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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
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die neue Puppe.“
    Kurz darauf erfuhr ein kleines Dorf in Nepal, dass Jesses neue Freundin Fee gerade eine Puppe namens Susi von Oma Oberammergau geschenkt bekommen hatte.
    Minnie beobachtete das laute Treiben schweigend.
    Der junge Mann… Nepal… die Puppe und Nadines Lachen… all das schien in eine andere Welt und zu einem fremden Leben zu gehören. Aber nicht zu ihrem.
    „Morgen“, sagte Andreas sanft, „ist ein Platz in der Klinik frei. Möchtest Du Deine Blutwäsche noch bekommen?“
    Die alte Dame richtete sich auf. Sie dachte an Marius, und wie es wäre, ihm rasch zu folgen. Doch ihr fiel auch Professor Pellenhorn ein, und dass sie ihren verstorbenen Zimmernachbarn vielleicht oben wiedersehen würde. Dann wollte sie Berthold in die Arme nehmen – und alles richtig gemacht haben.
    „Ich möchte die Behandlung“, sagte sie nüchtern. „Morgen will ich in die Klinik.“
    Ihr Verstand tat den ersten Schritt. Ihr Gefühl folgte ihm.
     
    „Morgen ziehen zwei neue Gäste ein!“
    Die übliche Runde hatte sich zum Kaffee versammelt, als Dr. Albers das Wort ergriff. „Bei einem der neuen Bewohner gilt es, besondere Verhaltensvorschriften zu beachten. Es ist ein Prominenter, den Sie alle kennen. Ich muss Sie bitten, nichts über seinen Aufenthalt in Haus Holle nach draußen zu tragen.“
    Andreas Albers verteilte Informationszettel an die Gäste. Darin stand, dass das Hospiz an die Bewohner appellierte, weder Fotos noch Videoaufnahmen von dem neuen Mitbewohner zu machen. Außerdem durfte Zimmer 8, wo zuvor Cristiano Vernandez gewohnt hatte, nicht mehr ohne ausdrückliche Aufforderung betreten werden und die Gäste mussten strengstes Stillschweigen über den Aufenthalt des prominenten Gastes bewahren.
    „Wer ist es?“, fragte Marisabel Prinz neugierig, weil der Name des Stars nicht auf dem Informationszettel genannt wurde.
    „Ein Talkshow-Moderator, der früher als Schauspieler gearbeitet hat, lange Zeit in Hollywood lebte und zum vierten Mal verheiratet ist“, antwortete Dr. Albers – „Otto G. Klatsch!“
     
    Otto G. Klatsch war jahrelang eine Institution im deutschen Fernsehen gewesen. Jetzt lebte er seit Jahren in Miami, und hegte einen großen Groll auf Deutschland. Sein Ärger basierte darauf, dass hierzulande jeder Schritt eines Prominenten beäugt wurde und seine Fernsehshows, die früher Millionen vor den Bildschirm bannten, nunmehr nicht nur mit sinkenden Einschaltquoten zu kämpfen hatten, sondern auch von Kritikern auseinander genommen wurden. Mit anderen Worten: Otto G. Klatsch war – medial betrachtet – von vorgestern. Doch er hatte es versäumt, den Absprung zu schaffen und feierte mit immer anspruchsloseren Fernsehshows ein zum Scheitern verurteiltes Comeback nach dem nächsten. Hätte eine große deutsche Zeitung nicht vor kurzem enthüllt, dass Otto G. Klatsch an Darmkrebs erkrankt war, hätte die Karriere des in die Jahre gekommenen Showmasters wohl ein unrühmliches Ende in einer TV-Sendung wie Ich bin ein Star – holt mich hier raus! gefunden. So aber war seine letzte Station Haus Holle.
    Otto G. Klatsch indes sah das vollkommen anders. Er glaubte nicht, dass er sterben musste, sondern betrachtete sein Zimmer in Haus Holle nur als eine Zwischenstation auf dem Weg zu seiner Genesung. Der 69-Jährige plante, das Beste aus der momentanen Situation machen, indem er einen Film über sich drehte, der sein großes Comeback einläuten sollte. Klatsch und seine Entourage – ein Pressesprecher, ein Kamerateam und zwei Assistentinnen – enterten Zimmer 8, dem Cristiano entflohen war, zum gleichen Zeitpunkt, als der junge Polizist Kai Bergmann Zimmer 2 Mal zum ersten Mal betrat. Bergmann ersetzte Marius Stamm. Der 37-Jährige wurde von seiner Frau Karoline und seinem dreijährigen Sohn Leon begleitet.
    Während der Einzug des jungen Polizisten ruhig verlief, war im zweiten Stock die Hölle los. Otto G. Klatsch hatte seine eigenen Vorstellungen darüber, wie sein Übergangsquartier einzurichten war. Ständig läutete eines der vier Smartphones seiner Assistentinnen, die damit beschäftigt waren, Orchideen aufzutreiben, Zimmer 8 auf den Kopf zu stellen und einen weißen Flokati-Teppich auszurollen.
    Der junge Jesse war dem Press eteam ein Dorn im Auge. Klatsch’s Assistentinnen hatten gleich bemerkt, dass er im Internet surfte, und sich auf Facebook herumtrieb. Eine geschminkte Dame namens Anja nahm den Förster deshalb vorsorglich ins Gebet: „Unser Filmteam hat alle Rechte an der

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