Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
Vom Netzwerk:
und um Angies Zukunft macht. Unser Gefühl sagte uns, dass wir ihn ausladen mussten. Bevor ich Angie kennengelernt habe, bin ich stets Kompromisse eingegangen. Meine Frau hat mir beigebracht, dass man seine Meinung am besten klipp und klar sagen soll. Wir waren und sind immer aufrichtig zueinander.“
    Jetzt war der richtige Zeitpunkt gekommen, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. „Wie fandet Ihr das alte Scheusal?“, fragte Mike.
    Annette und Angie blickten ihren Bekannten an. „Du meinst den fiesen Knopinski?“ Angie knetete ihre Finger. „Der war das Letzte, ein totaler Nazi. Einmal, als wir ihn unten trafen, sagte er, unterm Strich wären Homosexuelle alle gleich – Abschaum und Dreck. Gute Menschen wären anders. Und, dass man dort, wo er herkäme, gewusst hätte, wie mit uns umzugehen sei. Der war noch schlimmer als Papst Benedikt, der jetzt endlich zurücktritt.“
    „Schwamm drüber“, meinte Annette. „Ist es nicht häufig so? Die meisten Lesben- und Schwulenhasser hetzen gegen uns, weil sie Angst vor uns haben und nur mit klaren Rollenverteilungen klar kommen. Als ob sich Lesben und Schwule nur über den Begriff Sex definieren würden…!“
    „Meiner Meinung nach hat der Hass auf Homosexuelle ganz andere Gründe“, sagte Angie. „Religionen wie das Christentum und der Islam haben die gleichgeschlechtliche Liebe jahrhundertelang verpönt und die Ansichten der Gesellschaft negativ beeinflusst. Deshalb finden heterosexuelle Männer auch die Vorstellung eklig, dass Schwule mit einem anderen Mann von hinten vögeln – wegen Vorurteilen über mangelnde Hygiene und der jahrelang aufgebauten Scham. Die sollten mal Charlotte Roches Bestseller Schoßgebete lesen! Oder bei Wikipedia nachschlagen. Dort steht: „ Insbesondere bei Männern herrscht oft die Meinung vor, Frauen würden dem Analverkehr ablehnend begegnen oder nur dem Partner zuliebe praktizieren. Passiver Analverkehr ist eine Frage der persönlichen Präferenz, jedoch empfinden viele ihn als sehr lustvoll. Teilweise wird der Analverkehr von Frauen dem Vaginalverkehr gegenüber bevorzugt .“
    „Ich find’s blöd, dass Schwule und Lesben von den Medien einseitig dargestellt werden“, rief Mike. „Ich hab nichts gegen die Darstellung von Schwulen als bunte Spaßvögel, aber die ganzen anderen Facetten fehlen tendenziell immer noch. Genau wie Dicke in den Medien größtenteils als Tollpatsche wie in Doctor’s Diary oder Verfressene wie in Es kommt noch dicker dargestellt werden.“
    „Genau“, erwiderte Annette. „Abgesehen davon, dass schrille Tunten und bunte Lesben genau so viel wert sind wie gutgebaute Landwirte aus Bauer sucht Frau , sexy Cowboys aus Brokeback Mountain oder das indische Frauenpaar aus Fire , sollte unsere Gesellschaft mal genau hingucken, wer alles lesbisch und schwul ist und war – von Guido Westerwelle über Hape Kerkeling bis hin zur Ex-Mutter der Nation, Inge Meysel. Ich find’s traurig, dass sich Profifußballer immer noch vor einem Outing scheuen. Wenn sie sagen würden, dass sie schwul sind – glaubt Ihr wirklich, dass ihre Karriere dann beendet wäre? Angeblich bereitet der DFB gerade einen Verhaltenskodex für Fußballer vor, die ab Ende Februar geoutet werden sollen. Jeder, der gleichgeschlechtlichen Sex anprangert, sollte sich mal einen Porno im Internet ansehen. Das baut Angst ab! Was George Clooney dazu sagt, finde ich super: Er meinte, er würde niemals sagen, dass er nicht schwul wäre – weil das so klänge, als ob Schwulsein was Schlechtes wäre.“
    Mike lenkte das Thema zurück auf das eigentliche Thema. „Fandet Ihr es seltsam, dass die alten Knopinskis gleichzeitig gestorben sind?“, fragte er.
    „Schwer zu sagen“, antwortete Angie. „Wir waren in der Nacht nicht hier.“
    „Du auch nicht?“ Intensiv musterte der Journalist Annette.
    „Nein“, log die Kranke.
    Mike wandte den Blick nicht von ihr ab.
    Daraufhin griff Annette nach einem Kalender, blätterte sich durch die ersten Tage des Novembers und fragte: „Wann ist Knopinski nochmal verstorben?“
    „In der Nacht, als Ihr Angies neue Wohnung einweihen wolltet!“
    Annette schlug sich vor die Stirn. „Stimmt ja! In dieser Nacht hatten wir einen gemütlichen Abend bei Angie verbracht, als ich merkte, dass ich meine Morphiumpillen in Haus Holle vergessen hatte und plötzlich unter Schmerzen litt. Weil Angie schon schlief, bin ich mit dem Taxi hierher gefahren, um sie zu holen. Dann brach ich in meinem Zimmer

Weitere Kostenlose Bücher