Die florentinische Prinzessin
daran gab, wer für unser Versagen verantwortlich war.
Jeder Tag, der verging, brachte mich dem Unvermeidlichen näher. Henri mied meine Gemächer, was mich in dem Verdacht bestätigte, dass Diane gegen mich intrigierte, um uns auch noch das letzte bisschen Freude an unserer Ehe zu vergällen. Mein einziger Trost und Schutz war der König, dessen bekundete Zuneigung mir erhalten blieb.
Im Jahre meines dreiundzwanzigsten Geburtstags und achten Jubiläums meiner Ankunft in Frankreich zog François in das Château von Amboise. Auf einer Anhöhe über der Loire gelegen, prunkte Amboise mit einem weitläufigen Park und fein ziselierten schmiedeeisernen Gittern; jahrelang hatte François dieses besondere Lieblingsschloss verschönern lassen, und hier verkündete er einen neuen Plan, den er ausgeheckt hatte, um Karl V. Mailand zu entreißen.
»Der Konnetabel schlägt vor, ich solle meine zwölfjährige Nichte Jeanne d’Albret, Tochter des Königs von Navarra und meiner Schwester Marguerite, Philipp von Spanien anbieten, dem Thronerben König Karls«, erzählte er mir, während wir durch den Park spazierten. Vom anderen Ende kamen das gedämpfte Gebrüll und der Raubtiergeruch der drei Löwen, die er dort im Käfig hielt, ein Geschenk des türkischen Sultans, mit dem er nichts Rechtes anzufangen wusste.
»Im Gegenzug«, fuhr er fort, »kann Karl mir Mailand überlassen, so wie Jeanne das Königreich Navarra Philipp überlässt, sobald sie ihr Erbe antritt. Karl wird sich die Chance nicht entgehen lassen; er glaubt, die Habsburger hätten das eigentliche Herrschaftsrecht über das Gebiet, und die gegenwärtige Herrscherfamilie, die d’Albrets, seien Thronräuber. Meine Schwester Marguerite ist die Witwe des Königs von Navarra; sie wird ihre Tochter nur ungern an Spanien abgeben, aber ich habe auch gar nicht vor, Karl im Besitz von Navarra zu belassen, ich möchte ihn nur in diesem Glauben lassen, damit ich Mailand kriegen kann.« Er stubste mich an. »Was sagst du dazu, ma petite ? Können wir der Habsburger Schlange eins auswischen?«
»Ich denke schon«, gab ich zurück. »Es ist ein sehr guter Plan, und ich bin sicher, Eure Schwester wird Verständnis dafür haben.«
Er seufzte. »Ihr kennt Marguerite nicht. Früher waren wir uns nah, aber seit sie nach Navarra gezogen ist, hat sie sich verändert. Ihr verstorbener Mann, der König von Navarra, sympathisierte mit den Hugenotten, und sie hat sich mit deren sogenanntem Gedankengut angefreundet.« Er verzog den Mund; es war das erste Mal, dass er mir gegenüber diese protestantischen Unruhestifter erwähnte. »Sie hat diesen Antichrist Calvin eine Weile unterstützt; man munkelt, dass sie sogar ihre Tochter als Hugenottin aufgezogen hat, Gott steh uns bei.« Er schwieg einen Moment. »Du kannst uns da zu Hilfe kommen, ma petite. Ich habe Jeanne zu uns eingeladen; vielleicht könntest du sie wieder in den katholischen Glauben zurückführen. Ein Mädchen von zwölf Jahren wird den Unterschied doch kaum kennen.«
»Es würde mir eine Ehre sein«, sagte ich und dachte im Stillen, es würde mir auch Gelegenheit geben, mich endlich einmal auf politischem Gebiet nützlich zu machen.
Jeanne traf einen Monat später ein. Klein von Gestalt und dürr, mit der langen Nase der Valois’ und schmalen mandelgrünen Augen, ließ sie nur durch ihr üppiges rotes Haar und den Anflug von Sommersprossen die väterliche Linie erkennen. Das spitze Kinn hoch erhoben, stand sie auf meiner Schwelle, von Kopf bis Fuß in ungünstiges Schwarz gehüllt.
Ich trat auf sie zu. »Mein liebes Kind, komm doch herein. Wir sind so froh, dich zu sehen.«
Jeanne starrte auf meinen Betschemel. »Ich kann nicht«, näselte sie mit klagender Stimme. Sie starrte die Statue auf meinem kleinen Hausaltar an. »Das ist Götzendienst.«
Ich schmunzelte. »Ich gehöre dem römisch-katholischen Glauben an; so verrichten wir unsere Andacht.«
»Nun, ich gehöre dem reformierten Glauben an, und wir dürfen keine gravierten Bilder betrachten.«
»Sie ist kein graviertes Bild«, sagte ich, während ich meine Schwägerin Marguerite erstarren sah. »Sie ist die Madonna von Assisi, die verehrt wird für ihre Güte Krüppeln und anderen Versehrten gegenüber.«
»Sie ist eine Statue. Calvin sagt, der Heiligenkult und die Anbetung von Statuen müssen abgeschafft werden, denn das ist nicht, was unser Heiland gelehrt hat.«
Herrgott, das Kind war eine bekennende Häretikerin. Ich schmunzelte wieder, um meine
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