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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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wandte er sich an Charles. »Meine Frau starb, bevor sie meine Entlastung von der verabscheuenswürdigen Beschuldigung erfahren konnte, die gegen mich erhoben wurde. Mit dem Rückruf meiner Wenigkeit an den Hof erweist Eure Majestät ihrer Erinnerung eine große Ehre. So habe ich die Möglichkeit, meinen rechtmäßigen Rang einzunehmen und meinen guten Namen wiederherzustellen.«
    Seine kaum verhüllte Anklage ließ mich erstarren. Gab er mir die Schuld an seinem Exil? Ich hatte mich darauf gefreut, ihn wiederzusehen und unser Verhältnis neu zu ordnen. Mehr erwartete ich nicht, denn mir war klar, dass es zu gefährlich wäre, das, was wir verloren hatten, wiederzubeleben. Gleichwohl hatte ich nicht diese Kälte erwartet, nicht diese Präzision, mit der er seine Ansprache an meinen Sohn richtete, als wäre ich nicht im Raum.
    Bevor ich reagieren konnte, stieg Charles von unserem Podest herab und stellte sich neben Coligny.
    »Ihr seid hier willkommen«, hörte ich ihn sagen, ehe er sich an den Hof wandte und seine schmalen Schultern straffte. Ich hatte eine Rede für ihn entworfen, doch statt sich an meine Worte zu halten, sprach er aus eigenen Stücken und mit einer kräftigen, selbstbewussten Stimme, die mich überraschte.
    »Ich wünsche mir, dass diese Zeit des Feierns von gutem Willen und Versöhnung zwischen den hohen Familien meines Reichs geprägt sein möge, denn wir alle sind schließlich Brüder in Jesus Christus.« Er kehrte zu Coligny zurück, fasste ihn an den Schultern und küsste ihn auf den Mund. Wie gelähmt saß ich da und beobachtete, wie er die Guises zu sich winkte. »Kommt, begrüßt euren Bruder.«
    Coligny stand regungslos da. Man hätte meinen können, er hätte sein Leben lang auf diesen Moment gewartet, obwohl Charles im Grunde völlig spontan auf ihn zugegangen war. Ein kurzer Blick auf Birago bestätigte mir, dass mein Berater nicht minder konsterniert war als ich. Das erfüllte mich sowohl mit Stolz auf meinen Sohn als auch mit Sorge. Auch wenn Charles als König wahrgenommen werden wollte, hätte er erst Birago oder mich fragen sollen, ehe er diesen Anlass und diese Methode wählte, um seine Ansprüche zu betonen.
    »Ich befehle es euch«, fügte Charles hinzu.
    Vor den bewundernden Blicken der versammelten Menge trat nun Monseigneur vor und kniff Coligny in die Wange. Ihm folgte die Herzogin. Fast erwartete ich, sie würde den Schleier zurückschlagen und Coligny ein Messer zwischen die Rippen rammen, doch dann beugte sie sich vor, um einen Wangenkuss von ihm zu empfangen und dann zur Seite zu treten.
    Nur der junge Guise rührte sich nicht. Coligny wollte schon von sich aus auf ihn zugehen, als ihm Guise unvermittelt ins Gesicht fauchte: »Mörder! Ich werde dafür sorgen, dass du für den Tod meines Vaters büßt!« Er wirbelte zu Charles herum. »Majestät, ich fürchte, ich muss mich zurückziehen.«
    Charles lief feuerrot an, als Guise eine knappe Verbeugung vollführte und hinausstolzierte. Nun erhob ich mich von meinem Sitz. »Nein«, flüsterte ich, »lass ihn gehen. Du hast dich klar genug geäußert. Trag jetzt vor, was ich für dich geschrieben habe.«
    Charles erstarrte. »Befehlt mir nicht, was ich zu tun habe«, zischte er. Und an die Menge gewandt, erklärte er: »An diesem Hof soll nicht länger die Rede von Ketzern sein. Jeder von uns ist zuallererst Franzose!« Und als ich schon dachte, er würde meine Bitte einfach ignorieren, sagte er, an Coligny gerichtet: »Edler Herr, wir vergeben Euch Eure Vergehen gegen uns und verlassen uns darauf, dass Ihr uns von nun an treu dienen werdet. Hiermit weisen wir Euch Euren Sitz im Kronrat zu, damit Ihr uns in allen Angelegenheiten, die dieses Reich betreffen, mit Eurem Rat zur Seite steht.«
    Coligny verbeugte sich. »Eure Majestät erweist mir größere Ehre, als ich verdiene.«
    Charles lächelte, dann schritt er, gefolgt von seinen Höflingen, in den Bankettsaal.
    Coligny blickte mich an. »Ich bin gekommen, um meinen Namen wiederherzustellen. Diese Ehre habe ich nicht erwartet. «
    Soeben hatte mein Sohn zum ersten Mal seinen unabhängigen Willen durchgesetzt. Während ich noch darum rang, die Tragweite des Ereignisses zu erfassen, spürte ich jäh das Misstrauen des Mannes mir gegenüber, der anscheinend überall, wo er auftauchte, Zwietracht säte.
    »Ich habe Euch einmal angekündigt, dass ich Euch in den Kronrat berufen werde«, brachte ich hervor.
    »Das habt Ihr.« Er zögerte. »Ich muss Euch um Verzeihung

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