die Miglas mit Hilfe meiner Freunde ihr Land zurückgewonnen hatten, reagierten die Lamnias auf meine Nachricht.
Zu meiner Überraschung waren sie enttäuscht, daß die Canops ihre Insel im Nebelmeer verlassen hatten.
»Es sind ehrliche Kaufleute«, sagte Rorpal und kratzte sich das laypomfarbene Fell unter dem Kinn. »Nun stellt sich niemand mehr gegen die Aragorn von Sorah.«
Wie Sie wissen, waren mir die üblen Machenschaften der Aragorn nur allzugut bekannt. Diese Wesen sind Sklavenjäger und Sklavenhändler; sie verschaffen sich Reichtum und Macht auf Kosten der Schwachen, die das Pech haben, ihnen ins Netz zu laufen. Die mutige Bevölkerung meiner Insel Valka hatte die dortigen Aragorn vertreiben können. Ich steckte mitten in politischen Bestrebungen, sie aus Vallia überhaupt zu verbannen. Und jetzt stieß ich wieder auf Aragorn, hier auf dem Kontinent Havilfar, inmitten des Nebelmeers. Der Umstand überraschte mich nicht. Diese Welt brauchte ständig Sklaven. Sklavenherren schlagen sich immer durch, solange sie schwache Völker finden, die sie versklaven können, und skrupellose Lebewesen, die sich zur Sklavenjagd hergeben.
»Fürchtet ihr die Aragorn von Sorah?«
»Aye, Horter Prescot. Wir fürchten sie.«
Ich lehnte mich zurück und überlegte. Mein Weg hatte mich hierher geführt, weil an einem Flugboot eine Strebe gebrochen war. Das Meer hätte mich an einen anderen Ort treiben oder mich verschlingen können. Nicht die Herren der Sterne hatten mich hier abgesetzt; keine blaue Strahlung hatte mich eingehüllt, keine riesige Nachbildung eines Skorpions hatte mich auf eine Mission für die Herren der Sterne geschickt. Nein, hier gab es für mich keine Aufgabe. Wenn ich mich in jeder Ecke Kregens in Angelegenheiten einmischte, die seit Jahrhunderten kaum verändert abliefen, kam ich ja überhaupt nicht mehr zur Ruhe! Diese Sache ging mich nichts an.
Zugleich spürte ich das Kribbeln des Bluts in meinen Adern, und das Wort Aragorn ließ mich die Fäuste ballen, als ersehnten sie sich ein Schwert.
Heute weiß ich, daß es nicht richtig ist, die Probleme anderer einfach links liegenzulassen. Aber bedenken Sie bitte, daß ich damals nach kregischen Verhältnissen noch sehr jung und außerdem frisch verheiratet war. Delia hatte mir Zwillinge geschenkt, Drak und Lela. Ich wollte unbedingt nach Valka zurückkehren, Delia in die Arme schließen und die Herren der Sterne, die Sklaverei und die anderen drückenden Probleme Kregens vergessen. Ich spielte sogar mit dem Gedanken, meine Suche nach den Savanti aufzugeben, jenen sterblichen, doch übermenschlichen Wesen aus der Schwingenden Stadt Aphrasöe.
Vorsichtshalber wechselte ich das Thema. »Wie ich sehe, findet gerade ein großes Fest statt, Horter Rorpal. Eure Jünglinge und Mädchen scheinen einen Wettstreit zu veranstalten.«
Rorpals trauriges Gesicht wirkte trauriger denn je, und er beugte sich vor.
In diesem Augenblick legte ihm ein greiser Lamnia die Hand auf den Arm. Sein Fell wies einen silbrigen Schimmer auf – ein klarer Hinweis auf das hohe Alter des Mannes. Warnend schüttelte er den Kopf.
Was Rorpal auch hatte sagen wollen, die Hand auf dem Arm und das Kopfschütteln brachten ihn zum Schweigen. Anstelle einer Antwort griff er in die Schale mit den Palines und begann nachdenklich zu kauen.
Obwohl ich meinen roten Lendenschurz und darüber einen breiten Ledergürtel trug, an dem ein Seemannsmesser hing, kam ich mir nackt vor. Auf Kregen, einer Welt, die einerseits
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