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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Gewissheiten ganz und gar durchdrungene Stimme meiner Tochter.
    Ihr könnt nicht auf zwei Seiten zugleich stehen. Letztlich müsst Ihr Euch entscheiden.
    Aber ich hatte mich bereits entschieden. Ich hatte das Opfer der Bequemlichkeit vorgezogen, meine Aufgaben dem Vergnügen, die Pflicht der Leidenschaft. War das denn nicht genug?
    Meine Hände ballten sich in meinem Schoß zu Fäusten. Ich würde auf Philipps Drohungen nicht eingehen. Ich würde nicht zulassen, dass er mir in meinen eigenen Angelegenheiten Vorschriften machte. Ich würde mich ungeachtet aller Hindernisse weiter um Frieden bemühen. Ich würde meinen Söhnen kein Chaos als Erbe hinterlassen. Ich würde nicht Tausende von französischen Männern und Frauen wegen ihrer religiösen Überzeugungen den Flammen überantworten.
    Und ich würde Coligny nicht im Stich lassen. Ich hatte ihn – und mich – lange genug verleugnet.

    Wir erreichten Blois bei verfrühtem Schneefall. Nachdem ich den Hof wiedereingesetzt hatte, bestätigte ich in einer Proklamation meine Haltung für Toleranz zwischen den Glaubensrichtungen und befahl den Hochadel zu unserer weihnachtlichen Kronratssitzung an den Hof.
    Eine der Einladungen erging an Coligny.

    Die Begrüßung fand im Prunksaal von Blois statt. Charles und ich saßen auf unserem Podest, während die Fürsten und ihre Frauen vor uns vorbeidefilierten. Die Wände waren behängt mit prächtigen Teppichen, die von teuren parfümierten Kerzen beleuchtet wurden. Dazu hatte ich Girlanden anbringen und die Wandpfeiler mit sternenbedeckten Zweigen schmücken lassen, um eine festliche Stimmung zu verbreiten. Doch mich erfasste eine immer stärker werdende Unruhe.
    »Sie tragen ja alle weiße Bänder oder goldene Kreuze!«, zischte ich Birago zu. »Was soll diese neue Mode?«
    Mein Berater runzelte die Stirn. »Hugenottische Symbole auf der einen Seite, katholische auf der anderen.«
    Mir fiel wieder die lange zurückliegende Nacht in Fontainebleau ein, als ich vergeblich versucht hatte, die Hugenotten in unserer Mitte zu identifizieren. Damals hatte ich glitzernden Schmuck und prächtige Kleider gesehen und von überall her nur Gelächter und geistreiche Bemerkungen gehört. Jetzt herrschte eine Atmosphäre, als würde sich die Luft jeden Moment in einem Gewitter entladen, und die Mienen der Edlen vor mir wirkten entsprechend düster.
    »Seit wann befinden es die Mitglieder dieses Hofs für nötig, ihre Religionszugehörigkeit öffentlich zu bekunden?«, murmelte ich unwillig und vergaß, dass Charles direkt neben mir saß. »Das kann ich nicht dulden.«
    »Erlasst ein Dekret dagegen«, witzelte Charles mit einem angespannten Lachen. »Aber macht das besser schnell, bevor der nächste Krieg ausbricht. Denn seht nur: Da kommen unsere katholischen Standesgenossen.«
    Ich straffte mich unwillkürlich. Die Guises schritten herein. Le Balafrés Witwe kam verschleiert, während ihr fünfzehnjähriger Sohn zum Zeichen seiner Trauer ein weißes Satinwams trug. Die übrigen Mitglieder der Familie wurden angeführt von Monseigneur, dem Kardinal. Ein kurzer Blick auf sein heimtückisches Lächeln genügte, um mir Gewissheit zu verschaffen, wer diesen theatralischen Auftritt ausgeheckt hatte, um mich daran zu erinnern, dass der Geist von le Balafré in ihnen fortlebte.
    »Ich wusste gar nicht, dass Ihr aus Rom zurück seid«, stellte ich fest, als der Kardinal sich vor mir verneigte und Charles’ ausgestreckte Hand küsste. »Ich darf annehmen, dass der Heilige Rat gut verlaufen ist?«
    »Hervorragend. Seine Heiligkeit hat einen Bann über sämtliche Ketzer verhängt.«
    Charles blitzte ihn an. »Bei Gottes Blut!«, fluchte er, ohne die Stimme zu senken. »Warum müsst Ihr immer alles verderben? «
    Ich stieß ein nervöses Kichern aus und wollte ihn gerade daran erinnern, dass die Guises unsere Gäste waren, als ich eine weitere Gestalt bemerkte, die sich uns näherte.
    Stille senkte sich über den Saal.
    Auch der neue Gast trug Weiß. Tiefe Falten durchfurchten seine Stirn und umrahmten seinen einstmals weichen Mund, während sich durch sein schütter werdendes Haar silberne Fäden zogen. Seine tief umschatteten Augen verrieten nichts außer scheuer Zurückhaltung.
    »Willkommen, werter Coligny«, sagte ich leise. »Seid Ihr in Trauer?«
    »Ja. Meine Frau Charlotte ist nach langem Leiden verschieden. «
    »Gott sei ihrer Seele gnädig«, murmelte ich. Und während ich noch gegen eine schuldbeladene Anwandlung von Hoffnung kämpfte,

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