Die florentinische Prinzessin
Kratzfüßen, die nichts Besseres zu tun hatten, als hinter vorgehaltener Hand zu wispern, die Medici bemühe sich ja mehr denn je, so zu wirken, als sei sie nicht eben erst vom Boot gestiegen. Mochte ich auch Ehrenmitglied der Petite Bande sein, war ich in ihren Augen doch nur die Ausländerin, die das Glück gehabt hatte, einen Prinzen einzufangen – obgleich es fraglich war, wie lange ich ihn würde halten können, da er offenbar die Gesellschaft seiner Mätresse vorzog.
Zu jener Zeit grub mein Hass auf Diane de Poitiers sich mir ins Herz ein. Ich hatte sie noch nie gesehen, doch am liebsten hätte ich ihr Ruggieris Gift in den Becher geträufelt. Sie hatte mir mein neues Leben vergällt, hatte es mit Angst und Schrecken durchsetzt, und es gab nichts, was ich gegen sie ausrichten konnte. Eines Nachmittags saß ich in meine unbequeme Robe eingepfercht, mit einem Buch aus Florenz in der Hand, und ertrug die ätzenden Blicke der Hofschranzen, während ich vorgab, in meine Lektüre vertieft zu sein – da spürte ich, dass ich es nicht mehr aushalten konnte, und sprang abrupt auf.
Marguerite wandte sich zu mir um. »Cathérine, was habt Ihr?« Dann blickte sie zu einer näher kommenden Gruppe von Höflingen hin, mit denen sie gerne plänkelte, um ihre geistige Überlegenheit zu beweisen.
»Ich bin so ruhelos. Ich glaube, ich gehe mir ein wenig die Beine vertreten.«
Sie machte Miene, mich zu begleiten; ich hielt sie zurück. »Ihr dürft Eure Freunde nicht enttäuschen. Sie werden aufheulen, wenn Ihr nicht hierbleibt und sie mit Eurem Wissen demütigt.«
Sie lächelte. »Seid Ihr sicher?«
»Natürlich«, sagte ich nur und eilte die Galerie entlang in Richtung Flügeltür, so schnell ich es in meinem steifen Brokat vermochte.
Kaum aus ihrer Sichtweite, riss ich mir die halbmondförmige, perlenbesetzte Haube vom Kopf, nahm die gestärkte Halskrause ab und warf das Zeug achtlos beiseite, obwohl es ein schönes Sümmchen gekostet hatte. Ich nestelte die Silberkordel an meinem Kragen auf und schüttelte mein Haar aus dem Netz, ließ es frei über die Schultern fallen. Mit dem Buch in der Tasche begab ich mich auf die Terrasse.
Frieden. Ruhe und Frieden war alles, was ich wollte; sollte doch der Teufel meine unsichere Zukunft holen.
Ich ließ den künstlichen See links liegen und lief in den rustikalen Teil des Parks, wo der manikürte Palastgarten in ein Wäldchen aus Weiden, Ahorn und Farn überging. Hier gab es gewundene, sonnengesprenkelte Wege. Ich hörte Vogelgesang, Blätterrascheln, sah einen Fuchs wie einen feuerfarbenen Streif vorbeihuschen. Ich hatte fast vergessen, wie schön Frankreich außerhalb der glitzernden Künstlichkeit des Hofes war.
Einmal war ich schon mit Marguerite hier in der Wildnis gewesen und suchte nun die Lichtung, die wir damals gefunden hatten. Ich hatte vor, mich dort ein wenig ins Gras zu legen und zu lesen. Aber ich musste wohl an irgendeiner Stelle falsch abgebogen sein, denn plötzlich fand ich mich mitten in einer silbrigen Birkenschonung wieder. Fontainebleau war nicht von Mauern umgeben; ich konnte mich leicht im Wald verlaufen, und so blieb ich stehen, um mich zu orientieren.
In dem Moment erspähte ich eine Männergestalt zwischen den Bäumen.
Er trug ein cremefarbenes Wams und lederne Hosen in Reitstiefeln, die ihm bis zu den Schenkeln reichten. Sein dickes, hellbraunes Haar wurde von der Brise zerzaust, während er mit gesenktem Kopf, die Hände auf dem Rücken, vor sich hin schlenderte. Er schien so gedankenverloren, dass ich es vorzog, mich zurückzuziehen, um ihn nicht zu stören. Ein Zweig knackte unter meinen Füßen, unnatürlich laut in der Stille.
Der Mann blieb stehen. Er drehte sich um. Wir starrten uns lange reglos an, bevor er sich verneigte. Mir schwoll das Herz. Es war des Marschalls Neffe, Gaspard de Coligny.
Wir gingen aufeinander zu. Obwohl ich ihn seit meinen Hochzeitsfeierlichkeiten nicht mehr gesehen hatte, erinnerte ich mich gut an ihn, und mir fiel ein, dass unsere zufällige Begegnung falsch gedeutet werden könnte, so locker, wie die Sitten am Hof waren. Ich zuckte die Schultern. Wer würde uns hier schon sehen? Und selbst wenn, vielleicht würde der Tratsch dann Henri zu Ohren kommen und seinen Stolz anstacheln; mochte er mich auch noch so vernachlässigen, er würde doch nicht wollen, dass man bei Hofe sagte, seine Frau gehe mit anderen Männern spazieren.
»Verzeiht, wenn ich Eure Hoheit erschreckt habe.« Seine Stimme war tief und
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