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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Bestürzung zu verbergen, Bestürzung nicht so sehr ihrer Worte wegen, die etwa so wie erwartet klangen, sondern wegen ihrer Überzeugung. Was, um Himmels willen, hatte Königin Marguerite ihrer Tochter da beigebracht? Und was sollte ich dagegen ins Feld führen?
    »Christi Mutter war eine Frau aus Fleisch und Blut, wie jede andere«, fuhr Jeanne fort. »Der Marienkult entstammt alten heidnischen Gebräuchen.«
    Marguerite sprang auf. »Wie kannst du es wagen, so etwas Unflätiges auszusprechen!«
    Jeanne zog eine Schnute. Ich lachte, um die Wogen zu glätten. »Sie sagt auf, was sie gelernt hat, so wie wir vielleicht Brantôme rezitieren. Sie versteht es ja gar nicht richtig.«
    »Tue ich wohl.« Jeanne sah mich aus schmalen Augen an. »Und ich weiß auch, weshalb ich hier bin. Man will mich mit einem papistischen Spanier verheiraten, aber lieber würde ich sterben. Ich bin ein Kind Gottes, und ihr seid Dummköpfe, die vor einem Kreuz knien.«
    Meine Hofdamen ächzten vor Schreck; ich packte sie bei der schmalen Schulter. »Genug jetzt. Lassen wir das Gerede von der Religion, ja?« Ich schob sie zu einem Sessel neben dem meinen. Meine Damen zuckten vor ihr zurück, als könnten sie sich bei ihr anstecken. Mit einem vernichtenden Blick in ihre Richtung rauschte Marguerite hinaus.
    Solche Starrheit hatte ich von meiner Schwägerin nicht erwartet. Aber Marguerite war eben nicht gewillt, sich jemals mit Calvinisten abzugeben. Ich war weniger schockiert, denn ich sah, wie das Kind sich in dem Effekt gefiel, den es auf andere ausübte; doch während ich mich abmühte, Jeanne zum Konformismus zu bewegen, gewann ich wertvolle Einsicht in die neue Religion, die die meisten Katholiken hassten und fürchteten.
    Zu meiner Überraschung fand ich den Hugenottenglauben, aller doktrinären Abweichungen zum Trotz, gar nicht so verschieden von meinem eigenen. Doch Jeanne hing ihrem Glauben inständig an und ließ sich nicht bekehren. Was nicht weiter ins Gewicht fiel, denn sobald er von seinem Gesandten ins Bild gesetzt wurde, lehnte Karl V. es rundweg ab, Jeanne als Braut für seinen Sohn überhaupt in Betracht zu ziehen.
    Erzürnt schickte François Jeanne nach Navarra zurück und versank in Missmut und Unduldsamkeit gegen alle und jeden. Wieder musste ich fürchten, die Falle zuschnappen zu sehen, in der ich saß. Wie lange würde es noch dauern, bis ein ränkeschmiedender Höfling dem König einflüsterte, der Weg nach Mailand wäre für Henri wohl eher durch eine neue Frau zu ebnen?
    Die Zeit des Aufschubs war zu Ende. Ich musste einen Pakt mit meinem höchsteigenen Dämon schließen.

    So wurde ein nächtliches Treffen in meinen Gemächern vereinbart. Ich hatte befürchtet, Diane würde es ablehnen oder einen großen Auftritt daraus machen, doch sie kam ganz ohne Trara. Eben noch ging ich auf und ab und probte Sätze, die wie Ruß schmeckten, da öffnete sich schon die Tür, und sie stand auf der Schwelle, in ein weites Cape gehüllt. Sie hob eine weiße Hand und schlug die Kapuze zurück, unter der dieses Sphinxgesicht zum Vorschein kam. Sie trug ein dunkelblaues Kleid und eine Reihe seltener schwarzer Perlen um den Alabasterhals.
    Ihre Stimme klang kultiviert, ihre Sprache hatte höfischen Schliff. »Ich war überrascht von Eurer Einladung.«
    Mein Lächeln fühlte sich an wie die Schneide eines Dolchs. »Ach so? Doch kann man wohl kaum sagen, dass Ihr all die Jahre nichts von mir wusstet, Madame.«
    Sie neigte den Kopf. »Sehr wahr. Eure Offenheit ist erfrischend. «
    »Gut. Dann lasst mich gleich noch offener sein: Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir uns besser kennenlernen, da Ihr meinem Gatten so nahesteht.«
    Ihre Augen flackerten. Eine Sekunde lang erspähte ich etwas Dunkles, Seelenloses. Angesichts dieser makellosen Haut, dieser kalten blauen Augen fragte ich mich, wie eine so reptilhafte Person es anstellte, meinen Mann in ihrem Bann zu halten. »Ich fürchte, Ihr irrt Euch«, entgegnete sie vorsichtig. »Auch wenn ich das Privileg genieße, Seine Hoheit als Freund betrachten zu dürfen, versichere ich Euch, dass ich nicht jegliche Intimität mit ihm teile.«
    Ein Schauer der Genugtuung durchrieselte mich. Was auch immer sie im stillen Kämmerlein tat, sie wollte es offenbar vermeiden, die Unschicklichkeit an die Öffentlichkeit zu tragen. Ich hatte sie überschätzt. Sie war nicht so selbstsicher, wie sie erschien. Wie ich, hielt sie sich einfach nur irgendwie über Wasser. Sie wusste, sobald Henri König

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