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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
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durch die dunkle Mähne. „Am Abend esse ich gerne Sushi, das ist am besten verdaulich. Frühstücken will ich pünktlich um 7.30 Uhr, um meinen Rhythmus beizubehalten. Vormittags sind meine Kräfte am größten. Ich muss in den nächsten Tagen eine ganze Reihe von Terminen absolvieren. Zwar verlasse ich Haus Holle in wenigen Tagen schon wieder, aber bis dahin möchte ich zum Mittag Risotto. Wer wäscht die Kleidung in diesem Haus?“
    Seine Assistentin ließ Katharina rufen. Geduldig erklärte die Hauswirtschafterin dem prominenten Gast, dass sie die Wäsche der Bewohner mit gesponsertem Desinfektionsmittel reinigte.
    „Nicht meine,“ sagte Klatsch, während eine Stylistin sein Gesicht puderte und eine Ladung Haarspray die Luft erfrischte. Umgehend rief der Star seine Assistentin zu sich und befahl ihr, eine private Reinigungsfirma mit der Pflege seiner teuren Garderobe zu beauftragen.
     
    Kai Bergmann weinte.
    Kaum hatten seine Ehefrau und sein Sohn das Zimmer verlassen, um einen kurzen Spaziergang zu machen, war der Polizist in Tränen ausgebrochen.
    In diesem Moment klopfte es an seine Tür. Rasch wischte sich Bergmann die Tränen aus den Augen, und Andreas  Albers betrat Zimmer 2.
    Dem Psychologen stachen Bergmanns aufgequollene Tränensäcke in die Augen. Außerdem sah er unzählige Figuren aus der Sesamstraße und der Muppet-Show , die sich in Zimmer 2 versammelt hatten. Einträchtig saßen Kermit, Bibo, Grobi, Oscar und Miss Piggy auf dem Kopfkissen des Bettes. Zweifellos: Der kleine Leon hatte seine ganzen Spielgefährten für den Papa mitgenommen.
    „Wie geht es Ihnen?“, fragte Dr. Albers.
    „Nie wieder Lohnsteuererklärung, nie wieder Schlange stehen im Supermarkt, nie wieder Verbrecher einbuchten“, antwortete der junge Polizist. „Alles hat etwas für sich, nicht wahr?“
    „Das ist eine Frage der Perspektive“, meinte Dr. Albers. „Aber wie geht es Ihnen wirklich?“
    „Soweit ganz in Ordnung“, entgegnete Bergmann. „Ich sammele mich noch. Ich kann mir nicht vorstellen, was auf mich zukommt. Mein Gehirn begreift es nicht.“
    „Sie stehen unter Schock“, erklärte Andreas. „Ich habe Ihre Krankenakte gelesen. Der Krebs ist weit fortgeschritten. Was ist Ihre größte Sorge?“
    „Meine Frau zurück zu lassen…“, gestand der junge Familienvater. „Und zu wissen, dass sie die Verantwortung für den Kleinen künftig allein trägt.“
    „Gibt es Personen, die ihr dabei helfen können?“
    „Gott sei Dank, ja“, verriet Bergmann. „Ihre Eltern leben noch, genau wie mein Vater. Außerdem hat Leon zwei Paten. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir wirklich getrennt werden müssen.“
    Albers schwieg, und der Polizist fuhr fort. „Ich möchte meine Beerdigung mit Karoline besprechen. Aber ich möchte nicht, dass sie denkt, ich würde mich aufgeben.“
    Dr. Albers wusste, wie schwer es Liebenden fiel, den anderen zu verlieren. „In der Zeit nach Ihrem Tod können wir Ihre Frau in unserem Übergangshaus unterstützen. Es wurde kürzlich eingerichtet, damit trauernde Angehörige und verwitwete Personen sich mit Psychologen und anderen Gleichgesinnten austauschen können.“
    Andreas atmete tief ein. „Ich will Ihnen nichts vormachen, Herr Bergmann. Ihre Frau wird in ein tiefes Loch fallen. Aber etwas anderes ist genau so wahr: Wir haben es bislang immer geschafft, Zurückg ebliebenen auf deren zukünftigem Weg eine starke Stütze zu sein. Wenn Sie mögen, zeige ich Ihnen und Ihrer Frau das Übergangshaus gern einmal!“
    Entsetzt riss Kai die Augen auf. „Auf keinen Fall! In Gegenwart von Karoline werde ich nicht über den Tod reden. Sie könnte sonst zusammen brechen. Bitte versprechen Sie mir das.“
    Dr. Albers reichte ihm die Hand. „Felsenfest versprochen“, sagte er.
    Kai Bergmann zwinkerte ihm zu. „Wenn Sie Ihren Schwur brechen, muss ich Sie leider verhaften…“
     
    Otto G. Klatsch war unruhig.
    Nichts lief nach Plan. Er fühlte sich körperlich unwohl. Außerdem kam sein Team nicht voran, und er befürchtete bereits, dass er die Pressekonferenz verpassen würde. Noch immer sah er unpassend aus. Selbst der maßgeschneiderte Anzug saß nicht so gut wie in seiner Vorstellung. Das Jackett schlackerte um seinen Oberkörper, der Krawattenknoten konnte den eingefallenen Adamsapfel nicht verbergen und der Gürtel brauchte vier neue Löcher, um die Hose nicht nach unten rutschen zu lassen. Alles wirkte wie gewollt und nicht gekonnt. Sein Look würde ihn der kollektiven

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