Die florentinische Prinzessin
auftauchen.
»Diane de Poitiers, Witwe des Seneschalls der Normandie. Wir nennen sie la Sénéchale.« Sie hob die Brauen. »Offenbar findet sie auch nicht gerade Eure Billigung.«
»Billigung?«, fauchte ich. »Er hat kein Recht dazu! Wie kann ich ein Kind von ihm empfangen, wenn er all seine Zeit bei seiner Mätresse verbringt?« Kaum war es ausgesprochen, hätte ich es am liebsten zurückgenommen. Ich hatte sie beleidigt. Schließlich war auch sie eine königliche Mätresse.
Die Herzogin musterte mich lange. Dann sagte sie knapp und klar: »Männer tändeln gern; als Frauen müssen wir das ertragen. Aber kein Mann sollte das Getändel über die Pflicht stellen. Anders als unsere Sénéchale habe ich immer gewusst, wo mein Platz ist. Der König hat seine Kinder und will keine mehr; die Ehe mit seiner zweiten Königin, Eleonore, ist eine rein politische Verbindung. Aber Eure Ehe ist etwas ganz anderes. Als François’ zweiter Thronerbe wird von Henri erwartet, dass er Söhne zeugt. So kann das nicht weitergehen. Ich fürchte, wir müssen mit Seiner Majestät sprechen.«
»Ach nein! Bitte nicht!« Panik befiel mich. Ich hatte das Gefühl, als hinge meine ganze Zukunft davon ab, meine Jungfräulichkeit geheim zu halten. »Ich möchte nicht, dass jemand anders davon erfährt … es ist so demütigend.«
»Ich wüsste nicht, wieso. Keiner gibt Euch die Schuld an dem Debakel.«
Ich nahm mich zusammen. Mir schien, die Herzogin hatte ihre eigenen Gründe, die Sénéchale abzulehnen; vielleicht sah sie in ihr die eigene Zukunft schon vor sich, die Zeit, da sie zu alt sein würde, um sich die Zuneigung des Königs zu bewahren. Wie auch immer, es würde mir nichts nützen, die hilflose Jungfrau zu spielen; besser wäre es, durch ihren Einfluss die Unterstützung zu finden, die ich brauchte.
»Könntet Ihr mir nicht in irgendeiner Weise helfen?«, wagte ich mich vor. »Ich bin mir sicher, wenn Henri und ich etwas Zeit miteinander verbringen könnten, würde er seine Verfehlungen begreifen.«
Sie betrachtete mich nachdenklich. »Ja, mag sein.« Sie nickte. »Und als Frauen müssen wir zusammenhalten, nicht wahr?« Sie lächelte. »Zunächst mal fangen wir mit neuen Kleidern an. Eure italienische Tracht ist ja hübsch exotisch, aber jetzt müsst Ihr vollkommen französisch aussehen. Außerdem solltet Ihr mit uns zur Jagd ausreiten, als Ehrenmitglied unserer Petite Bande. Ihr reitet doch?«
»Aber ja«, sagte ich schnell. »Ich reite sehr gern.« Tatsächlich war ich noch nie zur Jagd ausgeritten, aber ich hatte einen prachtvollen, goldgeprägten Ledersattel aus Florenz mitgebracht und dachte, er würde sich gut machen.
»Umso besser. La chasse mit uns zu reiten wird Euch gewiss Aufmerksamkeit einbringen.«
»Ist das günstig?« Ich war mir nicht sicher, ob es die Art von Aufmerksamkeit war, nach der ich streben sollte.
Sie warf lachend den Kopf zurück. »Nichts könnte besser sein! Ihr habt Madame d’Etampes an Eurer Seite, meine Liebe, und wenn es eine Kunst gibt, die ich beherrsche, dann die, einen Mann zu gewinnen.«
So wurde ich also in den engsten Kreis des Königs aufgenommen. Es dauerte mehrere Wochen, bis meine neuen Kleider fertig waren, und in der Zwischenzeit übte ich jeden Tag reiten auf einer lammfrommen Stute, mit meinem Florentiner Sattel, der einen höheren Knauf und kürzere Steigbügel hatte als in Frankreich üblich. Wie Madame d’Etampes mich belehrte, verschaffte mir dies den zusätzlichen Vorteil, meine Röcke höher raffen zu können, um meine Knöchel zu zeigen. »Ihr habt wunderschöne Beine, meine Liebe«, meinte sie. »Und die Herren wissen stets einen Anflug von Schenkel zu schätzen.« Sie lachte hell auf; ich glaube, es machte ihr Spaß, mich aufzupolieren; sie sah mich als eine Unternehmung, die sie dem König zuliebe betrieb.
Schließlich wurde ich dann mit der Petite Bande auf die Jagd geschickt.
Ich mochte es gar nicht. Die Hunde bellten unentwegt, die Männer tranken zu viel zu früh, und die Frauen versuchten, sich gegenseitig auszustechen. Auch lernte ich bald, mich von dem eigentlichen »zur Strecke bringen« fernzuhalten, das nichts weiter war als ein organisiertes Massaker: Die Rossknechte legten Netze aus, während die Treiber mit Stöcken gegen Büsche und Bäume schlugen, um Wachteln, Fasane, Hasen und anderes Getier aufzuscheuchen, das in die Netze rannte und hilflos den Pfeilen und Wurfspeeren der munteren Amazonen ausgeliefert war. Die Todesschreie und all das
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