Die Flipflop-Bande
war er über den Graben am Straßenrand gesprungen und auf die Kinder zugestürzt, dass sie sein Gesicht nicht hatte sehen können. Aber seine Erleichterung und seine Liebe, die erkannte sie trotzdem. Er drückte sie fest an sich und dachte gar nicht daran, sie auszuschimpfen.
»Wir haben uns solche Sorgen gemacht, deine Mutter und ich«, murmelte er in ihre Haare hinein. »Weißt du eigentlich, wie spät es ist?«
»Ja, schon, Papa, ich weiß, es tut mir schrecklich leid. Aber das kommt, weil wir uns verlaufen haben und Memoli …« Lotte wollte die ganze Geschichteerklären, aber ihr Vater unterbrach sie. »Jetzt steigt erst mal ein. Du kannst mir unterwegs alles erzählen.«
»Können wir zuerst Memoli nach Hause bringen, Papa?«, fragte Lotte. »Sein Fuß tut ziemlich weh.«
»Natürlich, ich bringe euch alle vier heim.« Lottes Vater seufzte. Während sich die Mädchen auf die Rückbank quetschten und Memoli auf dem Beifahrersitz Platz nahm, holte Lottes Vater sein Handy aus der Tasche. »Ich habe sie gefunden, Karin«, sagte er. »Es ist alles in Ordnung. … Das wird sie uns sicher erklären können. … Bis gleich.«
Die nächste Viertelstunde war es ziemlich ruhig im Wagen. Lotte und Memoli waren viel zu müde und erschöpft, um zu reden. Lottes Vater war damit beschäftigt, alle Kinder dahin zu bringen, wo sie um diese Uhrzeit hingehörten. Zunächst hielten sie vor dem Mietshaus, in dem Memoli wohnte. Seine Mutter war schon in heller Aufregung, weil sie ihren Sohn bei sämtlichen Freunden und Verwandten vergeblich gesucht hatte.
»Mohamed Ali! Wo hast du denn gesteckt? Ich wollte gerade zur Polizei gehen!«, schimpfte sie und zog Memoli buchstäblich am Ohr in die Wohnung.
»Also, Tschüss dann. Bis morgen vielleicht …« Memoli konnte Lotte gerade noch zuwinken, bevor die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.
Lotte schaute ihm nach, obwohl es nichts mehr zusehen gab. Oje, der arme Memoli. Hoffentlich überlebte er die Strafpredigt, die gerade auf ihn niederging.
Als Nächstes wurde Liev abgeliefert. Noch bevor Lottes Vater etwas sagen konnte, war sie schon aus dem Auto gestiegen, hatte »vielen Dank« gemurmelt und war durch den Vorgarten aufs Haus zugerannt. Zehn Sekunden später konnte man sehen, wie sie das Fenster zu ihrem Zimmer aufdrückte, sich auf den Sims schwang und hineinkletterte.
»Also so was!« Lottes Vater schüttelte den Kopf, während er weiterfuhr. Er drehte sich zu seiner Tochter um. »Was habt ihr denn da nur für ein Geheimtreffen veranstaltet?«
»Das war so eine Art Bandentreffen, Papa. Es war eine Notsituation, weißt du? Memoli und ich, wir haben uns im Räuberwald verlaufen. Und ihr wart ja nicht zu Hause, als ich angerufen hab.«
»Weil wir unterwegs waren, um dich zu suchen, Lotte! Fritzi hat uns erzählt, dass ihr im Wald unterwegs seid, und wir haben überall gesucht. Habt ihr uns denn nicht rufen gehört?«
Lotte schüttelte den Kopf. »Wir haben nur einmal was gehört, aber das war weit weg und wir dachten, das wäre ein Uhu.«
»Ein Uhu?«
Lotte sprach schnell weiter. »Na, jedenfalls habich Fritzi angerufen, weil Memoli nicht mehr gehen konnte. Und dann ist die ganze Flipflop-Bande gekommen, um uns zu helfen.«
»Um dir zu helfen«, verbesserte Fritzi sie. »Memoli ist nämlich ein Wilder Wolf. Wegen dem wäre ich nicht extra aufgestanden.«
»Was ist er?« Lottes Vater guckte irritiert.
Jetzt war Lotte nicht mehr zu bremsen, das Ganze zu erzählen. Und so hörte sich ihr Vater, während er auch noch Hanan und Fritzi nach Hause brachte, die Geschichte vom Krieg zwischen den Flipflops und den Wilden Wölfen an. Immer noch schimpfte er kein bisschen mit Lotte. Er war sogar ziemlich schweigsam. Erst als Lotte und er allein im Auto saßen, fing er an zu reden. Und das wurde ein Gespräch, vor dem Lotte insgeheim schon seit Wochen Angst hatte. Denn eigentlich ahnte sie ja schon längst, was ihr Vater ihr zu sagen hatte.
Alles wird gut
Es fing damit an, dass Lotte von ihrem Kummer erzählte, weil sie aus der Bande geworfen worden war.
»Weißt du, Papa«, sagte sie. »Die Flipflops, das sind doch meine besten Freundinnen. Das ist so was wie ein Zuhause für mich.«
»In letzter Zeit bist du lieber mit deinen Freundinnen zusammen als mit uns, nicht wahr?«
Lotte versuchte, das Gesicht ihres Vaters zu erkennen. Irgendwie hatte Papa so geklungen, als ob er auf etwas Bestimmtes hinauswollte.
»Ja … manchmal schon«, antwortete sie zögernd. »Manchmal ist es
Weitere Kostenlose Bücher