Die florentinische Prinzessin
enden. Ich hatte mich des Erfolgs so sicher gewähnt und war davon ausgegangen, dass Nostradamus’ Prophezeiung vor so vielen Jahren Navarra und mir gar nichts anderes übrig ließ, als diese eine Tat zu begehen.
Aber keine Wahrheit kann wirklich sicher sein, wenn sie die Zukunft betrifft, hielt ich mir jetzt vor und unterdrückte ein bitteres Auflachen. Das Schicksal, so schien es, war von allen Betrügern der grausamste.
Schließlich löste ich mich aus meiner Starre. Ich musste mich darauf vorbereiten, meinen Sohn zu Hause willkommen zu heißen. Er hatte nichts anderes getan, als in seiner Rüstung herumzusitzen und das Ende dieses kurzen Krieges abzuwarten. Als er nun in den Hof des Louvre ritt, war sein Gesicht aschfahl und vom Schock gezeichnet.
Louise empfing ihn mit einer tränenreichen Umarmung. »Gott bewahre mich«, flüsterte er, als er sie fest an sich drückte. »Jetzt ist alles, was ich habe, Guise schutzlos ausgeliefert.«
Mit Grabesstimme sagte ich: »Vergiss nicht, er weiß nichts von unserer Beteiligung am Komplott. Ich werde ihn an den Hof einladen, als ob ihr zwei immer noch Verbündete wärt.«
»Er hat eine ganze Armee unter seinem Kommando. Er wird meinen Kopf verlangen.«
»Ich verspreche dir: Er wird nicht gewinnen.« Ich zog meinen Sohn näher an mich heran. »Eine letzte Möglichkeit bleibt uns noch …«
Selbst im Thronsaal des Louvre war der Jubel in den Straßen noch gedämpft zu vernehmen. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie die Kinder Blumen in die Luft warfen, die Frauen sich Tränen aus dem Gesicht wischten und die Männer – und zwar alle, ob Kürschner, Ladeninhaber, Händler oder Bettler – die Fäuste schwangen, während sie Guises Namen brüllten und den Mann priesen, der Frankreich vor der hugenottischen Bedrohung gerettet hatte. Ich empfand es freilich als bittere Ironie des Schicksals, dass sie nicht den Schimmer einer Ahnung hatten, wer Guise unfreiwillig zu diesem Triumph verholfen hatte.
Ich warf einen Blick auf Henri mit seiner Krone und dem mit Juwelen besetzten Mantel. Steif saß er auf seinem Thron, während Louise neben ihm unablässig die Finger ineinander verknotete. Ich befand mich vor dem Podest. Längs der hinteren Wand war Henris komplette Leibwache, die Fünfund vierzig , angetreten. Valette, mit Kettenhemd bekleidet und einer Pistole unter dem Gürtel, bewachte die goldene Flügeltür.
Plötzlich hörte ich Schritte näherkommen. Unwillkürlich richtete ich mich auf meinem Stuhl auf, denn lebhafte Erinnerungen an früher brachen über mich herein, als le Balafré in den Palast gestürmt war und ich mich ihm in ebendiesem Saal, meinen Sohn Charles an meiner Seite, entgegengestellt hatte. Damals war ich wütend gewesen, frech und kühn, bereit, den Guises eine Schlacht bis zum Tod zu liefern. Mein Wunsch nach Vergeltung hatte seitdem keineswegs nachgelassen, doch heute wartete ich in wohlkalkulierter Ruhe – wie eine Spinne in ihrem sorgfältig gesponnenen Netz.
Der Kreis hatte sich geschlossen, nur hatte ich im Gegensatz zu den anderen aus meinen Fehlern gelernt.
Ich warf erneut einen Blick auf Henri. Er straffte die Schultern, denn nun kam Guise, gefolgt von sechs hohen Adeligen in schwarzen Kleidern, hereinstolziert. Guise wirkte beeindruckend mächtig in seinem weißen Wams, der weiten, kurzen Kniehose und den Lederstiefeln, die seine muskulösen Beine voll zur Geltung brachten. Sein Wahrzeichen, der rote Umhang, bedeckte der neuesten Mode entsprechend nur eine Schulter. Sein Kinn zierte ein blonder Spitzbart, und die Augen glühten so kühn wie die eines Raubvogels in seinem von der Sonne gebräunten Gesicht, welches trotz seiner mittlerweile siebenunddreißig Jahre kaum Falten aufwies.
Als er das Podest erreichte, verneigte er sich. »Eure Majestät hat um mein Erscheinen gebeten … hier bin ich.«
»Meine Bitte«, erwiderte Henri, »lautete, dass Ihr mich allein aufsucht, ohne Eskorte.«
»Ich kann nichts dafür, wenn die Leute mich lieben«, entgegnete Guise mit einer Arroganz, die mich vor Wut mit den Zähnen knirschen ließ. »Aber wenn Ihr es befehlt, werde ich sie bitten, den Raum zu verlassen.«
Henri erhob sich abrupt von seinem Thron. Wütend stach er mit dem Finger in Guises Richtung. »Wer ist der König hier? Ihr oder ich? Ihr werdet Eure Edlen sofort wegschicken! « Seine Blicke waren auf die katholischen Adeligen gerichtet, unter deren weiten Umhängen Waffen verborgen sein mochten. Wie ein Mann zückten die
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