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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
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lächelnd. „Wie geht es Ihrer Mutter? Kommt Sie mit der Veränderung zurecht?“
    „Erstaunlicherweise ja. Die Zeit in Haus Holle hat ihr sehr geholfen. Dank Ihrer Hilfe konnte sie sich in den letzten Wochen voll und ganz auf meinen Vater konzentrieren. Ich glaube, die beiden haben sich alles gesagt, was sich ein Ehepaar nach so vielen Jahren sagen möchte. Dank Ihnen ist sie die Angst losgeworden, nachts mit meinem Vater allein zu sein, wenn es ihm schlecht ging. Statt den Notarzt rufen zu müssen, musste sie bloß auf den Alarmknopf drücken. Wir werden nie vergessen, wie sehr Sie uns geholfen haben.“
    Dann ging er nach oben.
    Olimpia öffnete ihm die Tür.
    „Minnie schläft“, sagte sie leise. „Sie ist gerade eingenickt. Möchten Sie später noch einmal wiederkommen?“
    „Ich warte lieber“, entgegnete Mike. „Es ist wichtig.“
    „ In diesem Fall ziehe ich mich mal zurück“, sagte die Trans-Frau höflich. „Bei Ihnen ist Minnie ja in guten Händen. Aber lassen Sie sie – um Himmels willen – nicht allein. Bevor Sie gehen, machen wir einen Schichtwechsel. Versprochen?“
    Mike gab ihr Five.
     
    Der Reporter saß zwei Stunden an Minnies Bett. Endlich schlug die alte Dame ihre Augen auf, und war sofort die Herrin der Lage.
    „Und?“, fragte sie. „Was haben Sie herausgefunden?“
    „Es hat eine Nacht und einen halben Tag gedauert“, antwortete Mike. „Aber dann habe ich diese zwei Faxe bekommen…“
    Mit wachen Augen überflog die alte Dame die Papiere, legte sie seufzend beiseite und sagte: „Das erklärt natürlich alles.“
    „Was machen wir nun?“
    „Abwarten“, meinte Minnie. „Bitte holen Sie mir Olimpia!“
    „Aber ich verstehe nur Bahnhof!“
    „Sie werden die Lösung früh genug erfahren“, sagte Minnie bestimmend. „Das verspreche ich Ihnen!“
    Die alte Dame stellte das Rückenteil ihres Bettes hoch und drückte Mike ein Foto in die Hand. „Jetzt müssen Sie mir noch einen allerletzten Gefallen tun“, bat sie eindringlich. „Besuchen Sie Frau Prinz. Fragen Sie sie geschickt aus, ob sie diese Person in der Nacht von Knopinskis Tod im Haus gesehen hat.“
    Sie senkte die Stimme. „Aber bitte – seien Sie vorsichtig! Und lassen Sie sich nichts anmerken…“
     
    Mike betrat die Treppe.
    Sein Ziel war Zimmer 9 – der Raum von Marisabel Prinz.
    Als er die Zwischenetage erreichte, sah er einen kahlköpfigen, unglaublich fetten Mann, dessen Gewicht er auf 300 Kilo schätzte. Um seine Füße tollten eine schwarze, französische Bulldogge und ein weißer Chihuahua – ein witziges Gespann, das der Dicke nicht bremsen konnte. Da konnte er noch so oft Aries und Zeus rufen.
    Ein neuer Gast, eine neue Ära.
    Gerade redete ein gutaussehender Jüngling auf den Dicken ein.
    „… und dann wurde ich von Fußballspielern getreten, die mit meiner Entscheidung unzufrieden waren“, sagte der Schönling. „Das passiert vielen Schiedsrichtern. Deshalb gibt es immer weniger Männer, die meinen Beruf ergreifen wollen.“ Die Erzählung des schönen Schiedsrichters endete damit, dass der Fußtritt zu spät gekommen war. Zwar hatten die Ärzte beim Röntgen einen faustdicken Tumor im seinem Körper entdeckt, doch der Krebs hatte bereits gestreut.
    Zwei neue Gäste, zwei neue Geschichten.
    Instinktiv lief Mike bis ans Ende des Flurs – bis zum Zimmer seines Vaters. Erst im letzten Moment erkannte er seinen Fehler und schlug sich vor die Stirn. In Zimmer 12 lag ja ein neuer Gast. Der Journalist seufzte.
    Zielstrebig ging er in die andere Richtung, erklomm die Treppe und klopfte an die Tür von Zimmer 9.
    Niemand rief Herein .
    Also drückte Mike die Klinke hinunter. Es war 18.07 Uhr.
     
    „Bitte kaufe morgen ein Tagebuch für mich, Ute!“
    Minnie kramte in ihrer Handtasche, um ihrer Tochter zehn Euro zu geben. Dabei fand sie die Karte, die ihr der nette Taxifahrer am 1. November gegeben hatte. Wie hatte er gleich geheißen? Daniel!
    „Der soll Dich abholen“, bestimmte die alte Dame. „Bewahre die Karte gut auf. Wenn Du mal einen schwierigen Gang vor Dir hast – und in der Stadt bist – soll er Dich chauffieren. Ich bin mir sicher, dass er Dir Glück bringt!“
    Ute musterte das Kärtchen. „Wozu brauchst Du ein Tagebuch?“
    Die alte Dame lächelte. „ Ich möchte mein Vermächtnis aufschreiben. Es ist eine wilde Geschichte…“
     
    In Zimmer 9 war es still. Trotzdem lag Unruhe in der Luft.
    Marisabel Prinz hatte sich innerhalb weniger Stunden verändert.
    Zwar hatte sie

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