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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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später an«, unterbrach ich sie. »Setz dich. Henri soll nicht denken, dass wir ihn erwartet haben. «
    »Aber Eure Hoheit müssen …«
    »Später.« Ich deutete auf ihren Schemel. Mit einem verzweifelten Blick zu den anderen hin nahm sie Platz.
    In mir bebte die Angst. Acht lange Monate war es her, seit wir uns zuletzt gesehen hatten. Würde ich ihm gefallen? Würde der Liebestrank wirken? Würde ich wieder empfangen?
    Mit johlendem Gelächter kam eine Gruppe von Männern herein. Ich erspähte Henris Busenfreund und Waffenbruder Francis de Guise unter ihnen. Er war immer noch zu lang und schlaksig, doch nun waren seine schroffen Züge – die wohlgestalt genug gewesen wären, hätte er sich nur weniger starr gehalten – durch eine Narbe verunstaltet, die sich über seine Wange zog und seinen linken Mundwinkel zu einem schiefen Dauergrinsen verzerrte.
    »Edle Herren«, sagte ich, »wie schön, Euch endlich wiederzusehen. Willkommen zu Hause.«
    Während die Männer sich verneigten, trat Henri aus ihrer Mitte vor. Fast erkannte ich ihn nicht wieder. Er trug ein schlichtes braunes Wams, seine eingefallenen Wangen waren von dichtem Bartwuchs bedeckt, seine Augen lagen tief in den Höhlen. In seinem dunklen Blick entdeckte ich eine neue Reife, nachdem er monatelang seine Kameraden für Frankreich hatte fallen sehen. Mein Gemahl war in den Krieg gezogen und für immer gezeichnet daraus zurückgekehrt.
    »Darf ich Euch einen Schluck Wein kredenzen?«, fragte ich, als er mich flüchtig auf die Wange küsste.
    »Ich trinke keinen Wein mehr«, antwortete er.
    Ich erschrak. Wenn er keinen Wein mehr trank, wie konnte ich ihm dann den Liebestrank verabreichen? In Wasser würde er den bitteren Geschmack bemerken. Ich überlegte fieberhaft, wie ich ihm doch noch einen Becher aufnötigen könnte, und sah ihn einen Blick mit Guise wechseln. Mir sank der Mut, als Henri mir seine undurchdringliche Miene zuwandte.
    Ich griff nach seiner Hand. »Ich bin so froh, dass Ihr zurück seid«, sagte ich. »Ich habe Euch vermisst. Wenn Ihr mögt, könnten wir heute gemeinsam zu Abend essen. Ich habe Euch so viel zu erzählen.«
    »Ich fürchte, das ist unmöglich.« Er zog seine Hand zurück. Als er sich wieder zu seinen Männern gesellte, dachte ich, dass er wenigstens nicht nein gesagt hatte; das Elixier würde nicht verderben. Ich konnte warten.
    Erst als sie gingen, erinnerte ich mich an Anna-Maria. »Was war das für eine Nachricht, die du mir so dringend mitteilen wolltest?«, fragte ich niedergeschlagen.
    »Es ist nur ein Gerücht«, mischte Lucrezia sich ein.
    Schweigend blickte ich von der einen zur anderen. Dann schickte ich alle meine Hofdamen hinaus, bis auf Lucrezia.
    »Es geht um Henri, nicht wahr? Raus damit. Was hat er jetzt wieder angestellt?« Ich machte mich auf irgendeine weitere Eskapade mit Diane gefasst. Stattdessen erklärte Lucrezia: »Anscheinend hat Seine Hoheit im Krieg … nun ja, er hat sich eine kleine Indiskretion erlaubt. Die langen Stunden an der Front … wie jeder Mann hat er Trost gesucht. Sie sagen, es sei ein junges Bauernmädchen gewesen, das er nur ein paar Mal besucht hat. Dabei wäre es auch geblieben, doch nun bekommt sie ein Kind, und sie behauptet, es sei von ihm.«
    Meine Hand krampfte sich in den Falten meines Kleides zusammen. Ich spürte ein dumpfes Knirschen, etwas Feuchtes an meinem Schenkel. Das Fläschchen mit dem Liebestrank in meiner Tasche: zersplittert. » Erkennt er es an?«, stammelte ich.
    »Ja.« Lucrezia hielt inne. »Ich fürchte, es kommt noch schlimmer.« Sie begegnete meinem Blick. »La Sénéchale hat angeordnet, dass, wenn das Kind ein Junge wird, er zu ihr gebracht werden soll, damit sie ihn aufziehen kann.«
    Ich dachte, ich würde nicht an mich halten können, so übel wurde mir. Ich winkte Lucrezia hinaus und beugte mich würgend vornüber, doch nichts geschah; es war, als wären mein Entsetzen, meine Bitterkeit eins mit mir geworden.
    Ich wusste, dass ich nun alles opfern musste, wenn ich überleben wollte.
    Im August 1538 brachte die Bauerndirne ein Mädchen zur Welt. Sie bekam Unterhaltsgeld und durfte das Kind behalten, da Diane kein Interesse daran hatte, ein Mädchen aufzuziehen. Doch obwohl es der Mätresse meines Mannes nicht geglückt war, sich eines seiner Kinder zu krallen, war ich nicht erleichtert. Allein die Tatsache, dass Henri einen Bastard gezeugt hatte, ließ die Gerüchte über meine Unfruchtbarkeit wieder aufleben, da es jetzt keinen Zweifel mehr

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